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Agent 6

Titel: Agent 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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Äußerungen und mutig für ein Mädchen ohne Familie, so weit weg von seinem Zuhause, das vor seinen Augen zerstört wurde. Leo antwortete:
    – Als ich in dieses Land gekommen bin, war ich nur ein Gast. Damals gab es hier noch keine sowjetische Armee, keine Garnisonen. Und ich habe angefangen, deine Sprache zu lernen. Aber du hast recht. Seit mein Land einmarschiert ist, bin ich kein Gast mehr.
    – Ist Len-In dein Gott?
    Mit ihrer Aussprache des Namens brachte sie Leo zum Lächeln. Er schüttelte sanft den Kopf.
    – Nein, Lenin ist nicht mein Gott. Woher kennst du den Namen?
    Zabi aß einen Löffel Joghurt, dann antwortete sie:
    – Von einem Freund. Er wollte ein Gedicht verfassen. Jetzt ist er tot. Er ist bei dem Angriff gestorben. Meine Familie ist auch tot.
    Leo nickte.
    – Ich weiß.
    Mehr sagte Zabi nicht über ihre Familie oder über den Angriff, bei dem alle ihre Verwandten gestorben waren. Sie aß weiter Joghurt, ohne sich äußerlich Trauer anmerken zu lassen. Für ein so junges Kind besaß sie ein außergewöhnliches Maß an Einsicht; vielleicht war es eine Art Flucht vor den schrecklichen Dingen, die sie mit angesehen hatte. Sie würde Hilfe brauchen, sie stand unter Schock. Im Moment verhielt sie sich, als wäre alles, was geschah, ganz normal. Leo wusste nicht, was er sagen sollte. Dann bemerkte er die Brandwunden auf ihren Armen und auf dem Kopf – sie waren mit frischer Salbe bedeckt. Er fragte:
    – Darf ich?
    Er nahm ihren Arm und roch an der Salbe.
    – Was ist das?
    Zabi antwortete:
    – Es macht, dass die Verbrennungen nicht mehr jucken. Dann kratze ich sie nicht auf, und sie können verheilen, das hat Nara gesagt.
    – Wo hast du die Salbe gefunden? Hast du sie von den Soldaten?
    Nara antwortete:
    – Wir haben sie gemacht, während du geschlafen hast. Aus Mandelöl, gekochten Wacholderbeeren und ein paar Blumen, die wir draußen gefunden haben. Die Soldaten haben uns das Öl gegeben. Die anderen Zutaten haben wir gesucht. Zabi wollte unbedingt die Blumen dazunehmen.
    Zabi fügte hinzu:
    – Wir wussten nicht, was das für Blumen sind. So welche habe ich noch nie gesehen. Ich war noch nie so weit oben. Ich bin zum ersten Mal auf einem Berg.
    Nara streichelte Zabi über das Haar.
    – Ich habe versucht, ihr zu erklären, dass etwas Hübsches nicht unbedingt harmlos sein muss.
    Zabi erklärte:
    – Bevor ich die Blumen in die Salbe tun durfte, hat sie eine gegessen, um zu sehen, ob sie giftig sind oder nicht. Sie hat die Blume auf ihre Zunge gelegt und sie geschluckt. Sie hatte blaue Blütenblätter.
    Zabi hielt inne und betrachtete ihre Finger.
    – Wusstest du, dass die Farbe Rot bitter schmeckt?
    Ohne Vorwarnung, scheinbar ohne Grund, fing sie an zu weinen und konnte nicht mehr aufhören. Nara nahm sie in den Arm, dabei achtete sie darauf, nicht die Brandwunden zu berühren. Egal was Leo plante, er würde es mit den beiden zusammen tun. Sie würden ihn begleiten. Er konnte sie nicht zurücklassen.

Am selben Tag
    Nach dem Frühstück wartete Leo auf eine Gelegenheit, mit Nara allein zu sprechen. Als Zabi neue Salbe auf die Arme auftrug, nutzte er die Chance.
    – Komm mal mit.
    Sie verließen die Höhle und folgten dem Weg den Berg hinunter bis zu dem steilen Abhang. Obwohl Leo drängte, wirkte Nara abgelenkt. Er berührte sie am Arm, damit sie ihm zuhörte; er wusste nicht, wie viel Zeit ihnen blieb.
    – Nara?
    Sie blickte vom Abgrund auf und sagte:
    – Du findest es scheinheilig, dass ich mich um Zabi kümmere. Erst habe ich sie verraten, und jetzt versorge ich ihre Wunden. Aber was soll ich sonst machen? Sag mir das.
    Leo schüttelte den Kopf.
    – Nara, du hast einen schrecklichen Fehler gemacht. Ich war auch schon in deiner Lage. Ich habe ähnliche Fehler begangen, weil ich dachte, es wäre für einen höheren Zweck. Aber die Menschen, denen ich unrecht getan habe, haben nicht überlebt. Du hast eine Chance bekommen. Vielleicht ist sie wirklich ein Wunder – sie lebt noch.
    – Ich werde nie vergessen, was ich getan habe, auch wenn sie es nicht weiß.
    – Das stimmt. Du musst lernen, damit zu leben. Das ist nicht leicht, aber es ist möglich. Und Zabi braucht jemanden, der sich um sie kümmert. Sie ist allein.
    Ihnen waren keine Wachen gefolgt, und Leo bemerkte erfreut, dass offenbar keine strengen Sicherheitsmaßen herrschten. Während Nara über ihre Entscheidung nachgrübelte, lenkte er das Gespräch auf eine mögliche Flucht.
    – Was haben die Soldaten

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