Agentur der boesen Maedchen
los.
»Du hast gesagt, ich sei die einzige. Aber hier gibt es ja reihenweise Frauen, die du flachgelegt hast.«
»Aber Annette …«
»Siehst du, ich heiße Clara, das weißt du schon gar nicht mehr.«
»Annette bin ich«, verbesserte ich ihn und griff nach einem Champagnerglas.
»Ich bin Clara, und du hast mir versprochen, wenn ich sechzehn bin, redest du mit meinen Eltern und wir ziehen zusammen.«
Die Gespräche waren verstummt, alle starrten auf die Szene, die da abgezogen wurde. Und man sah den neuen Mitarbeiter in einem ganz anderen Licht. Wir hielten uns zwar so ziemlich an seine Vorgaben, aber eine leichte Verschiebung einzelner Punkte brachte schon erhebliche Sympathieeinbußen für ihn. Wir ließen von unserem Opfer ab. Ricarda machte reihum die Bekanntschaft aller anwesenden Männer, von denen einige zugegebenermaßen ziemlich jung und attraktiv waren, Eva und ich zogen uns an das Buffet zurück, um eine Grundlage für die Getränke zu schaffen, Clara hatte ihre Szene mit Jürgen noch nicht beendet. Ihr schien das Spiel gut zu gefallen, sie war äußerst talentiert. Ich erzählte Eva kurz, wie dieser Schnösel Ricarda gekränkt hatte.
Eva war ehrlich empört. Ein junger Mann näherte sich und stellte sich vor. Er war schon ziemlich knülle.
»Ich bin Walter. Ist eine von euch beiden Hübschen die Lesbe, die Jürgen rumgekriegt hat?«
»Ich«, sagte Eva ungerührt, während ich noch ernsthaft überlegte, ob ich in den Augen irgendeines Menschen als lesbisch gelten wollte.
»Und, bist du jetzt bekehrt?«
»Ja. Vorher stand ich auf Männer, aber nachdem ich mit Jürgen im Bett war, wurde ich Lesbe. Ich hab’s nicht bereut.«
Der Typ war aufrichtig erstaunt.
»Jürgen erzählt die Geschichte aber ganz anders.«
»Das täte ich an seiner Stelle auch.«
Der junge Mann wankte leicht, dann wandte er sich, da er der Situation nicht ganz gewachsen war, mir zu.
»Und du bist die, die immer wieder mal auftaucht?«
»Kann man so sagen.«
»Die treue Seele, die sich noch etwas von ihm erwartet?«
»Ja, er schuldet mir Geld.«
Wir ließen den Jungen stehen und wandten uns den anderen Gästen zu, um sie mit unseren Geschichten zu erfreuen. Zwischendurch bedrängten wir gelegentlich Jürgen, der gar nicht mehr wusste, wo ihm der Kopf stand. Clara hatte nur kurz von ihm abgelassen, um ihr Make-up zu erneuern. Dann setzte sie ihre Szene fort und veranlasste Jürgen, ihr zwei Hunderter in die Hand zu drücken, damit sie endlich verschwand. Ricarda war auch nicht mehr zu sehen. Dafür fehlte einer der Architekten. Eva machte sich noch einmal kurz an Jürgen heran und drohte, ihn mit einem einzigen Kuss zu ersticken. Ich war erschüttert. Eva küsste freiwillig einen fremden Mann. Ein älterer Herr äußerte mir gegenüber Besorgnis, ob Jürgen bei seinem anstrengenden Privatleben den beruflichen Verpflichtungen überhaupt noch nachkommen könne. Außerdem sei es bedenklich, wie verantwortungslos er mit Menschen umgehe, etwa mit dem jungen Mädchen. Ich musste ihm recht geben, zweifelte aber als langjährige und immer wieder auftauchende Begleiterin von Jürgen daran, ob er sich noch ändern würde. Zur Ergänzung erzählte ich ein paar frei erfundene Geschichten.
Die Gäste schienen sich zu amüsieren, wenn auch nicht ganz so, wie Jürgen das geplant hatte. Eva setzte Jürgen inzwischen mit ihren brutalen Zärtlichkeiten zu. Es war kurz nach vier, Zeit zum Abschiednehmen. Ich bat Jürgen in die Küche.
»Zweitausendvierhundert für vier Frauen à fünf Stunden. Vermittlungsgebühr ist ja schon bezahlt.«
»Für diesen Auftritt? Ihr habt mich doch bis auf die Knochen blamiert.«
»Wir haben uns genau an die Vereinbarung gehalten. Und wenn das Geld nicht gleich kommt, holen wir die anderen beiden Girls zurück, mischen den Laden richtig auf und sagen den Gästen, warum wir hier sind.«
Jürgen zahlte ohne weitere Widerrede. Wir verabschiedeten uns charmant von allen Gästen. Jürgen verzichtete auf den Abschiedskuss. Ich war mir sicher, dass er die Dienste unserer Agentur nie wieder in Anspruch nehmen würde. Aber wenn jeder Mann in dieser Stadt nur einmal so gut zahlte, würden wir trotzdem ordentlich verdienen. Er würde auch niemandem davon erzählen, dass wir seinen Anforderungen nicht genügt hatten.
Eva und ich zogen ab. Wir orderten ein Taxi und fuhren zurück in die Disco. Dort trafen wir Clara und ihren Freund. Ricarda aber war verschwunden.
Eva Feiertage sind was Wunderbares, vor allem
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