After Moonrise (German Edition)
Dornröschenschlaf. Was glaubte sie, wer sie war? Sein Zuhause war seine Zuflucht, und Fremde waren darin niemals gestattet. Auch nicht, wenn sie derart heiß waren.
Um ehrlich zu sein, war dieses Mädchen die erste Person außer ihm selbst, die das Apartment betreten hatte. Sein Partner sprach nicht mehr mit ihm, und seine Familie … Er hatte ehrlich gesagt keine Ahnung, was aus der geworden war. Mit achtzehn war er von zu Hause ausgezogen und hatte nie wieder zurückgeblickt. Seine Eltern waren gestorben, als er sechs Jahre alt gewesen war, und keiner seiner Verwandten hatte ihn gewollt, also war er bis zu seinem dreizehnten Lebensjahr von einer Pflegefamilie zur nächsten gereicht worden, bis schließlich eine depressive Hausfrau und ihr emotional misshandelnder Mann ihn adoptiert hatten. Die gute alte Zeit.
Also, sollte man ihn doch paranoid nennen, dominant und selbstsüchtig und unhöflich, aber was ihm gehörte, gehörte ihm, und er teilte nicht.
Aber du willst gerade lernen zu teilen, erinnerst du dich?
Jetzt nicht mehr!
Er würde sie hinauswerfen, sobald er sie für diese Unverschämtheit angeschnauzt hatte – und aus Höflichkeit würde er ihr nicht das hübsche Gesicht wegballern –, und dann konnten sie darüber sprechen, ob sie gemeinsam zu Abend essen wollten. Vielleicht einen Film sehen.
Er wollte sie, die Blonde, sonst keine, das stand jetzt fest.
Doch nach nur einem Blick auf sie blieb er wie angewurzelt stehen. Die Bewegungen, mit denen sie zusammensuchte, was sie brauchte – Becher, Zucker, Löffel –, wirkten steif und abgehackt. Während der vielen Verhöre, die er mit den Jahren abgehalten hatte, hatte er gelernt zu erkennen, wann jemand etwas sagen wollte, aber noch nicht den Mut dazu aufbrachte. Seine neue Nachbarin wollte dringend ein Geheimnis loswerden; sie brauchte nur einen Stoß in die richtige Richtung.
Übernimm die Kontrolle. „Hey, Lady. Eins müssen Sie begreifen.“
„‚Lady‘ ist genauso schlimm wie ‚Ma’am‘. Ich bin Harper“, rief sie über die Schulter.
Harper. Der Name passte irgendwie nicht.
Er ging zu ihr in die Küche. Auf dem Weg warf er noch einen Blick ins Wohnzimmer, um zu checken, dass es vorzeigbar war. Bis auf das Hemd und die Hose, die er über die Sofalehne geworfen hatte, war es zum Glück einigermaßen aufgeräumt. Was die Möbel betraf: Das dunkle Leder seiner Couch und seines Liegesessels war zwar abgesessen, aber hochwertig, sein Couchtisch war ebenso blank poliert wie seine Waffe, und derTeppich höchstens ein wenig abgetreten davon, dass er manchmal nervös auf und ab ging. Die Dielenbretter quietschten mit jedem seiner Schritte, aber das Quietschen, Stöhnen und Ächzen gehörte dazu, wenn Holz und Scharniere sich setzten, und vermischte sich mit dem ständigen Hintergrundgeräusch des Plapperns, das durch die viel zu dünnen Wände drang.
„Hören Sie …“, sagte er.
„Okay, ich habe lange genug darauf gewartet, dass du ihn mir von dir aus verrätst“, unterbrach die Frau – Harper – ihn. „Wie heißt du?“
„Levi. Also, warum bist du hier?“ Er griff mit beiden Händen nach der Arbeitsplatte, damit er nicht dem Drang nachgab, sie zu schütteln. Schütteln war schlecht. Sehr, sehr schlecht. Jedenfalls sagte sein Captain das immer.
Die Hände um seinen Becher geklammert, aus dem sie seinen Kaffee nippte, drehte sie sich zu ihm um. Statt ihr Herz auszuschütten, verzog sie allerdings erst mal das Gesicht und keuchte: „Was ist das für ein Gebräu? Kann ich ehrlich sein? Es schmeckt wie Motoröl.“
Er mochte seinen Kaffee eben stark. Na und? „Vielleicht ist es ja Motoröl.“
„In dem Fall ist es allerdings ziemlich gut. “ Sie nahm noch einen Schluck und seufzte genießerisch. „Ja, Premium-Motoröl. Güteklasse A. “ Sie blickte an ihm vorbei. „Weißt du, deine Wohnung ist viel größer als meine und heller auch. Mit wem musstest du schlafen, um sie zu bekommen?“
Sie ist genauso merkwürdig wie der ganze Rest. „Wer sagt, dass ich aufs Ganze gehen musste?“ Und ich anscheinend auch .
Ein Lachen perlte aus ihrer Kehle, und sie verschluckte sich am Kaffee. „Junge. Weißt du, was du gerade angedeutet hast?“
„Äh, natürlich. Deswegen habe ich es ja gesagt. “ Also gut. Er hatte ihr lange genug erlaubt, das Gespräch zu dominieren. Er musste weiterkommen, ehe sie noch einmal so lachte. Herrlich .
Er trat um die Anrichte herum, näher auf sie zu, noch näher. Der Duft nach Zimt hing in
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