Agrarwende jetzt
gehen im 21. Jahrhundert? Das ist doch pure Ökoromantik!
Meiner Meinung nach handelt es sich um ein »Vorwärts mit der Natur«, wenn wir die Kraft der Erde und die kosmischen Kräfte wieder entdecken. »Bruder Wind«, »Schwester Sonne« und »Mutter Erde« liefern uns alle Energie, die wir brauchen. Auf dem Dach unseres Hauses in Baden-Baden gewinnen wir mit einer Solaranlage doppelt so viel Strom wie eine Familie in Deutschland verbraucht. Bei Hildesheim habe ich kürzlich 17 Windräder eingeweiht, die von Bauern betrieben werden. Diese 17 Windräder gewinnen Ökostrom für 40 000 Menschen - ohne Treibhausgase, preiswert und für lange Zeit. Öl und Gas gibt es noch etwa 45 Jahre, aber Sonne und Wind »funktionieren« noch 4,5 Milliarden Jahre. Der ökonomische Vorteil der ökologischen Energiegewinnung: Sonne und Wind schicken uns keine Rechnung - den Stoff gibt’s umsonst.
Das Vertrauen in die Erde und in den Wind, in den Regen und in das Licht von Sonne und Mond war einmal das Grundkapital der Landwirtschaft. Wir haben uns weit von diesem Urvertrauen entfernt. Auch hier könnte man einwenden, dass ein Zurück zu den alten Zeiten eine Rückkehr zu elender Plackerei sei.
Aber genau das meine ich nicht, und das wäre auch keine zeitgemäße ökologische Landwirtschaft. Wer je den Maschinenpark eines modernen Ökobetriebs gesehen hat, weiß, dass Ökolandwirtschaft zwar mit mehr Handarbeit betrieben wird, aber nicht ohne Maschinen, sondern mit anderen, feineren und kleineren, mit angepassteren Apparaturen. Ein Ökobauer sagte mir schon vor sieben Jahren: »Ich will genauso mein Reitpferd und meine Freizeit wie die heutigen konventionellen Bauern. Mit der alten Schinderei auf dem Acker hat mein Betrieb nichts zu tun.«
4. Vom Sinn und Segen ökologischer Landwirtschaft
Biobauern ersetzen Chemie durch Technik, Arbeit, Wissen und Vertrauen in die Kräfte der Natur. Wer weiß, wie in der Natur alles aufeinander wirkt, kann leichter auf chemische Hilfsmittel verzichten. Statt Chemie einzusetzen, lassen Biobauern die Natur und viele Tiere für sich arbeiten. Nützlinge und »Schädlinge« arbeiten im Gleichgewicht für die Ökolandwirte. »Ameisen sind deshalb so interessante Mitarbeiter für mich, weil sie in keiner Gewerkschaft organisiert sind, keinen Achtstundentag kennen und auch sonntags und feiertags arbeiten. Warum begreifen die konventionellen Landwirte diesen unglaublichen und preiswerten Vorteil nicht?«, fragte mich ein alter Biolandwirt mit über 35 Jahren Berufserfahrung.
Erfahrene Biobauern lassen zum Beispiel die Schwebfliege für sich arbeiten. Deren Larven ernähren sich von Blattläusen, sie schützen also die Pflanzen. Eine abwechslungsreiche Fruchtfolge, organische Düngung und schonende Bodenbearbeitung erhalten die natürliche Fruchtbarkeit der Böden.
Weitere Beispiele: In Indien werden schon lange Extrakte aus den Samen des Neembaumes zur Insektenbekämpfung eingesetzt. In Deutschland war im ökologischen Obstbau jahrzehntelang die mehlige Apfellaus ein existenzbedrohender Schädling. Inzwischen haben die Universität Hohenheim und die Firma Trifolio-M GmbH ein Präparat aus dem Neembaum gewonnen, das als effektives Pflanzenschutzmittel zur umweltverträglichen Blattlauskontrolle im Obstbau genutzt wird. Seit dem Jahr 2000 ist das Präparat gegen die mehlige Apfellaus sowie gegen den berüchtigten Kartoffelkäfer zugelassen. Dem ökologischen wie dem integrierten Landbau und Kleingärtnern steht jetzt ein wirksames und zugleich umweltschonendes Präparat zur Insektenbekämpfung zur Verfügung. Es muss nicht immer Gift sein.
Die ökologische Landwirtschaft hat drei Ziele:
• die Pflege der Erde und allen Lebens,
• die Förderung der Umwelt und
• die Erzeugung gesunder Lebensmittel.
Hinter diesen Zielen steckt sinnvolle Arbeit. Arbeitspsychologen erklären uns seit geraumer Zeit, dass für die nächste Generation nicht mehr das Geldverdienen, sondern die Sinnhaftigkeit der wichtigste Wert der Arbeit sein wird. Danach hat biologisches Landwirtschaften eine große Zukunft. Jeder mit der Natur arbeitende Landwirt, der gesunde Lebensmittel erwirtschaftet, stiftet Gesundheit und Heil für Menschen und Tiere. Jeder Ökobauer ist gleichzeitig auch ein Priester und jede Ökobäuerin eine Priesterin im besten Sinne des Wortes. In Deutschland gibt es neun verschiedene ökologische und biologische Landbauverbände. Sie arbeiten alle nach den folgenden gemeinsamen Regeln.
5. Die
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