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Agenten - Roman

Agenten - Roman

Titel: Agenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Beharren auf Ausschweifung, auf rasches Verstehen ohne peinigenden Vorspann. Ich bestellte zum Abschluß noch einen Aquavit ,
damit wäre dem hier vorläufig ein Ende gemacht. Draußen tummelten sich jetzt die Passanten, aber ich nahm ihre Bewegungen nur noch gebrochen wahr, abgeschnitten von mir, lästige Figuren, die nicht an mich rühren sollten. Rasch, nur rasch irgendwo hinein! Ich betrat ein Bistro, auch hier nur diese müden Gesichter und die verspielt wirkenden Espresso -Tassen mit den hellbraunen Schaumrändern! Weiter, jetzt vielleicht einen Prosecco ? Ich nahm mir eine Zeitung vor und begann zu lesen. Nichts, diese Texte erreichten mich nicht mehr, allesamt erschienen sie komisch , als böten sie nur den Stoff für einen theatralischen Akt. Und diese Verrenkungen, und all die Leiber in meiner Nähe! Warum diese Distanz? Warum dieser Schnickschnack falscher Redensarten und diese viel zu deutliche Gläubigkeit gegenüber allem Realen? Noch einen Prosecco , man grüßte, eine Stimme ganz dicht an meinem Ohr, doch ich war nur ein Phantom, huschhusch, gleich wieder hinaus! Immer weiter, wo war nur ein Halt? Ich betrachtete die Auslagen in einem Fischgeschäft, rosarot, hellgrün, türkis hatte es sich da zusammengerottet. In einem Aquarium schwebten maulwerfende Karpfen mit zuckenden Kiemen und verwundeten Schuppen; unter ihnen ein Wels, dessen feine Barthaare am Glas entlang streiften. Austern ! Jetzt nichts als Austern! Ich ging hinein und ließ mir ein halbes Dutzend öffnen, einen trockenen Weißwein dazu. Den Tag über hatte ich nichts gegessen, so war es richtig, geringe Mengen mit narkotisierender Wirkung! Zitronen ! Zwei halbe Zitronen, schon dieses Duften machte euphorisch. Ich biß in eine der Hälften, vorsichtig, nur einen Schluck, das Gallert schnell hinterher! Diese feinen Abstimmungen erweckten immer ein Glück. Ich hatte nichts vor, dieser Tag sollte ziehen …
    Ich trank aus und brachte den Teller mit den Schalen zurück.
Jetzt nicht nachlässig werden! Ich überlegte kurz, wie es weitergehen könnte. Keine Bescheidenheit! Keine halbherzigen Manöver! Ich schlug ein Telephonbuch auf und suchte nach Lindas Nummer. Sie meldete sich, und ich fragte sie, ob wir unsere Verabredung vorziehen könnten. Heute Abend, in einer Stunde! Sie stimmte zu, und ich machte mich auf den Weg zu dem italienischen Lokal, in dem wir uns treffen wollten. Es war besser, jetzt nirgends mehr einzukehren. Studiere die Örtlichkeit, trink weiter, aber gezügelt! Iß etwas Brot und denke dir nichts! Du bist Meynard, der Profi !
     
    Als Linda das Lokal betrat, durchzuckte mich für einen Moment der Gedanke, ich sei zu voreilig gewesen. Sie trug eine kragenlose Jacke, darunter eine Weste mit großen Knöpfen, und sie machte durch ihre betont modische Kleidung einen so eleganten Eindruck, daß ich mir als der falsche Partner vorkam. Sofort war man auch aufmerksam auf sie geworden, zwei Kellner bemühten sich mit übertriebener Höflichkeit um sie, und obwohl sie direkt auf meinen Tisch zusteuerte, folgten sie ihr wie zwei schnüffelnde Köter, die die Spur aufnahmen. Ich stand etwas steif auf und ging um den kleinen Tisch herum, um sie zu begrüßen. Schon diese Formen waren im Grunde ein Zuviel, doch ich hielt sie ein, um nicht unhöflich zu erscheinen.
    »Schön, daß du Zeit hast«, sagte ich und ließ sie Platz nehmen, »ich hatte einen schwierigen Tag, und da dachte ich, dem wollen wir Abhilfe schaffen.«
    »Was war denn los?« fragte sie und lächelte kurz einem der Kellner zu, der sich bemüßigt fühlte, eine neue Kerze auf unseren Tisch zu stellen.

    »Heute lief alles daneben«, sagte ich, »kein Schwung, keine Extras! Es gibt diese Tage, an denen einem die Luft fehlt.«
    »Das kenne ich auch, das ist bei mir die Regel. Morgens denke ich noch, du wirst es schaffen, doch schon während der ersten Probenminuten streikt es in mir.«
    »Und wie kommst du drüber weg?«
    »Durch Streit! Durch gemeinen Streit. Ich leg mich mit jemandem an, ich hasse ihn durch und durch, ich renne wie eine Wilde gegen die Wand, das erleichtert.«
    »Vielleicht keine üble Methode. Doch mit wem sollte ich schon Streit anfangen? Lohnt sich gar nicht für mich. Ich wäre mir nur selbst im Weg, in der Redaktion tragen sie es einem tagelang nach.«
    »Streiten entkrampft etwas in mir. Ich komme dann besser klar, ich sehe plötzlich Land und denke ganz überrascht, so ist das also, das hast du die Zeit über im Kopf gehabt.«
    Die beiden

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