Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
Vom Netzwerk:
Krachend fraß sich die geflammte Klinge des Bihänders 28 , mit dem der Söldner übte, in den mannshohen Holzpflock. Etliche umstehende Landsknechte johlten anerkennend auf, verstummten aber jäh wieder, als sie den Wittelsbacher gewahrten. Der Dreißigjährige nickte ihnen zu, griff dann hastig nach dem Sattelbug des Rappen und saß auf. Ins panikartige Antraben des Hengstes hinein fiel der nächste Schwertschlag und wurde diesmal von lautstarken Verwünschungen der Kriegsleute gegen die Hussiten begleitet. Albrecht presste die Lippen zusammen und suchte so schnell wie möglich das Festungstor zu gewinnen. Kaum aber hatte der Rappe den Steinschlund passiert und den schmalen Wiesenstreifen draußen am Donaualtwasser 29 erreicht, scheute er erneut. Die Pfeilwolke war schuld, die plötzlich unter der Mauer entlangfiederte, ehe die Geschosse sich weiter vorne in die strohgeflochtenen Scheiben bohrten. Wieder ertönte raues Geschrei aus den Söldnerkehlen, und nun wirkte das Davonpreschen des Münchners beinahe schon wie eine Flucht. Mit einem derartigen Karacho trieb er den Hengst dem Straubinger Stadtplatz zu, dass die Knappen ihm kaum zu folgen vermochten.
    Doch auch abseits des Schlosses, auf dem Weg zum Tedeum 30 in der Jakobskirche, das vor dem Aufbruch nach Böhmen für den Adel angesetzt war, fühlte der Wittelsbacher sich ununterbrochen bedrängt. Der befestigte Ort hatte sich in ein einziges Heerlager verwandelt. Nur noch im Schritt kamen die Reiter hier voran; die Knappen, die sich mit ihren Rössern jetzt vor den Herzog gesetzt hatten, mussten sich und ihm den Weg gelegentlich sogar mit rüder Gewalt bahnen.
    Albrecht sah Rudel von Landsknechten in den verschiedensten Wappenröcken und Überwürfen; Beidhänder, wie der im Schlosshof, trugen die einen, andere waren mit Armbrüsten, Langbogen, Spießen und vereinzelt mit Arkebusen 31 bewaffnet. Ihre Eisenhüte, Kettenhemden und Brustpanzer zeigten die unterschiedlichsten Ausformungen; manche Gesichter waren entsetzlich zernarbt, und selbst unwiderruflich Blessierte – wie Einäugige oder an einem Glied Verkrüppelte – hatten sich unter der Fahne eingefunden. Etliche Söldnerhaufen lagerten direkt auf dem versudelten Pflaster, andere hatten kurzerhand Handwerkerhäuser okkupiert; aus den Hinterhöfen heraus und von den Brunnen und Tränktrögen her klang immer wieder das Hufstampfen und Wiehern von Pferden auf.
    Die Gäule gehörten den bessergestellten Soldläufern oder den ländlichen Rittern; wie ein scharfer und Mitleid erweckender Kontrast zu diesen Hunden des Krieges wirkten die Haufen der Bauernburschen, schlecht bewaffnet und zumeist dumpfäugig, die man aus den Dörfern des Unterlandes hier in Straubing zusammengetrieben hatte. Albrecht hatte das fatale Gefühl, dass diese Sechzehn- und Siebzehnjährigen noch gar nicht wirklich begriffen hatten, was mit ihnen geschehen war; dass sie es möglicherweise auch dann noch nicht begreifen würden, wenn der Tod sie hinwegsichelte. Als bloßes Kanonenfutter würden sie dem Cesarini dienen; ihr Fleisch würde zerfetzt und in den Dreck getrampelt werden, nachdem es ihnen vielleicht im Vorwärtsgepeitschtwerden gelungen war, irgendwo eine klägliche Bresche im feindlichen Vorfeld aufzureißen.
    Unter solchen Gedanken, innerlich zuletzt kaum weniger verstört als die Dörper 32 , erreichte der junge Herzog von Bayern-München schließlich die Jakobskirche. Vor dem gotischen Portal glitt er aus dem Sattel; beim Aufkommen auf die Erde strauchelte er, weil sich der eine Stiefel im Saum des Mantels, den er trotz der Hitze als Teil des Staatsgewandes zu tragen gezwungen war, verfangen hatte. Mit einem wütenden Raunzen befreite Albrecht sich, stieg dann hastig zur Pforte hinauf, schritt eilig weiter durchs Kirchenschiff, wo die meisten der Grafen, Freiherren und Ritter bereits versammelt waren. Den ungeschlachten Nothafft von Wernberg 33 machte der Wittelsbacher im Gestühl aus, mehrere aus dem Geschlecht der Degenberger dazu, den hageren Haibeck sowie eine Reihe von bischöflich-regensburgischen oder herzoglichen Vasallen aus dem donaunahen Nordgau. Die meisten der Gesichter freilich waren ihm fremd, und die anderen empfand er plötzlich als widerwärtig; immer noch räderte ihm das beklagenswerte Bild der Bauernburschen draußen durch den Schädel. Im landesherrlichen Chorgebälk endlich fand der Dunkelhaarige so etwas wie schlechten Schutz; er kauerte sich hinein wie in eine Schale und hoffte, dass die Pfaffen

Weitere Kostenlose Bücher