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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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ein Quäntchen Hoffnung hegen.
    Von diesen Überlegungen ahnte der Inquisitor freilich nichts; er hatte überhaupt nur drei Silben wirklich aufgenommen: Gestehen …
    „Ihr habt es gehört!“, fuhr er nun mit wahrlich teuflischem Frohlocken in den Augen auf den Wittelsbacher los. „Die Baalsdiener haben ihr ungeheuerliches Verbrechen zugegeben! Sie sind schuldig! Der Dreifaltige selbst hat die Wahrheit ans Tageslicht gebracht! Jetzt müssen sie ihre Strafe bekommen! Den Tod haben sie verdient; siebenfach! Verbrennen muss man sie; den Scheiterhaufen beim nächsten hohen Kirchenfest aufrichten auf dem Straubinger Marktplatz!“
    Albrecht, nach Stunden des Grauens und des Saufens, stierte. Nur am Rande seines Bewusstseins nahm er noch wahr, welchen Ausgang das Tribunal genommen hatte; dass die Mosaischen offenbar ihrer Schandtaten überführt worden waren. Mühsam versuchte er den Blick jetzt zu schärfen; es schienen sich ihm jedoch nichts weiter als die grell verwaschenen Konturen eines makabren Totentanzes aus dem Halbdunkel des Kerkerraumes herauszuschälen. Verkrümmt, besudelt, abstoßend in ihrer Erniedrigung pendelten oder wanden sich die Körper der Juden unter der rauchverwaberten Decke, zwischen ihnen rudelten die Hellebardiere, Pfaffen und Schinderknechte herum; die Folterwerkzeuge schienen dem Ganzen die plötzlich zutiefst unwirkliche Krone aufzusetzen. Und dieses Unwirkliche, dieses auf einmal nicht mehr mit dem alkoholdumpfen Verstand Begreifbare sprang den Wittelsbacher nun an wie etwas anderweitig entsetzlich Greifbares. Im eigenen kreatürlichen Da-Sein fühlte er sich jäh bedroht, aber weniger von den Israelischen als vielmehr von den Klerikern ging dies aus, und dann schoss seine Faust vor, als wollte er den Inquisitor, der die Todesstrafe gefordert hatte, von sich wegstoßen. Der fahrige Schlag freilich ging ins Leere, doch gleichzeitig raunzte der Dunkelhaarige heraus: „Haltet sie vorerst … bloß weiter gefangen! Was später … mit ihnen geschehen soll, weiß ich … jetzt noch nicht!“
    Taumelnd, der empörten Vorhaltungen der Priester nicht mehr achtend, floh er; ehe er in seinen Gemächern zusammenbrach, fragte er sich mit wummerndem Schädel noch, wie er in dies alles hatte hineingeraten können.
*
    „Sie hinrichten?! Sie verbrennen?!“ Agnes Bernauer bebte vor Wut; noch nie zuvor hatte der Thronfolger von Bayern-München sie so gesehen. Doch ebenfalls nie zuvor hatte sie sich derart belastet gefühlt; nie hätte die Blonde es für möglich gehalten, dass er andere Menschen schinden und vielleicht sogar hinmorden lassen könnte, weil ihm das eigene Leben – seines und ihres – aus dem Ruder gelaufen war. „Sie sind unschuldig, das weißt du so gut wie ich!“, setzte sie hinzu, packte ihn am Wams, schüttelte ihn. „Was haben dir der Sinay und die anderen denn getan?! Gar nichts! Aber zugetragen hat man mir, dass du kürzlich auf den Juden losgegangen bist; auf dem Markt, mit der Reitpeitsche! Damit hat’s angefangen, das hat alles ausgelöst! Weil du ein schlechtes Beispiel gegeben hast, als Statthalter, ist das Wühlen und Hetzen losgegangen, und jetzt …“
    Sie sah die Qual aus seinen vom Alkohol verquollenen Augen schlagen; sah das dumpfe Flehen in seinem Blick, brach ab. Beutelte ihn jetzt auch nicht mehr, sondern umschlang ihn; sie hielt ihn, und dann flüsterte sie: „Rede doch! So rede doch endlich …“
    „Der Vater!“, stöhnte er, nachdem er trotz ihrer Hilfe noch eine ganze Weile mit sich gerungen hatte. „Der Alte! Der Münchner! Die Böckler dazu, die Rebellion! Das war es, Agnes! Die Zukunft so finster und gefährlich! Wie eine Klamm, die immer tiefer in den Abgrund führt! Ich hab’ durchpreschen wollen; mich befreien! Hab’s nicht geschafft; auf einmal dann war der Jude da! Es war, als ob der Alte mir die peitschende Hand führte; nein, als ob er mich geschlagen hätte! So war’s; ich wusste gar nicht, dass ich selbst prügelte. Immer nur auf mich wurde eingeprügelt; auf dich dazu, auf dich vor allem! Das hat in mir die Wunde aufbrechen lassen, Agnes! Und in die Wunde hat dann der Pfaffe hineingestochen, der Heinrich! Hat mir den Ausweg gezeigt – wie ich mich wehren konnte gegen das andere …“
    „Zum Unrecht hat er dich gestachelt – und dazu gegen dich selbst!“, fuhr die Bernauerin neuerlich auf. „Nichts als seine bösartigen Zwecke hat er verfolgt; mit dir als Werkzeug!“
    „Was soll bösartig daran sein, wenn man für den Glauben

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