Agenten - Roman
Kapiert man sofort, liegt ja ganz auf der Hand, aber ich Trottel brauche ein Stück Leben dafür! Mit fünfunddreißig sind Sie nicht mehr ganz frei, nicht im Hirn, nicht was die Drüsen betrifft. Sie sitzen bereits mitten im Zug, und draußen flattert die Landschaft vorbei. Ist ja köstlich, was da alles passiert! Die Perspektive ist übel, denn die haben wir alle im Kopf, ich nehm mich nicht aus. Keiner reizt mehr voll durch, sie mauscheln über gezinkten Karten und donnern sie hin, mit dem Brustton der Überzeugung. Aber danach? Sie lachen sich eins,
Schneider angesagt, gespielt aus der Hand! Und davon hab ich genug. Die Jugendseite ist mir zu schade dafür … Also, wir müssen das klären, einer leitet in Zukunft den Laden, der hat seinen Stil, der ordert die Beiträge, der koordiniert, der bedient sich aus allen Abteilungen, der hat die Regie…«
»Ich darf Sie mal unterbrechen …«
»Dürfen Sie alles, aber noch bin ich dran. Denn jetzt kommt der Coup! Und damit baumeln Sie schon an der Angel. In diesem Hefter hier ist alles sortiert, was ich über Sie weiß. Daten, Artikel aus einer Schülerzeitschrift, ein Dribbling um unsere neue Theaterschönheit …«
»Woher haben Sie das?«
»Von langer Hand vermittelt, das kümmert Sie nicht. Das Wichtigste ist: Sie kommen von draußen, aus der tiefsten Prärie! Niemand hat Ihnen etwas gelötet, Sie sind ein frischer Landexport, erste Ware! Eingestiegen sind Sie noch nirgends, das war mit Herrn Lautner vereinbart. Sie haben Korrekturen gelesen, nicht mehr, Herr Lautner hat sich daran gehalten, obwohl, bei ihm ist man nie sicher. Weiter! Sie sind jung, einer von denen, für die Sie schreiben, da macht Ihnen keiner was vor! Alles zusammen: Sie wären der richtige Mann vorn an der Reling …«
»Da sind Sie sich sicher?«
»Sicher?! Was soll denn das Wort? Hier wird was gewagt, hier setz ich auf Zahl!«
»Meine Ausbildung …«
»Jetzt enttäuschen Sie mich nicht. Ich weiß exakt, wieviel Sie für Lautner getan haben. Sekretariat, Redaktionelles, Gestaltung, Satz, sogar im Layout. Lautner hat mir bestätigt, Sie beherrschen das Handwerk. Und was Sie brauchen, das lernen Sie rasch. Die ersten Monate sind ihnen die Jungs vom
Lokalen behilflich. Schritt für Schritt übernehmen Sie alles, das wäre gelacht. In einem Jahr tanzt alles nach Ihrem Kommando.«
»Und die Kollegen vom Feuilleton?«
»Sind schon zurückgepfiffen! Die haben andres zu tun.«
»Ich bräuchte sie nicht einzubeziehen?«
»Sie dürfen nicht mal dran denken! Hören Sie zu: es ist Ihre Kiste! Und da packen Sie rein, wer Ihnen gefällt!«
»Ich kann die Mitarbeiter selbst aussuchen?«
»Mein Angebot! Aber Sie nehmen nur Leute von außen, Sie verstehen mich schon. Sie formieren ein eigenes Team, unter Ihrer Leitung, Sie lassen sich Zeit, dann wird etwas daraus.«
»Und wer steht mir vor?«
»Die Kontrolle bin ich. Und damit Sie klar sehen: mit mir wird es nicht einfach. Ich sag Ihnen knallhart, wenn mir etwas nicht paßt. Doch alles läuft nur zwischen uns, da mischt sich niemand sonst rein. Nach außen herrscht Schweigen, darauf verpflichte ich Sie! Nicht einmal zu einem Mitarbeiter ein Wort! Doch wir beide, wir sagen uns jede Woche die Meinung. Wegen mir hier, im Dortmunder , bei Korn, Bier und Mäusespeck!«
»Wieviel Zeit habe ich?«
»Sie können nächste Woche einsteigen. Als Erstes bringen wir Ihr Linda-Francis-Porträt, das sitzt, das hat Schwung, und ein Photo der Dame bringt die Augen zum Leuchten. Sie ist jetzt Ihre Entdeckung, oder auch anders herum, ganz wie Sie wollen. Sie arbeiten sich ein, sie bekommen das ganze bisherige Material, fliegen Sie mal drüber! Picken Sie sich das Beste heraus, aber denken Sie an das, was ich sagte: keine Mimikry! Und von Ihnen selbst ist jede Woche etwas dabei! Dann rosten Sie nicht!«
»Gut, ja, eine Glosse wäre möglich.«
»Glosse?! Sie steigen gleich ein, was? Ich wußte doch, ich liege richtig. Übrigens sind Sie jederzeit kündbar, das kriegen Sie schriftlich. Vorerst dreitausend im Monat, das ist fürstlich für einen, der ohne Fallschirm ins Zielgebiet schwirrt! Nach einem Jahr sehen wir weiter. Mitarbeiter nur auf freier Basis, darüber reden wir noch. Und jetzt schlagen Sie ein, Sie sind mein Mann!«
»Ihr Vertrauen ist groß…«
»Ich weiß genau, was ich will, die Hintergründe gehn Sie nichts an. Sie sind frisch, jung, und ich denke, Sie sind gierig genug. Was will man mehr? Die Seite läuft nur mit power , sonst
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