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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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Herrn
    Quintus Horatius Pulcher

    Agrippinas Leben stand auf der Kippe, das war ihm schon vor Erhalt des Briefes klar. Jetzt aber wurden seine Befürchtungen nachdrücklich bestätigt. Dieser Horatius! Es gab wohl nichts, was er nicht wusste. Und eine Warnung an Agrippina hatte er geschrieben, obwohl er diese Frau zutiefst verachtete. Ob sie noch rechtzeitig kam? Gedankenversunken nahm er die Zeilen seines Freundes Horatius und legte sie in das Kohlebecken. Schwermütig beobachtete er, wie die gierigen Flammen den Papyrus verzehrten.
    Schwer stützte Valerius seinen Kopf in die Hände. Er spürte, dass er den Kampf verlieren würde. Wie damals! Damals konnte er Claudius nicht retten, jetzt nicht Agrippina. Beide hatten sich ihm anvertraut, und beide hatte er enttäuscht. Und dabei hatte er seine Familie noch in höchste Gefahr gebracht. Und so viele Menschen waren gestorben, zu viele. Er hatte ihre Namen alle auf einer Liste notiert:

    Vindurix, gallischer Wirt
    Publius Statilius Taurus, ehem. Aedil
    Honoria, seine Geliebte
    Viridorix, Schreiber des Curators
    Faustus Celerinus, Quaestor (Unfall?)
    Gaius Fulvius Petrusius, Gutsbesitzer
    Gaius Vironius, Thermenpächter (Unfall?)
    Gulvenius (?), Verwalter des Petrusius (und sein Mörder)
    Gaius Volturcius Crassus, kaiserl.Curator
    Aulus, Tabernenwirt
    Babilia, Köchin des Peliodoros

    Valerius starrte auf die Namen. Einige, wie Honoria und Viridorix, hatten den Mördern wohl eher zufällig im Wege gestanden oder waren, wie Babilia, die unglückliche Köchin des Peliodoros, Opfer einer Verwechslung gewesen. Bei Gulvenius wusste man nicht, ob er tot war. Vielleicht hatte er es ja geschafft nach ... wie hieß der Ort noch ... ja, Durnomagus. Vielleicht wartete er ja dort noch auf seine Silana. Darum musste man sich jedenfalls noch kümmern. Andere, wie Statilius oder Volturcius, hatten hohe Magistratsämter innegehabt und zur falschen Zeit auf der falschen Seite gestanden. Der reiche Petrusius hatte als Mäzen und Finanzier des Agentenkreises gegolten, war deshalb gestorben. Vindurix, der ekelhafte alte Tabernenwirt, war schon früher Agent Agrippinas gewesen. Ihm war keine Träne nachzuweinen! Nur das Eingreifen der Götter hatte damals einen Erfolg seines hinterlistigen Anschlags auf Valerius verhindert. Aulus hatte vermutlich seinen verdienten Lohn für einen zweimal missglückten Anschlag erhalten. Und Vironius, der nette Thermenpächter? Wie passte der auf diese Liste?
    Oder war es doch nur ein Unfall gewesen, jener Karren, der ihn auf nächtlich-nebliger Straße wie eine Fliege zerdrückt hatte? Ebenso ungeklärt wie der mysteriöse Unfall des Celerinus auf der Baustelle. Unglücklicher Unfall oder kalter Mord? Und wer steckte dahinter? Wer hatte aus Rom den Auftrag erhalten, all diese Parteigänger und Agenten Agrippinas zu ermorden? Sein Name hatte auf der Tafel gestanden, die ihm Tullius Torquatus Niger gezeigt hatte, aber leider war er nicht leserlich gewesen. Nur der Buchstabe s am Ende. Damit endeten fast alle Namen. Zu wenig, viel zu wenig! Und von wem wurden diese Aufträge erteilt? Der, der diese Aufträgeerteilt hatte, würde am Schluss nicht zögern, die Augusta selbst zu beseitigen, wie es im Brief des Horatius deutlich anklang.
    Fragen, Fragen, Fragen. Aber keine Antwort. Wollte er das Letzte verhindern, musste er den Drahtzieher finden, und zwar jetzt!
    Ein dezentes Klopfen an der Tür.
    »Ja?«
    Eine seiner Wachen steckte seinen Kopf durch die Tür.
    »Da ist jemand, der dich sprechen möchte.«
    »Wer ist es, Vaniclius?«
    »Ein gewisser Ma... Maternus.«
    »Maternus? Äh ... ja, bitte ihn herein. Ich komme sowieso im Augenblick nicht weiter. Und bring uns einen Krug Wein, aber nicht von dem sauren. Der edle Maternus verdient etwas Besseres.«
    »Ja, sicher, Tribun. Wird erledigt!«
    Er gab die Tür frei, und die hohe schlanke Gestalt des Maternus trat in die kleine Kammer ein, das Gesicht freudig bewegt. Herzlich umarmten die beiden Männer sich.
    »So vieles ist passiert, seit wir uns zuletzt sahen«, begann Maternus.
    »Ja, edler Maternus, sehr vieles. Und wenig Erfreuliches.«
    »Ich habe von dem Anschlag auf die verehrte Dirana gehört. Geht es ihr schon besser?«
    »Peliodoros, der Arzt, ist zufrieden, und so will ich es auch sein. Aber die Sache ist noch nicht ausgestanden, noch kann es zu einem Rückfall kommen. Peliodoros sprach von der Möglichkeit einer Entzündung.«
    »Hm«, machte Maternus, »ich werde für sie beten. Wie war es in Rom?

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