Agenten - Roman
bist du wie verwandelt.«
»Ich geb mir Mühe.«
»Will ich stark hoffen.«
»Und deine Affären?«
»Hab ich eingestellt, seit du drüber schreibst.«
»Eingestellt? Warum das?«
»Keinen Bock mehr, du beschreibst es besser, als es sich lebt.«
»Aber mir geht bald der Stoff aus.«
»Inzwischen bringst du es selber.«
»Auch das meldet die Szene?«
»Von zehn Geschichten kreist die Hälfte um dich.«
»Ein guter Anteil.«
»Wie schaffst du das nur? Bist du jede Nacht unterwegs?«
»Jede Nacht.«
»Ich hielt das nicht aus. Deinen Kopf möcht ich nicht haben.«
»Mein Kopf arbeitet gut. Ist ne zuverlässige Marke.«
»Sagst Bescheid, wenn du was zum Nachhelfen brauchst.«
»Kokain? Mit Alkohol weiß ich besser Bescheid.«
»Alkohol ist was für Stumpfis. Mir wird nur schlecht von dem Zeug. Übrigens gibt es auch Pillen.«
»Pillen wofür?«
»Zum Beispiel Amphetamine , die wären genau richtig für dich. Hellen das Hirn auf, ganz ohne Koller.«
»Wie kommst du nur an das Zeug?«
»Über GI s. Du kannst mir vertrauen.«
»Ich werd’s dir sagen, wenn ich was brauche. Du stellst dann die Mischung zusammen.«
»Das Neuste sind Kakteen, die Meskalin produzieren.«
»Da laß nur die Finger davon.«
»Belehrungen kannst du dir schenken.«
»Männie, macht dir die Arbeit noch Spaß?«
»Ich weiß nicht, manchmal denk ich, ich schaff’s nicht mehr lange.«
»Und … woran liegt’s?«
»Das Tempo ist zu überreizt. Ich hab nie das Gefühl, ich steh auch mal draußen.«
»Ich auch nicht. Vielleicht brauchen wir Urlaub.«
»Scheiß Urlaub. In der Zeit stellen sie hier die Schreibtische um.«
»Kann uns doch egal sein.«
»Mir ist hier nichts mehr egal. Wenn Schmahl hustet, kommt mir schon die Angst.«
»Angst?! Seit wann redest du so?«
»Seit ich sehe, wie es dich umtreibt.«
»Du hast Angst um mich?«
»Quatsch, du machst mir Angst.«
»Aber es läuft doch jetzt besser.«
»Irgendwann schmeißt es dich um.«
»Ich bin kerngesund.«
»Das sagen sie alle.«
»Wer sagt das noch?«
»Diese Typen, zu denen du auf dem Weg bist …«
»Welche Typen?«
»Hemmungslose Figuren, ausgebeutet von ihrem Beruf.«
»Männie, ist irgendwas hier nicht in Ordnung?«
»In Ordnung ?! Das Wort existiert hier doch gar nicht.«
»Du weißt, was ich meine.«
»Kannst beruhigt sein, wenn du das meinst.«
»Ich möchte einmal erleben, daß du mir zustimmst.«
»Laß nur, Harmonie ist was Fieses, besser, die alte Gespaltenheit bleibt.«
Ich hatte mir einen gebrauchten, weißen Golf Cabrio angeschafft, auf die Dauer kam ich ohne Wagen nicht aus. Wenn mir danach war, verließ ich die Stadt und kurvte stundenlang über die schmalen Höhenstraßen des Taunus. Solche Fahrten beruhigten mich, schon der Anblick von Wäldern hatte etwas Besänftigendes, hinzu kamen die Wechselbäder von Wärme und Kälte, wohltuende Brisen bei offenem Verdeck. Dieses ziellose Fahren erinnerte schwach an die Radtouren von früher, eine ähnliche Freude wie bei den Abfahrten ins Rheintal, derselbe Genuß beim Ausrollen des Fahrzeugs in den tiefer gelegenen Dörfern. Am liebsten machte ich so etwas allein, Unterhaltungen lenkten nur ab von der grünen Stille ringsum, doch meistens begleitete mich jetzt eine Freundin, eine der vielen, die sich mir angeschlossen hatten. Sie kennenzulernen war einfach, es kostete nicht viel Überlegung, die Kontakte ergaben sich zwanglos, und die meisten wünschten sich nur eine amüsante Begleitung, ganz so wie ich. Anfangs hatte ich mich selbst darüber gewundert, wie leicht es sich anließ, dann war es mir selbstverständlich geworden, damit zu leben. Wir redeten nicht über waghalsige Dinge, jedes Zusammensein war auf einige Stunden begrenzt, und es gab niemals Beschwerden über mangelnde Aufmerksamkeit. Alle Kontakte waren geprägt von dem Vorsatz, frei zu bleiben, Freiheit stand unter den Werten ganz oben, und niemand dachte an etwas Festes. Man lernte sich kennen, man teilte auch einige Sorgen, die meist berufsbedingt waren, darüber hinaus wollte man nichts Intensives, keine Beichten, keine Gespräche mit dem Rücken zur Wand. Auf diese Weise hatte man mehr voneinander als in verquasten Beziehungen , der gegenseitige Umgang blieb locker, und die unregelmäßigen Abstände zwischen den Treffen steigerten sogar die Freude, einander zu sehen. Ich
hatte mir vorgenommen, es dabei zu belassen, die Neugierde auf andere Menschen wurde reichlich bedient, ohne Spuren von Eifersucht oder
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