Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
Vom Netzwerk:
reagiert?«
    »Überhaupt nicht. Sie kann nicht lesen!«
    Tosendes Gelächter erfüllte den Raum, und Martial fühlte sich ob dieser Reaktion sichtlich geschmeichelt.
    »So, Freunde, ein letztes Glas noch, dann muss ich euch verlassen. Gehabt euch wohl!«
    Er griff nach dem Weinbecher und leerte ihn schmatzend in einem Zug.
    »Eins noch«, drängte Horatius, »eins noch. Mein Großonkel würde dich für deinen frechen Spott geliebt haben.«
    »Eins noch? Nun gut, selbst schuld. Hört, was ich über meinen lieben Dichterkollegen Pontilianus denke.«
    Er erhob sich, nahm die Pose eines Senatsredners ein und deklamierte mit würdiger Stimme, die einem Cicero zur Ehre gereicht hätte:

    »Cur non mitto meos tibi, Pontiliane, libellos?
    Ne mihi tu mittas, Pontiliane, tuos!
    Warum schicke ich dir, Pontilianus, nicht meine Büchlein?
    Damit du mir nicht deine schickst!

    So, das reicht. Den Rest findet ihr an den Hauswänden im Argiletum !«
    So schnell wie er gekommen war, so schnell verschwand er wieder und ließ die beiden Männer lachend zurück.
    »Ein herrlicher Bursche, dieser Martial!«, meinte Valerius schmunzelnd.
    »In der Tat! Er wird es noch weit bringen, wenn ihm nicht der Dolch irgendeines Geschmähten in den Rücken fährt.«
    Inzwischen hatte sich tiefe Nacht über Rom gelegt. Die Öllampen hatten ihren Vorrat fast aufgebraucht und warfen zuckende Schatten über die weiß getünchten Wände und die bunten Fresken. Die beiden Männer blickten sich nachdenklich an. Die Wirklichkeit hatte sie wieder.
    »Ich bin müde«, sagte Marcus Valerius mit leiser Stimme, »morgen trete ich eine weite Reise an. Ich werde schlafen gehen.«
    »Die Götter mögen deinen Schlaf bewachen«, sagte Horatius mit Wärme in seiner Stimme. Er legte seine Hand auf die Schulter des Tribuns und brachte ihn persönlich zum Gästezimmer, einem kleinen, aber gemütlichen Raum, der zur Straße hin zeigte (was sich noch rächen sollte).
    »Ich danke dir, mein edler Freund, doch sei ohne Sorge. Wie pflegte dein unübertrefflicher Großonkel doch stets zu sagen: Aequam memento rebus in arduis servare mentem – Bedenke stets, dir auch im Unglück deinen Gleichmut zu bewahren.«

X.
»Mag er mich töten, wenn er nur regiert«
– Das erste Attentat
    Das Stadtpalais der Kaiserinmutter liegt in völliger Ruhe und Abgeschiedenheit. Sogar die Vögel scheinen die Gärten zu meiden, kein Zwitschern tönt aus den Zweigen und selbst die schwatzhaften Spatzen haben ihre Nester verlassen. Im Park kein Gärtner, der das Laub zusammenfegt, in der Küche keine Sklavin an Töpfen und Tiegeln, in den Quartieren der Sklaven ist das übliche Geschwatz und Geschrei verstummt. Schwer lastet die Stille über dem Anwesen. Es ist, als habe der Tod seine Schwingen über allem ausgestreckt und jegliches Leben zum Erlöschen gebracht. Nur aus dem Schlafzimmer dringt leises Geflüster, kaum hörbar und für niemandes Ohren bestimmt.
    »Und du glaubst wirklich, dass es funktionieren wird?«
    Nachdenklich blickt der Mann im massigen silbernen Brustpanzer den Baumeister an.
    »Sei unbesorgt, nach meinen Berechnungen müsste es gehen«, sagt der Baumeister. Er mustert die seltsame Vorrichtung noch einmal sorgfältig, dann fährt er mit gesenkter Stimme fort: »Schau, wenn sich jemand auf die Mitte des Bettes legt, wird der Hebel unterhalb des Mittelbalkens gedreht. Die Drehung des Hebels wird dieses Zugseil hier straffen.« Er weist auf ein dünnes Seil, das sich – verborgen hinter den Balken, die das Dach des Bettes stützen – bis zur Decke hinaufwindet. »Dadurch werden diese beiden Haken der Decke gelöst, die Decke öffnet sich in der Mitte, bricht an den Seiten aus den lose befestigten Scharnieren, und die schweren Platten stürzen herunter und erschlagen jeden, der sich darunter befindet.«
    »Hm, kann ich mir kaum vorstellen, aber was soll’s, du bist der Baumeister. Aber was ist, wenn das Seil vorher reißt?«
    »Dann passiert dasselbe, nur eben vorher. Aber wer sollte vorher an das Seil kommen?«
    » Die Sklavin, die das Bett richtet!«
    »Aber das Bett ist gerichtet«, sagt der Baumeister und weist auf die safrangelben Decken, die ordentlich auf dem Bett liegen.
    »Themeocles! Themeocles! Ich weiß nicht, ob das funktionieren wird. Wenn nicht, haben wir ein großes Problem, und du besonders. Du weißt, dass man von uns optimale Arbeit erwartet.«
    »Ich weiß, Herr, hab’ keine Sorge. Ich hab’ es am Modell ausprobiert, es funktioniert. Sicher wird es

Weitere Kostenlose Bücher