Agrippina - Kaiserin von Rom
funktionieren. Mein Wort als griechischer Baumeister darauf!«
»Pscht!«
Mit schnellen Schritten verlässt der kräftige Mann im silbernen Brustpanzer das Schlafzimmer und eilt ins Atrium . Aber es ist völlig ruhig, kein Mensch zu sehen. Nur ein kleiner gekrümmter Schatten in der Ecke zum Speisezimmer. Den aber kann der Mann nicht sehen, eine große Bronzestatue der Fortuna versperrt ihm die Sicht. Erleichtert atmet er auf. Es war richtig, die wenigen Sklaven und Bediensteten mit völlig überflüssigen Aufgaben außer Haus zu beschäftigen. So kann man in Ruhe den mörderischen Plan in die Tat umsetzen. Beruhigt geht er in das elegant eingerichtete Cubiculum zurück.
»Sie wird morgen wieder hier sein. Länger hält sie sich nie in Antium auf. Es darf nichts schief gehen, oder ich kann für deinen Kopf nicht garantieren.«
»Es wird nichts schief gehen, Herr!«
Mit leiser Stimme beruhigt der Baumeister seinen Auftraggeber, dann verlassen beide Männer das Haus. Kaum haben sie das Haus verlassen, da huscht der schmale Schatten zurück ins Schlafzimmer und studiert sorgsam all die merkwürdigen Vorrichtungen, die man unsichtbar rund um das Bett angebracht hat. Ein leiser Schreckensruf entfährt der Gestalt, aber dann zieht sie sich zufrieden zurück.
***
Am nächsten Mittag, etwa zur achten Stunde, fahren vier Kutschen auf den geräumigen Hof des kleinen Palastes. Munteres Stimmengewirr geschwätziger Sklavinnen erfüllt schnell die verwaisten Räume und Flure. Die Kohlebecken werden angezündet, Kofferund Taschen ausgepackt, in der Küche beginnt man mit der Anrichtung der Cena. Agrippina und der kleine Hofstaat der wenigen Getreuen sind aus Antium zurückgekehrt.
»Richte mir ein Bad, Lavinia!«
Die Augusta macht einen erschöpften Eindruck. Obwohl die Reise nur kurz war, fühlt sie sich ausgelaugt und gerädert, dunkle Schatten unter den Augen künden einmal mehr von einer ruhelosen Nacht. Es sind nicht so sehr die Strapazen des Weges, es sind die Sorgen, die sie nicht mehr loslassen. Das Verhältnis zu ihrem Sohn verschlechtert sich nahezu täglich. Es kann nicht mehr lange dauern, bis es zum großen Knall kommt, und nach diesem Knall will sie immer noch ihren Platz in der Mitte der Macht haben.
Geistesabwesend greift sie nach einem Becher Wein, den die Sklavin zur Hälfte mit frischem kühlen Wasser vermischt hat. Sie setzt den Becher an und benetzt die spröden Lippen. Aber das Getränk will ihr nicht schmecken. Es hat einen seltsamen Beigeschmack. Gift? Sie lacht kurz und bitter auf. Das würde nichts nutzen. Schon lange hat sie sich von Locusta, der nützlichen Meisterin des tödlichen Tranks, ein leichtes Gift mischen lassen, das sie täglich zu sich nimmt. Auf diese Weise glaubt sie, gegen mögliche Giftgaben immun zu sein. Locusta hat es ihr versichert.
Locusta! Die alte Hexe hat ihre schauerliche Höhle auf dem Aventin verlassen und besitzt jetzt tatsächlich einen kleinen Landsitz, wo sie wissbegierige Mädchen in der Kunst des sanften Todes unterrichtet. So weit ist es in Rom gekommen. Ein Geschenk des Kaisers. Agrippina ahnt, für welche Dienste die Hexe das bekommen hat. Britannicus! Ihre Gedanken schweifen zu dem unglücklichen jungen Prinzen zurück, der ihrem Sohn im Weg gestanden hatte. Vor vier Jahren ist er ganz plötzlich verstorben. An Gift, so wollen es die Schatten im Palast wissen, die immer alles wissen, aber es nie laut aussprechen.
Und Nero war der Auftraggeber!
Agrippina schüttelt sich, versucht, die dunklen Schatten einer grauen Vergangenheit zu vertreiben. Sie ist müde, furchtbar müde.
»Das Bad ist fertig, Herrin!«
Agrippina nickt nur und begibt sich in den kleinen, aber luxuriös ausgestatteten Baderaum. Eine Sklavin hilft ihr beim Entkleidenund dann sinkt sie seufzend in das wohlige Nass. Die Wärme, die langsam ihren Körper einhüllt, tut ihr gut. Sanft reibt die Sklavin ihren Körper mit schäumender Essenz ein. Behaglich streckt sie sich unter den wohltuenden kreisenden Bewegungen zarter Finger.
Kritisch blickt Agrippina an sich herab. Die schweren Brüste haben ihre feste Form schon etwas verloren, der Bauch ist nicht mehr ganz so flach, wie er es war, sondern erscheint als leichte Wölbung unterhalb der Brust. Aber die Schenkel sind noch fest und schlank. Sie ist immer noch eine attraktive Frau. Und sie weiß es.
Agrippina schließt die Augen und versucht, sich unter den sanften Händen der Sklavin zu entspannen. Aber vergeblich.
»Das
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