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Agenten - Roman

Agenten - Roman

Titel: Agenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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kanzeln wir das …«
    Er streckte mir seine Rechte entgegen, sie fühlte sich erstaunlich trocken an. Er ließ sein Thema sofort wieder fallen und tat, als hätten wir uns nur durch Zufall getroffen. Er bezahlte und bestellte mich für den nächsten Tag in die Redaktion.
    Ich saß eine Viertelstunde für mich. Dann stand ich auf und bog nach links ab zum Savoy; zum ersten Mal hatte auch ich einen Grund, Champagner zu trinken.
     
    Ich schickte meinen Arbeitsvertrag vor der Unterzeichnung an Vater und bat ihn um eine juristische Überprüfung. Ich drängte ihn, dazu nicht mehr als ein Wochenende zu benötigen und die Wechselfälle des Lebens dabei nicht in Rechnung zu stellen, sondern wie bisher mir zu überlassen. Ich legte einen kurzen Brief an Sarah bei, in dem ich sie ersuchte, einem Laien die aktuellen philosophischen Fragen, plus Literaturangaben, zu skizzieren, ausdrücklich ausgenommen zweifelnde Beiträge von gegenüber ihrem eigenen Fach skeptisch gewordenen
Naturwissenschaftlern, die um den Begriff der Verantwortung kreisten. Ich ging mit Doris in mehreren nächtelangen Sitzungen die bisher vorliegenden graphischen Entwürfe für die scene- Seite durch und beauftragte sie mit einem Konzept, das ohne Anleihen aus der Werbung auskommen sollte. Ich offerierte Männie eine Stelle als ständiger freier Mitarbeiter, unter der Voraussetzung, daß er seine Berichte einem Diktiergerät anvertraute und ich sie nach Gutdünken umschreiben durfte. Gemeinsam legten wir eine Liste der wichtigsten Kneipen an, einschließlich der uns bekannten, dort verkehrenden Figuren. Wir vereinbarten einen ständigen Austausch von Milieu-Nachrichten über bestimmte Kontaktpersonen, eine interne Börse, wie hoch welches Lokal in der Gunst welcher Leute stehe. Für diese Börse erhielt Männie einen besonderen Kneipenfonds , mit dessen Hilfe er Gäste zum Plaudern anregen und sie, wenn alles nichts half, einladen durfte. Ich stellte klar, daß er bei diesen Anlässen entsprechend gekleidet sein müsse und scene -Lokale, die sich Papageien unter UV-Strahlern leisteten, nicht ohne Sakko betreten dürfe. Um sicher zu gehen, daß er seinem hoch gezüchteten Geschmack Grenzen setzte, ging ich mit ihm ins Tango. Wir erstanden für ihn einen Anzug aus Shantungseide , ein paar Knitterseidenhemden sowie einen dunkelgrünen Kittelmantel, der ihm etwas Extraterrestrisches verlieh. Seine verständliche Aufregung wegen der ungewohnten, neuen Montur beruhigte ich dadurch, daß auch ich meinen eigenen Schrank neu bestückte; ich dachte an etwas Britisches, Schlichtes und wählte ein Katharine Hamnett, London -Sakko und zwei Paar Kenzo -Schuhe ohne Nähte. Ich beschloß, in Zukunft mehr Schwarz zu tragen und das Versteckspiel mit Doris bald zu beenden; zwei junge, schöne Menschen in Schwarz wären
ohne Zweifel ein erfreulicher Anblick. Ich übertrug Blümchen das Revier Taunusstraße, Diskotheken, Luxusrestaurants, Läden, mit den neusten Meldungen über spektakuläre Einkäufe und die snobistischen Vorlieben der Jungunternehmerschicht. Für den Sommer verabredeten wir ein Treffen mit ausgewählten Vertretern dieser Spezies auf dem Segelboot seines Vaters; ich versprach, für die Getränke aufzukommen und die Nacht zu einem unvergeßlichen Erlebnis zu gestalten. Ich schickte an Lautner ein Glückwunschtelegramm, großzügig bedruckt: Selig sind, die da Leid tragen, denn sie werden getröstet werden ! Ich bat ihn auch fortan um Unterstützung und versicherte ihm, daß ich mein Bestes geben werde. Meine Stelle kündigte ich auch offiziell, nicht ohne vorher die Adressenkartei von Wiesbaden live noch einmal gründlich durchforstet zu haben. Aus den Angaben erstellte ich mir eine Privatkartei mit über zweitausend Namen, die mein alter Schulfreund Paul, der inzwischen Erfahrungen im Computerbereich gesammelt hatte, für mich handlich auf Diskette speicherte. Ich traf mich mit ihm in Frankfurt und ließ mich beim Einkauf eines PC beraten, den ich in meiner Wohnung aufbaute. Ein Zimmer erklärte ich zum Arbeitszimmer; die aus dem Elternhaus mitgebrachten wackligen Möbel mit ihren nostalgischen, aber schäbigen Flecken und Wunden verkaufte ich, die Wände wurden weiß gestrichen, ich ließ Parkett legen und einen feinen, im Wind schaukelnden Sonnenschutz anbringen. Blümchen beschaffte mir gebrauchte, aber neuwertig erscheinende Büromöbel in italienischem Design, Doris hatte die Regalanordnung entworfen. Die Küche ließ ich völlig renovieren; sie

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