Agentur der boesen Maedchen
vereinbarte einen Termin mit dem großen Meister für den kommenden Montag, meinen Erledigungstag.
Nachdem ich noch eine Mütze Schlaf genommen hatte, machte ich mich fertig für den Abend. Ich zog das Kleid an, das ich mir von Onkel Franz’ Geld für meinen ersten Auftritt gekauft hatte, und ich schminkte mich. Um acht Uhr trafen wir uns vor der Diskothek. Eva war in Begleitung ihrer Tochter.
»Clara will mitgehen. Ist doch in Ordnung?«
»Klar, so viele Tussis wie möglich, hat er gesagt.«
Ich wollte Eva mit dieser Bemerkung reizen, aber sie überhörte sie offensichtlich. Eva sah phantastisch aus in ihrem Fummel, der ihrer Aussage nach vom letzten Fasching stammte, den sie vor fünfzehn Jahren mit Hannes besucht hatte. Wenn sie sich einmal aus ihrer Jeans bequemte und in Schale warf, war sie kaum zu übertreffen. Sie könnte reihenweise Männer haben, wenn sie nur wollte, da war ich sicher. Ricarda sah fast zu gediegen aus in ihrem Hosenanzug. Es wunderte mich, dass sie nicht mehr aus ihrem Typ gemacht hatte. Ich fürchtete schon, sie hätte eine Krise.
Ich wiederholte kurz die Anweisungen. Der Architekt hieß Jürgen, war knapp dreißig Jahre alt, und wir waren alle Frauen, die völlig scharf auf ihn waren. Wir durften das verbergen, uns ihm aber auch zu Füßen werfen, mussten irgendwie schrill sein und Leben in die Bude bringen.
Das Abtanzen war wunderbar. Mit Ausnahme von Clara waren wir zwar alle eindeutig zu alt für den Schuppen, aber es störte uns nicht. Wir stampften zu dröhnenden Rhythmen, warfen ein paar Cola ein, schleiften Kerle auf die Tanzfläche, lachten uns kaputt über unsere neu erfundenen Tanzfiguren, und kurz vor zwölf fiel es mir fast schwer, die Disco zu verlassen. Seit zehn Jahren war ich nicht mehr in so einem Lokal gewesen, und jetzt tanzte ich zu einer ruhigen Nummer engumschlungen mit Eva. Dabei hatte ich noch gar nichts getrunken. Das konnte ja heiter werden. Der Kuss war das Erkennungszeichen, wie bei Judas. Ich rauschte zur Tür hinein und hauchte dem Architekten meine frisch geschminkten Lippen auf die Wange. »Jürgen, wie schön dich zu sehen. Sind das deine Kollegen?«
Ich hatte beschlossen, mich auf Biegen und Brechen zu amüsieren. Heute wollte ich die Kapriziöse sein. Nicht pflegeleicht, nicht kameradschaftlich, nur anstrengend. Ich war mit Ricarda aufgetaucht. Eva und Clara sollten in einer Viertelstunde nachkommen.
»Die Dame habe ich im Aufzug getroffen. So ein Zufall, nicht?«
Jürgen schien meinen Auftritt wohlwollend hinzunehmen, doch als Ricarda ihm um den Hals fiel und einen Kuss auf die Wange drückte, war er weniger begeistert. Ricarda wollte das nicht registrieren. Sie fuhr ihm noch freundschaftlich durchs Haar. Er wandte sich den anderen Gästen zu, die uns neugierig umringten, und wollte uns offenbar vorstellen. Leider hatten wir uns bei dem Vorgespräch nicht auf die Namen geeinigt. Anfängerfehler.
»Ich bin Annette«, flötete ich in die Runde. »Eine ganz alte Freundin von Jürgen. Wir haben schon viel zusammen erlebt.«
Das war vielleicht ein bisschen banal, aber die sechs Kerle und eine Frau, die hier rumstanden, hatten nichts Besseres verdient. Wer ließ sich schon von so einem Schwachkopf einladen, wie es Jürgen offenbar war.
»Ich heiße Ricarda. Ich stehe auf junge Kerle.«
Aha. Ricarda spielte sich selbst. Jürgen aber lief feuerrot an. Es war ihm deutlich peinlich, dass jemand von den Anwesenden denken könnte, er wäre mit dem Schrapnell schon mal im Bett gewesen. Also baute er gleich vor.
»Mich hätte sie auch gerne. Aber bislang konnte ich mich beherrschen.«
Die anwesenden Herren lachten wohlgefällig. Ricarda wollte gerade eine Antwort geben, als es klingelte. Ein Gast öffnete die Tür, und um Eva und Clara das vereinbarte Zeichen zu geben, fiel ich Jürgen gleich noch einmal Tim den Hals und küsste ihn. Jürgen missverstand mich gründlich, fasste mich am Hintern und drückte mich an sich. Das war Evas Einsatz. Am rechten Ohr zog sie Jürgen von mir weg.
»Mit der einen knutschst du rum, und das junge Gemüse treffe ich jammernd vor der Tür, weil sie deinen Klingelknopf nicht findet. Sag mal, wie viele Weiber hast du im Moment eigentlich in Gebrauch?«
Das war zwar ziemlich genau das, was Jürgen hören wollte, aber er konnte es vor Schmerz kaum hören. Die anderen übrigens auch nicht, denn Jürgen winselte, Eva hatte tüchtig zugelangt. Clara erwies sich als ideale Ergänzung ihrer Mutter. Sie heulte gleich
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