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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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Lassen wir ihn also machen, Nothafft; später, wenn wir wissen, was dabei herausgekommen ist, werden wir alle zusammen gescheiter sein.“
    „Ein Haufen Scheiße wird herauskommen, nichts anderes!“, raunzte der Graf, ritt sodann mit Karacho ab. Der Münchner, ihm nachblickend, spürte, wie sein Hass sich wieder legte. Das derbe Wort des Nothafft hatte tatsächlich so etwas wie eine flüchtige Gemeinsamkeit zwischen ihnen hergestellt. Und außerdem war der Kelch noch einmal an ihm, Albrecht, vorübergegangen. Ein klein wenig erleichtert griff der Dunkelhaarige nach der Feldflasche und stärkte sich ausgiebig. Dann widmete er sich erneut dem Anblick des vorbeiziehenden Heeres; es war ein ungeheuerliches Bild, wie es der Wittelsbacher in solch barbarischer Ausuferung möglicherweise nie wieder im Leben schauen würde.
    Wie zum Säuefüttern, so zahlreich, hatte die römisch-katholische Welt ihre Kriegshaufen ausgespieen. Im Verein mit den Deutschen, den Bayern, Franken und Schwaben, marschierten Welsche von jenseits der Alpen, Franzosen und Spanier; vereinzelt niederländische oder englische Abenteurer sogar. Exilierte Böhmen scharten sich um ihre Fahnen, den Trommeln nach liefen Mährische und Ungarische; anderswo wieder sprengten Reiterrudel in kroatischen Wappenröcken die Chamb 35 entlang. Wie überdimensionale Igel wirkten die Kompanien der zu Fuß vordringenden Lanzen tragenden Landsknechte, dazwischen stampften Percherons mit Schwergepanzerten in den Sätteln die Erde. Den Rittern folgten auf leichteren Gäulen jeweils drei, vier Knappen, und hinter denen wiederum kamen die Dörper; die unbeholfenen Burschen mit den kurzen Spießen, den Keulen und gelegentlich auch bloß den derben Prügeln. Als scharfer, beinahe schon widernatürlicher Kontrast dazu wirkte die Artillerie; die Feldschlangen und Bombarden, die schweren Festungsgeschütze auch, die man vor allem aus München, Nürnberg, Regensburg und Augsburg ins Grenzland gekarrt hatte. Maultiere, Ochsen, manchmal aber auch Menschen waren vorgespannt; die Zugstränge und Sielen schienen zu ächzen und zu kreischen wie gepeinigte Seelen. Treiber liefen vor den Lafetten her und machten mit ihren Peitschen kaum einen Unterschied zwischen vier- und zweibeiniger Kreatur; nur das Vorwärtskommen zählte, durch den zähen Lehm und das Steingetrümmer, über die zutiefst geschundene Erde des Chamer Beckens hin.
    Am zähesten durch den verbackenen Schlamm und das Granitgeröll quälten sich die Trosskarren, die schwankenden offenen oder überplanten Wagen, die nicht nur dem Nothafft ein Dorn im Auge waren. Berge von Fuselfässern waren festgezurrt auf den Ladeflächen; Huren im Dutzend hockten auf den schaukelnden und rumpelnden Plattformen, unter den flatternden Plachen. Zoten gellten zwischen den ringsum Marschierenden und den Dirnen hin und her; einmal sah der Herzog von Bayern-München, wie ein Armbrustschütze inmitten eines kreischenden Weiberknäuels verschwand und auf einer der Liederlichen zu bocken begann, bis der alarmierte Waibel 36 ihn unterm rebellischen Toben der Kameraden ins Glied zurückprügelte. Doch nicht nur der ordinären Lust, dem Suff und dem Sündigen im Vorbeigehen, dienten die Trossfuhrwerke, sondern auch dem Luxus der Adligen und dem verqueren Glauben der haufenweise mitrennenden und mitreitenden Kleriker. So mancher Ritter oder Graf zog nach Böhmen, als ginge es zu einem höfischen Stelldichein dort; Prunkzelte, komplette Bettstellen, Kleiderkisten, Leibstühle und Badewannen wurden von diesen Wahnwitzigen ins Feld mitgeführt. Das Gegenstück dazu bildeten die Tragaltäre, Heiligenstatuen, doppelt mannshohen Kruzifixe, Reliquienschreine sowie die kupfernen oder gar steinernen Taufkessel der Priester, mit deren Hilfe sie – so erst das blutige Werk getan war – jenseits des Grenzkammes hussitische Seelen zu fangen hofften. Aber auch mit Weinfässern und erlesener Fourage waren die pfäffischen Transportfahrzeuge bestens ausgestattet; am herrlichsten in dieser Hinsicht glänzte der persönliche Tross des Kardinallegaten Cesarini, dessen Karren sich genau im Zentrum des gargantuanischen Heerwurmes befanden. Aufzublähen schien die Marschsäule sich dort unter dem Wehen von goldenen, silbernen und brokatenen Kirchenfahnen, und um diesen Wanst der Kreuzarmee vor feindlichen oder möglicherweise auch katholischen Übergriffen zu schützen, hatte der Italiener, der Päpstliche, nicht weniger als dreihundert bis an die Zähne bewaffnete

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