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Agenten - Roman

Agenten - Roman

Titel: Agenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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nicht kränken, bestimmt nicht. Aber wir wollen doch offen miteinander sprechen, nicht wahr?«
    »Du kränkst mich nicht, ich habe selbst oft darüber nachgedacht. Es ist gut, mit dir darüber zu sprechen. Mach nur weiter!«
    Wieder unterbrach uns der Kellner. Er stellte die Karaffe mit einer langsamen, gedehnten Bewegung auf den Tisch, und ich nahm sie sofort, damit er sich nicht mit dem Einschenken aufhielt. Wir stießen mit unseren Gläsern an, und ich spürte, daß man uns weiter genau im Blick behielt. Die anderen mochten denken, hier treffen sich zwei, die es miteinander versuchen. Die Situation war ein wenig verfänglich, wie immer, wenn ein Gespräch den gemeinsamen Erfahrungen weit vorauseilt. Der Wein war gut gekühlt und tat ein Übriges, meine Laune aufzuhellen. Ich hatte keine Bedenken, so mit Linda zu verkehren, denn ich war mir sicher, daß sie mir viel erlaubte. Dennoch bestand kein Anlaß zum Übermut.

    »Lebst du allein?« fragte ich ohne Umschweife.
    »Was?«
    »Du kannst mich stoppen, wenn meine Fragen unverschämt werden.«
    »Ich… Du bist nicht unverschämt, sonst würde ich mich nicht mit dir treffen.«
    »Bist du sicher?«
    »Was ist es? Was willst du von mir?«
    Ich griff zum Glas, trank es leer und schenkte mir nach. Das Gespräch hatte eine Wendung bekommen, die mir nicht gefiel.
    »Auf solche Fragen antwortet man nicht«, sagte ich. »Sie gehen zu weit.«
    »Jetzt weichst du aus.«
    »Nein, ich könnte schon etwas dazu sagen, aber doch nicht jetzt. Es ist viel zu früh, sich über so etwas Gedanken zu machen.«
    »Ach ja?«
    »Komm, du kokettierst…«
    »Gut, also… Was wolltest du wissen? Wie ich lebe…, ob ich allein lebe… Solche Fragen gehen nicht zu weit?«
    »Nein, ich habe ganz sachlich gefragt.«
    »Aha, sachlich! So nennt man das. Aber egal… Ich weiche nicht aus. Ja, ich lebe allein.«
    »Wahrhaftig? Hätte ich nicht gedacht. Ich hätte schwören können, du lebst mit jemandem zusammen.«
    »Und warum?«
    »Ich glaubte es dir anzusehen.«
    »Wie sieht man jemandem so etwas an?«
    »Du wirkst so entschieden, für dich entschieden. Und ich dachte, eine solche Entschiedenheit entsteht durch ein gutes
Zusammenleben. So daß das Zusammenleben alles im Gleichgewicht hält…«
    »Unverschämt! Du nimmst mich auseinander, was? Du hast dir vorgenommen, mich zu durchleuchten?«
    Ich schenkte ihr nach und bestellte eine neue Karaffe. Wir waren auf der richtigen Bahn, und ich nahm mir vor, noch mehr Tempo zu machen.
    »Ist trotzdem seltsam«, fuhr ich fort, »daß jemand wie du nicht fest befreundet ist. Das schreit doch geradezu nach einer leidenschaftlichen Bindung.«
    »Das?! Bin ich ein Neutrum?«
    »Dumme Allüren…«, ließ ich nicht locker, »so allein zu leben. Am Ende bist du noch stolz drauf oder denkst, es sei ein Kunststück. Dabei ist es nur trostlos. Zu dir gehört doch jemand…«
    »Wie unverschämt! Jemand …«
    »Ein Mann, ja, ein Mann! Soll ich es so sagen? Zu dir gehört ein Mann. Alles andere ist Gesellschaftspolitik und hängt mit modischen Überlegungen zusammen. Du brauchst mir nicht damit zu kommen, ich höre nicht hin. Ich kenne die entsprechenden Frauengeschichten, und um Begründungen bist du gewiß nicht verlegen.«
    »Frauengeschichten, so! Und wie ist es mir dir? Na? Raus damit, jetzt will ich etwas hören.«
    »Ich hab eine Freundin, das weißt du genau.«
    »Der Mann ist befreundet, er lebt zwar allein, aber er führt die Passende aus. Das hat Stil !«
    »Unsinn! Ich bin mit Doris gut befreundet. Wir wollen nur nicht zusammenleben, weil…«
    »Ach, komm, hör bitte auf! Das sind doch Männergeschichten. Meinst du, sie sind nur eine Spur weniger trostlos?!
Eine abgeklärte Freundschaft, in der jeder sein Alleinsein kultiviert? Dann lieber richtig allein! Tür zu! Aus! Ich nur mit mir!«
    Die beiden Kellner begannen mit dem Servieren. Der eine schenkte uns Wein nach, der andere tranchierte die Seezunge so langsam und gründlich, daß wir nicht weiterredeten. Gemeinsam schauten wir ihm zu, und er nutzte die Chance, seine Verspieltheit zu demonstrieren. Ich blickte starr, darum bemüht, den Faden nicht zu verlieren. Das Ritual der Zubereitung störte erheblich, diese Italiener hatten nichts anderes im Kopf, als einen mit ihren kindlichen Macken zu behelligen. Gut, daß auch Linda nicht mit ihnen redete, sonst hätten sie ihre Leibesübungen noch verstärkt. Ich nutzte die Gelegenheit und hob noch einmal mein Glas, um mit ihr anzustoßen. Sie sollten

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