Afrika Saga 02 - Feuerwind
dicht an dicht in den Boden gerammten Baumstämmen errichtet. Sie öffnete den starken Riegel, stieß die Tür auf und pfiff. Aus der äußersten Ecke kam ein putziges Fellknäuel angerast, warf sich vor ihr auf den Boden und ließ sich den weißen Bauch kraulen. »Bhubezi, du Racker, ich hoffe, du hast nichts gefressen, was du nicht durftest.«
Bhubezi war ein Löwenjunges, das sie vor ein paar Wochen einem Händler auf dem Markt abgekauft hatte. Es war völlig lethargisch, bis auf die Knochen abgemagert gewesen, voller Flöhe und Zecken und hätte sicherlich nur noch wenige Tage überlebt. Wütend hatte sie den Mann zur Rede gestellt, der gleich ein Geschäft witterte und ihr dann am Ende Geld für die Verpflegung der kleinen Katze abnahm, die diese so offensichtlich nie bekommen hatte. Mit zusammengebissenen Zähnen hatte Catherine gezahlt. Sie hatte keine Handhabe, anders hätte sie das Löwenjunge nicht befreien können. Mit Geduld und Leckereien päppelte sie das Tierchen wieder auf, und jetzt war sein Fell glänzend und seidenweich, der Gaumen rosa, die Augen leuchteten klar. Der kleine Löwe hatte ein Temperament wie ein Teufel und war stets zu Unfug aufgelegt.
Bhubezi schnaufte vor Vergnügen, kaute dabei hingerissen auf dem Saum ihrer Lederhose herum. Lachend zauste sie ihm die Ohren, befreite ihre Hose aus seinen nadelspitzen Zähnen, schob die Tür wieder zu und ging zum Haus.
Vom Dorf her klangen Gesang und das rhythmische Tok-tok herüber, das die mannshohen Stößel verursachten, mit denen die Frauen in großen Holzmörsern Mais stampften, aus dem sie später einen steifen Brei bereiteten für ihre Männer, die bei Sonnenuntergang von den Zuckerrohrfeldern heimkehrten. Die Männer würden sich vor den Hütten niederlassen und die Frauen ihnen Bier und das Essen auf den Knien servieren, wie es ihnen die Sitte gebot. Später dann saßen die Männer ums Feuer, unterhielten sich über den vergangenen Tag, die Frauen spielten mit den Kindern, sangen oder tauschten Klatsch aus, während der Mond hinter den Bäumen in den Himmel stieg und die Baumfrösche ihr Lied anstimmten. Ab und zu, wenn Johann unterwegs und sie zu lange allein gewesen war, setzte sie sich zu den Frauen, hörte ihnen zu, ließ sich vom Klang ihrer Stimmen streicheln und kehrte im Mondschein erfrischt und mit warmem Herzen in ihr eigenes Haus zurück.
»Mangaliso, ich bin zurück!«, rief sie, als sie das Haus erreichte.
Sekunden später erschien ein honigbrauner Gnom, dessen Gesicht von Furchen und Falten durchschnitten war wie der sonnengetrocknete, afrikanische Boden. »Sawubona, Mangaliso«, grüßte sie. »Usapila na? Geht es dir gut?«
Mangaliso hob nur die Hand, legte sein Gesicht in noch mehr Falten, sagte aber nichts. Catherine verstand ihn auch so. Manchmal bezweifelte sie, dass sie mehr als zwanzig Worte in den Jahren gehört hatte, die Mangaliso ihr Schatten war. Er brauchte keine Worte. Seine großen, schwarzen Augen sprachen für ihn und seine Hände, die flattern konnten wie Vögel, sich unversehens in Fische verwandelten oder schlängelten wie eine Mamba. Jedes Tier konnte er imitieren. Er beherrschte seinen Körper und seine Stimme so vollendet, dass der Zuschauer glaubte, dort balzt ein Vogel Strauß oder schleicht ein Löwe, und vergaß, dass es nur der kleine Mangaliso war.
Er war weder ein Vollblutzulu noch Xhosa, war eines kühlen Wintermorgens aus dem Busch auf den Hof von Inqaba geschlendert und geblieben, hatte eine Zulu geheiratet und war so einer der ihren geworden. Seine hohe, zwitschernde Stimme, seine aus geprägte Begabung, Tiere so verblüffend echt nachahmen zu können, der Schnitt der schräg stehenden Augen mit den aufgebogenen Wimpern, die honigbraune Haut, die viel heller war als die der Zulus, das alles ließ Catherine vermuten, dass das Blut der San, der Buschmänner, sich in seinen Adern mit dem der Nguni gemischt hatte. Als Sammler und Jäger benutzten die Buschmänner diese Meisterschaft der Nachahmung, um das Wild zu täuschen, so nah heranzukommen, dass sie ihre Beute aus nächster Nähe mit Giftpfeilen erlegen konnten. Es ersparte ihnen, die Tiere in mörderischen, tagelangen Hetzjagden zu stellen.
Aber als die ersten Trekburen über ihr Land zogen, fanden die Buschmänner schnell heraus, dass es wesentlich leichter war, die Herden der Weißen zu überfallen, anstatt sich wie eine Schlange im Staub zu winden, um nahe genug an einen Büffel heranzukommen.
Die Buren ihrerseits
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