Agrippina - Kaiserin von Rom
Teufel selbst diese Aktion ins Leben gerufen hatte, erkrankte einer der Agenten der Augusta , ein gewisser Locupletius, an den schwarzen Pocken. Er war erst kurz zuvor aus dem Orient zurückgekehrt. Kein Arzt konnte ihm helfen. Da riet man ihm, sich an Petrus zu wenden, der schon viele Kranke mit dem Segen des Herrn geheilt habe. Petrus aber lehnte zunächst ab. Da sandte der Sterbende einen Boten zu Petrus mit der Nachricht, dass er ihm ein Geheimnis enthüllen werde, das für die Anhänger seines Glaubens von größter Wichtigkeit sei. Petrus ging zu ihm und erfuhr alles, was ich euch berichtet habe. Heilen konnte er ihn aber nicht. Drei Tage später starb der Mann. Von Petrus habe ich es erfahren und ihr nun von mir. So, mehr kann ich nicht sagen. Meine Gemeinde braucht mich, denn die Gefahr ist noch lange nicht vorbei.«
»Eine Frage noch«, rief Valerius, »wie werdet ihr euch weiter verhalten?«
»Wir werden schweigen wie bisher und auf den Schutz des Herrn vertrauen.«
»Der hat euch bislang aber nicht viel genutzt!«, bemerkte Flavius Caecina voll Bitterkeit. Maternus sah ihn lange an und verließ dann wortlos das Zelt. Eine Kutsche brachte ihn zurück in die Ubierstadt.
***
Die Männer schwiegen. Zu entsetzlich war, was sie gehört hatten. Plötzlich schlug der Legat mit der Faust auf den Tisch, dass die Eichenbalken zu krachen schienen.
»Das ist infam! Das ist das Ärgste, was ich je gehört habe. Kann man das überhaupt glauben?«
»Ich fürchte, man muss es glauben«, erwiderte Faustus Celerinus.
»Wir müssen handeln, und zwar schnell«, rief Valerius.
»Ja, aber wir wissen nicht einmal, wann der Anschlag geplant ist«, gab Gaius zu bedenken, und er hatte Recht.
Der Legat wandte sich an Valerius. »Wie passt du in dieses Spiel? Du und deine Mission?«
»Ich habe mir schon lange meine Gedanken darüber gemacht und bin zu folgendem Ergebnis gekommen: Als der Kaiser von der Mordserie erfuhr – vermutlich durch seinen Agenten Pertinax –, war er an einer raschen Aufklärung interessiert, zumal er, wie wir wissen, stets in Angst vor Verschwörungen lebt.«
»Wie wir nun erfahren haben, nicht zu Unrecht!«, warf der Quaestor zynisch ein.
»Er wollte also einen Sonderermittler in die Ubierstadt schicken. Auf Empfehlung von Burrus schlug die Augusta mich vor, was auf fruchtbaren Boden fiel, da der Kaiser großes Vertrauen zu mir hat.«
»Aber warum dich?«
»Damit die Verschwörer wussten, wer geschickt wird! Hätte der Kaiser jemanden aus seinem Geheimdienst beauftragt, hätte Agrippina wohl kaum seinen Namen gekannt, dafür hätte Narcissus schon gesorgt. So wusste sie, wem die geheime Mission anvertraut war, und konnte von nun an alles tun, um diese Personzu beseitigen. Wären die Anschläge auf mein Leben nicht fehlgeschlagen, so hätte sie dem Cäsar einen anderen vorgeschlagen, jemanden von Nigers Leuten.«
»Sie hat ein dichtes Netz gewebt, die ehrenvolle Augusta. Der Aedil Statilius Taurus gehört ebenso dazu wie der Praetor Volturcius Crassus«, knurrte Faustus Celerinus. »Wem von meinen Amtskollegen kann ich noch trauen?«
»Dem Aedil mit Sicherheit nicht«, antwortete Valerius, »denn wie ich weiß, ist Niger früher in seinem Haus ein- und ausgegangen. Bei Volturcius Crassus bin ich mir nicht sicher, allerdings hat mir die Kaiserin eben ihn als ihren Vertrauten in Colonia Agrippinensium genannt. Vorsicht ist also angebracht.«
»Genug der Reden«, polterte der Legat. »Wir müssen nun handeln! Wer hat einen Vorschlag?«
»Wir sollten eine Nachricht nach Rom schicken, an Narcissus, und ihm den ganzen Plan aufdecken«, meinte Flavius Caecina.
»Der Bote könnte abgefangen werden, und dann ist alles verloren!«
»Ich könnte mit meiner Legion nach Rom marschieren und dem ganzen Treiben ein Ende machen«, rief Iunius Silanus, und seine Augen funkelten zornig.
»Bis die Truppe dort ist, ist der Kaiser schon tot«, antwortete Valerius, »außerdem würdest du dich mit dem bewaffneten Eindringen in das Pomerium gegen die Gesetze stellen. Nein, ich werde selbst reisen und den Kaiser warnen!« Die Stimme des Tribunen klang fest und duldete keinen Widerspruch.
»Recht hast du, Tribun!« Flavius Caecina hatte sich erhoben und legte seine Hand auf Valerius’ Schulter. »Du bist allemal so schnell wie ein Postreiter, aber wesentlich klüger. Außerdem weißt du, worum es geht.«
»Nimm mich mit, Marcus!« Gaius war hinzugetreten und blickte seinen Freund fordernd an. »Zu zweit
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