Afrika Saga 02 - Feuerwind
betrachteten sie als eine Plage und schössen sie ab, wo sie ihrer ansichtig wurden. Je weiter die Siedler ins Land drängten, desto tiefer wichen die Buschmänner in die Drakensberge aus, und inzwischen, soweit Catherine bekannt war, gab es keine reinblütigen Buschmänner mehr in Natal. Aber ihr reiches Erbe lebte in Menschen wie Mangaliso weiter.
Sie zog einen Lederbeutel mit Tabak aus ihrer Hosentasche und reichte sie ihm. »Dieser Tabak kam mit einem Schiff über das große Wasser, er muss etwas Besonderes sein«, sagte sie und sah zufrieden, dass seine Augen aufleuchteten. Sie kannte seine Schwäche für ausgefallene Dinge. »Die Pferde brauchen Wasser und Futter und müssen abgerieben werden. Beweg sie, bis sie sich abgekühlt haben, und gib auch Bobo und Bhubezi ihr Fressen und genügend Wasser.«
Mangaliso schnippte die Finger, Bobo gehorchte schwanzwedelnd, und er stakste davon, der kleine, dürre Mann und neben ihm die riesige, schwarze Dogge.
»Und sag deinen drei Jungs Bescheid, dass ich sie sehen will«, rief Catherine hinter ihm her.
Sixpence, Tickey und Haypenny waren Mangalisos Söhne, lebten meist auf Inqaba, wo sie auch die kleine Schule besuchten, die Catherine vor Jahren dort errichtet hatte. Aber jetzt, wo jede Hand beim Ernten gebraucht wurde, blieb diese geschlossen, denn auch Thomas, der die Kinder unterrichtete, musste in dieser Zeit auf den Feldern seines Vaters bei New Germany arbeiten.
Wie alle Zulus hatten sie schon im frühen Alter ein immenses Wissen um das, was in der Natur vor sich ging, und Mangaliso hatte sie von Anfang an auf seine Streifzüge durch den Busch mitgenommen und ihnen alles beigebracht, was er wusste.
Jedes Tier war ihnen vertraut, sie kannten ihre Namen und wo man sie finden konnte, verstanden ihr Verhalten und ihre Rufe, und lange bevor ein Weißer es auch nur erahnte, hatten sie eine heranpirschende Raubkatze schon gerochen. Sie vermochten zu unterscheiden, ob ein Insekt giftig war oder ob man es verspeisen konnte, wussten, welche Schlange ihnen gefährlich werden konnte und welche nicht. Sie erlernten den medizinischen Nutzen vieler Pflanzen, nannten ihr die Namen aller Bäume und konnten ihr sagen, welche Hölzer am besten für gewisse Zwecke taugten. Sie lauschten dem Wind, konnten in den Wolken und Nebeln lesen, erkannten die Zeichen eines Sturms am Himmelsrand, lange bevor er sich zusammenbraute. Catherine beobachtete sie aufs Genaueste und lernte viel.
Wenn Sixpence und seine Brüder wieder einmal in aller kindlichen Unschuld in eindrucksvoller Art demonstrierten, wie viel mehr sie wussten als sie, die Weiße, zweifelte sie, dass es richtig war, ihnen das europäische Gedankengut und das, was Zivilisation genannt wurde, beizubringen und vielleicht Gefahr zu laufen, dieses einmalige Wissen für immer zu zerstören und ihren todsicheren Instinkt abzustumpfen.
König Cetshwayo hatte ihr übermitteln lassen, dass die Kinder nur unter der Bedingung ihre Schule besuchen dürften, dass man ihnen nicht den christlichen Glauben predigte.
»Wir Zulus stehen mit dem Reich unserer Ahnen in Verbindung. Ein weißer Gott hat da keinen Platz«, hatte ihr sein Abgesandter als Botschaft übermittelt.
Sie konnte seine Haltung nur zu gut verstehen. Es war bekannt, dass es den König besonders ärgerte, dass Zulus, die dem Namen nach zum Christentum übergetreten waren, sich auch als Europäer kleideten und fürderhin durchs Land zogen, meist von Missionsstation zu Missionsstation, und genau das taten, wozu sie gerade Lust hatten, und das hieß, bei ihren Nachbarn zu schnorren und sich nicht im Geringsten um die Gesetze ihres eigenen Königs zu scheren. Meist waren diese neuen Christen Männer, die dadurch einer Strafe zu entgehen suchten oder vom Militärdienst in Cetshwayos Armee befreit sein wollten. Ihren König machte das sehr wütend, und wenn Cetshwayo wütend war, erzitterten die festgestampften Böden von Ondini.
Catherine versprach, was er forderte, und hielt sich daran. Es erschien ihr wichtiger, dass die Kinder lesen und schreiben lernten, als auf den Knien zu liegen und zu beten. Thomas wies sie an, behutsam vorzugehen, wies ihn auf die besonderen Talente seiner kleinen Schüler hin. Soweit sie erkennen konnte, hielt sich der junge Mann daran.
Sie schaute sich um. Von den drei Jungs war im Augenblick keine Spur zu sehen. »Hast du Mangalisos Drei gesehen?«, rief sie Johann zu, der ihr entgegenkam. »Weiß der Himmel, wo sich die Bengel wieder
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