Afrika Saga 02 - Feuerwind
Eröffnung vom Lobster Pott… Zeit genug, um auf Inqaba nach dem Rechten zu sehen. Die Flüsse sind fast ausgetrocknet, noch wird es leicht sein, sie zu überqueren. Wenn ich mich spute, könnte ich den Ritt in vier Tagen schaffen. Stefan ist unterwegs, wird zwar in der nächsten Zeit nach Inqaba zurückkehren, aber bis dahin sind nur Sihayo und Maboya mit ein paar Leuten da, und das bereitet mir Unbehagen. So zuverlässig die beiden auch sind, zu lange kann man sie nicht allein lassen. Ich sollte mich für kurze Zeit dort sehen lassen.« Er warf ihr einen forschenden Blick zu. Es war eine Frage gewesen.
Und ich sitze wieder mit der Arbeit am Lobster Pott allein da, fuhr es ihr durch den Kopf. Sein Versprechen, ihr bei den Vorbereitungen zu helfen, schien vergessen. Aber sie sagte es nicht, obwohl die Enttäuschung ihr fast die Luft abdrückte. Schließlich hatte sie verlangt, den Bau persönlich zu überwachen. Verdrossen dachte sie an Benita Willington, die von ihrem Bruder umhegt und auf Händen getragen wurde, deren reizende Hilflosigkeit sicher bei jedem Mann sofort den Impuls auslösen würde, sich die Jacke vom Leib zu reißen und unter ihren Füßen auszubreiten, damit diese nicht den Straßendreck berühren mussten. Sie hatte die Erfahrung gemacht, dass Männer ihr gegenüber offenbar diese Regung nicht verspürten.
Der Stich von Neid, der sie traf, ärgerte sie, musste sich doch eingestehen, dass sie selbst schuld daran war.
Trotzig hatte sie immer darauf bestanden, alles allein anzupacken, auch körperlich schwere Arbeiten. Nun, dachte sie mit einem Anflug von Selbstironie, es war offensichtlich ein bisschen spät im Leben, noch das schutzlose Weibchen zu spielen. In ihrer Schläfe begann es zu pochen. Sie hoffte, dass sich das nicht zu einem Kopfschmerzsturm auswachsen würde.
»Ich kann nicht mitkommen, das weißt du«, sagte sie. »Ich will nicht schon wieder Malaria bekommen.« Sie wies auf einen alten Kaffirbaum am Wegesrand, dessen scharlachrote Blütenkrönchen wie Warnfeuer in den kahlen Zweigen glühten. »Der Kaffirbaum trägt seine Kronen, und die Aloen haben ihre Fackeln aufgesetzt. Sie warnen uns, dass die Fieberzeit angebrochen ist.«
Beim letzten Anfall hatte sie das Wechselfieber wochenlang gebeutelt, mit grauenvollen Kopfschmerzen, Übelkeit und Schüttelfrost, dass ihr die Sinne schwanden. Wann immer sie jetzt gelegentlich fröstelte, weil es zog oder sie übermüdet war, packte sie die Angst, dass die Malaria sie wieder in den Klauen hatte. Die Wahrheit war, dass sie sich fürchtete, so unwürdig zu sterben. Das Fieber war gesichtslos, keiner wusste wirklich, wodurch es ausgelöst wurde. Man wusste nur, dass der Sommer in Zululand für Weiße tödlich sein konnte. An Malaria Erkrankte starben oft innerhalb von vierundzwanzig Stunden, und sie war fast überzeugt, dass es etwas mit den Sümpfen zu tun hatte, mit stehenden Gewässern. Schon ihr Vater hatte sie davor gewarnt.
Nach der letzten Attacke hatte sie sich hingesetzt und genau aufgeschrieben, was dem Fieber vorausgegangen war, richtete ihr Augenmerk auf alles, was mit Sümpfen, feuchter Hitze und stehenden Gewässern zusammenhing. Immer wieder schrieb sie das Wort ›Mücken‹, konnte sich aber den Zusammenhang nicht erklären. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als eben diese Umstände zu meiden.
Also hatte sie sich geschworen, in Zukunft nur im Winter nach Zululand zu reisen, wenn das Fieber sich eigenartigerweise zurückzog, obwohl die Sümpfe weiter bestanden. Auch Johann war haarscharf am Fiebertod vorbeigeschrammt, aber seitdem er einen besonders massiven Anfall überstanden hatte, schien er auf unerklärliche Weise gegen das Fieber gefeit zu sein. Wenn überhaupt, bekam er milde Symptome, die ihn kaum mehr beeinträchtigten als eine gewöhnliche Erkältung. Einigen Buschläufern ging es ebenso.
Sie lächelte grimmig. »Vielleicht sollte ich wie der Schlangenfänger einst Stockholm-Teer schlucken. Dan huldigt der Theorie, was dich nicht umbringt, hilft.«
Betreten nickte er, dachte mit Grausen daran, wie das Fieber in ihrem Körper gewütet hatte. Entsetzlich hatte sie ausgesehen.
Ausgemergelt, quittegelb, ihre Haare stumpf und die Augen glanzlos.
Entweder hatte sie derartig geschwitzt, dass er nicht schnell genug das Bettzeug wechseln konnte, oder ihre Zähne klapperten im Schüttelfrost wie Kastagnetten. Nachdem er sich eines Morgens über sie gebeugt hatte und ihm der Geruch nach verdorbenem Fleisch in die
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