Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
Vom Netzwerk:
Zwangsvorstellung, zwischen verstörtem christlichen Unterleib und verstörtem christlichen Gehirn auflichtelnd. All das andere, das nie Gedachte, dennoch so unsäglich Klemmende, dazu. „Ich werde tun, was meine Pflicht als Katholik ist!“, schnaubte Albrecht von Bayern-München.
    „Der ewigen Seligkeit kommt Ihr damit ein gutes Stück näher!“, versicherte ihm der Kleriker; salbungsvoll jetzt.
*
    Die Büttel hatten die Juden aus ihren Häusern geholt, hatten sich den Teufel um das Flehen der Frauen und Wimmern der Kinder geschert, hatten die israelitischen Männer halbnackt durch die Gassen zum Schloss geprügelt. Mit Unflat, mit Fauligem, mit Steinen hatten die Straubinger Bürger die Bedauernswerten beworfen und hatten sie auf diese Weise noch zusätzlich geschändet. Nun kauerten der Sinay, der Joppel, der Hirsch, der Elias und der Mair, der Josepp, der Kopfel, der Markert, der Mandel und der Michelin auch, der Grässel dazu blutrünstig geschlagen und zitternd im großen Kerker unter der herzoglichen Feste; im fauligen Grundwasser und ohne einen Bissen Brot kauerten sie dort, der Willkür ausgeliefert und grausam erniedrigt; eine Anklage erwartend, die jeder vernünftigen Grundlage entbehrte.
    Drei Tage ließ die pfäffisch-herzogliche Justiz sich Zeit, ließ sie die Untermenschen der christlichen Gesellschaft im eigenen Schmant schmoren; am vierten Tag befanden die Inquisitoren, unter ihnen der Heinrich, dass die Saujuden jetzt vermutlich ausreichend gebrochen seien, um leichtes Spiel mit ihnen zu haben.
    Gleich im Kerker, nach bewährtem Brauch, wurde der mit rotem Tuch verhangene Tisch des Tribunals aufgeschlagen. Drei Priester, drei weltliche Beamte, dazu der Statthalter selbst nahmen hinter der Schranke Platz; um die Israelischen herum hatte sich schon vorher ein Kordon von Hellebardieren aufgestellt, um die Richter vor der vermeintlichen Bösartigkeit der Teufelsbuhlen notfalls mit Waffengewalt zu schützen.
    Die Juden freilich erweckten nicht den Eindruck, als seien sie irgendwie gefährlich. Nur mühsam konnten sie sich überhaupt noch auf den Beinen halten; der Elias stand schwankend und mit krank pfeifender Lunge da; der Grässel, den nach der Festnahme ein Stein ins Gesicht getroffen hatte, litt an einer Gehirnerschütterung und hatte tagelang gallig erbrochen. Der Hirsch und der Sinay stützten ihn, so gut sie konnten. Einen unendlich bedauernswerten Anblick bot die Gruppe ganz allgemein; mitleiderregend zum Gotterbarmen – doch die Christen in ihrem abgöttischen Wahn berührte dies nicht. Sie alle, auch der Wittelsbacher, blickten herab auf die Halbnackten und Versudelten wie auf Seelenlose; schauten sie an, als schauten sie durch sie hindurch, und dann gab Albrecht dem Ranghöchsten unter den Klerikern das Zeichen zum Beginn. Lieferte ihm mit einer harschen Handbewegung die Opfer aus, griff selbst zum Pokal und hörte gleich darauf den Priester schnauzen: „Gesteht, am besten gleich alle zusammen, dass ihr mit katholischen Frauen, die ihr euch zuvor durch Zauberkünste gefügig gemacht habt, in den Straubinger Kirchen der Unzucht fröntet!“
    Die Juden, die zum ersten Mal überhaupt von dieser irrsinnigen Unterstellung hörten – keiner von ihnen war je in einem christlichen Götzentempel gewesen; keiner wäre von den Gläubigen auch nur auf den Stufen eines katholischen Gotteshauses geduldet worden –, schwiegen betroffen. Erst als der Inquisitor neuerlich die Anklage herausraunzte, erwiderte der Kopfel, der vor wenigen Tagen noch ein geschätzter Tuchhändler gewesen war: „Dies trifft nicht zu! Ich spreche für mich und die anderen und erkläre in unser aller Namen, dass man uns da verleumdet hat! Wir alle sind verheiratet und achten die Ehe nicht weniger als die christlichen Gatten …“
    „Du wagst es also, mich der Lüge zu bezichtigen?!“, brüllte ihn der Kleriker an. „Mich, einen Geweihten des dreifaltigen Gottes?! Das allein zeigt schon, dass du vom Teufel besessen bist – und damit schuldig!“ 76
    „Ich habe nichts von dem getan, was Ihr mir unterstellt!“, entgegnete der Kaufmann mutig.
    „Und ebensowenig ich!“, fiel sein Nachbar ein; gleich darauf beteuerten sie alle mit dem bisschen Kraft, die ihnen noch geblieben war, ihre Unschuld.
    „Das war zu erwarten!“, wandte sich der Inquisitor mit bebenden Lippen, mit dem nackten Hass in den Augen an den Wittelsbacher. „Sie sind verstockt; das kennt man ja von den Mosaischen! Es wird uns nichts anderes übrig

Weitere Kostenlose Bücher