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Agenten - Roman

Agenten - Roman

Titel: Agenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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drumrum.«
    »Was war das für eine Arbeit?«
    »Schneiderei, Stoffe, Kostüme. Hier trafen sich die verschiedensten Typen, Ansager, Moderatoren, diese Sport-Studio -Verschnitte, alle mit einer glühenden Sehnsucht nach Torwandschießen. Samstagnachts war das hier die Hölle, nur geballte Athletik mit gebremstem Chromosomenausstoß. Die halbe Bundesliga hat hier ihre Krisen besoffen, jedes eingefangene Tor eine Runde, die Schiedsrichter doppelt. Manche Jungs waren geschockt von ihrem Auftritt und stammelten immer noch das ist richtig , später gerieten sie in die halbtolle Phase und hielten das hier für den Betzenberg. Aber Dieter und Harry hatten alles im Griff, da reichte die Ehrfurcht, nur der Bernd kam den Jungs zu dämlich. Sportler sind bündige Männer mit Seelen voller Fitneßprobleme, sagte meine alte Freundin Bapsie zu mir. Sie kam jeden Samstag hierher und stellte sich in die Reihe, um den Jungs die Hände zu schütteln. Sie war ganz scharf auf Leichtathleten, auf Hochspringer mit ausgefeilter Technik, leicht melancholische, unsichere Typen, für die die Latte immer zu hoch lag. Das war klassisch, wie sich die Psychen da unterschieden. Wir haben uns einen Spaß draus gemacht, ihre Disziplinen zu erraten, und Bapsie landete die meisten Treffer. Schwimmer waren am unscheinbarsten, die hatten ihre Berufung verfehlt und wurden von niemandem ernst genommen. Boxer waren oft interessant, zielstrebige Burschen, sehr ökonomisch. Ringer fielen dagegen völlig ab, die hatten immer etwas von kleinen Verhältnissen
und redeten von ihren Vereinen wie von Ersatzfamilien. Und Fußballer! Ich glaube, die zweifelten alle, ob sie richtig hier waren, die hatten einen Ausnahmestatus. Kein richtiger Sport, eher ein Glücksspiel für Hobelbeine.«
    »Die hatten es schwer mit euch, was?«
    »Nein, nicht alle, höchstens die Verteidiger. Die sind breiter gebaut und stehen herum wie Zapfsäulen. Keinen Schritt von der Stelle, und du bekommst das Gefühl, um die mußt du rum. Aber die kleinen, wendigen Typen sind schlau, die dribbeln auch hier noch im Stand, etwas geckig, immer für sich … Schmeckt dir der Drink?«
    »Gut, ja, er spult sich gut rein.«
    »Beim zweiten davon schmeckst du nur noch Orange.«
    »Dann gehn wir?«
    »Ich mag noch nicht heim. Ist zu schön draußen. Laufen wir noch etwas weiter?«
    »Ich bin dabei.«
     
    Wir bogen in die Taunusstraße ein, nach wenigen Schritten quollen uns die warmen Nebel des Kochbrunnens entgegen und sonderten auf der Haut einen prickelnden Film ab. Auf dem kleinen Platz saßen die Nachtschwärmer in der Nähe der ausgebleichten Granitschale, in Gruppen verteilt, wie fahrendes Volk, das bald wieder aufbrechen würde. Wir gingen an den Antiquitätengeschäften vorbei, es war Blümchens Revier, die Zone der alten Läden mit einem leicht französischen Flair, verspieltes Rokoko in den Fenstern und hier und da ein betonter ausgeleuchtetes Bild, deutsche Schulen des letzten Jahrhunderts, Gartenidyllen oder Kampfszenen germanischer Sippen. Hier waren die teuren Wagen plaziert, an den Straßenrändern entlang, seltene, mit ihrer Unauffälligkeit
protzende Modelle, dunkle Farben, die Karosserien ganz auf Blüte gebracht. Ihre Besitzer ließen sie oft stundenlang nicht aus den Augen und standen an den Theken der aufgeputzten Bistros wie treue Liebhaber, die sich sonst um nichts scherten. Keiner von ihnen nahm eine der ausgetretenen Treppen zum Bergkirchenviertel hinauf, denn dort oben begann ein anderes Gelände, Kneipen des alternativen Milieus mit den Nachrichtenbörsen für die eingeweihten Cliquen, gut abgeschirmte Terrains, wo es oft um Reminiszenzen ging oder um ewiggestrigen Streit. Hier unten jedoch war eine noble Gangart gefragt, Spielereien mit Mitbringseln und Lückenbüßern, man verlangte nicht viel voneinander, gutes Aussehen genügte. Ein paar Restaurants, die es beim Anspruch beließen, einige Kneipen, hastig zusammengewürfelt, auf raschen Umsatz erpicht. Neon und hinhaltender Rock, umgängliche Bedienung und müde Budenfiguren für alle Fälle. Schon war man über die Grenze hinaus, die Stadt war auf solche Brüche geeicht, und sie hatten nichts Schreckendes, sondern wurden aufgefangen von weichen Übergangszonen, Laternenalleen, Häusern mit großzügigen Treppenaufgängen, schließlich von der erkalteten Sphäre des Tals.
    Wir erreichten den Wald, und Doris fragte mich, ob ich Lust hätte, noch auf die Höhe zu steigen. Ich machte gern mit, solche Gänge verlangten nach

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