Ahnentanz
der damit Aidans Aufmerksamkeit von dem Fremden ablenkte. Dann runzelte er die Stirn und straffte die Schultern.
„Was ist los?“, wollte Aidan wissen.
„Dein Gerichtsmediziner sitzt dort drüben mit einem Haufen Cops, darunter auch diesem Hal Vincent. Hat sich gut zurechtgemacht. Er sieht jetzt nicht mehr ganz so sehr wie ein verrückter Professor aus.“
„Jon Abel? Hier?“, fragte Aidan verblüfft. Er hatte den Mann für einen Einzelgänger gehalten, für jenen Typ Wissenschaftler, der abends nach Hause ging und in seinem Kellerlabor herumexperimentierte.
Doch Abel saß tatsächlich mit ein paar Cops an einem Tisch. Er trug Jeans und T-Shirt und wirkte jünger als zuvor am Tag. Offenbar trug er Kontaktlinsen und hatte sich auch gekämmt. Er schien seinen Feierabend zu genießen. Kein Wunder, dass er nicht noch mehr Arbeit haben wollte, als ihm diese Stadt, die sich in einem fragilen Prozess des Wiederaufbaus befand, sowieso schon bereitete.
„Sieh jetzt nicht hin“, sagte Jeremy und nickte in Richtung Eingangstür. „Aber hier kommt noch ein Kumpel von dir.“
„Ein Kumpel?“, fragte Aidan verwirrt und drehte sich dann trotz der Warnung seines Bruders um.
Jonas betrat die Bar, gemeinsam mit Matty, seiner langjährigen Ehefrau.
Sicher, die Band war gut, und die Einheimischen hingen hier ab. Dennoch war es ausgesprochen merkwürdig, dachte Aidan, dass sie alle an demselben Abend in derselben Bar landeten.
Und er fragte sich allmählich, was hier eigentlich wirklich vor sich ging.
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4. KAPITEL
Jonas trug ebenfalls Jeans, doch sie passten, als wären sie maßgefertigt, und stammten wahrscheinlich von irgendeinem Designer. Sein Poloshirt schien gebügelt, und seine Haare saßen noch immer perfekt. Matty war eine Schönheit. Sie trug die gleichen Designerjeans, dazu eine Seidenbluse. Beides umschmeichelte einen Körper, der vermutlich schon von Anfang an beeindruckend und nun zur Perfektion operiert worden war. Nicht eines ihrer platinblonden Haare lag unordentlich.
„Ja, das sind Jonas und seine Frau Matty“, bestätigte Aidan. Im gleichen Moment erblickten ihn die beiden. Jonas hob grüßend eine Hand und sah dann zur Seite. Offenbar hatte ihm Aidans Gesellschaft am Tag schon gereicht, jedenfalls ging er hinüber zu den Cops. Matty kam dennoch zu ihnen. „Hallo, wenn das mal nicht Aidan Flynn ist. Und das hier müssen deine Brüder sein. Jonas erzählte mir, dass ihr ein Haus hier unten geerbt habt. Wie geht es euch?“
Mochte ihr Körper auch zu großen Teilen aus Silikon geformt sein, ihre Begrüßung war doch herzlich und aufrichtig. Aidan stand auf, um sie zu umarmen und ihr einen Kuss auf die Wange zu geben. Seine Brüder erhoben sich ebenfalls, und er stellte sie einander vor.
„Jonas sagt, ihr wollt das Anwesen behalten“, sagte sie, während Jeremy ihr einen Stuhl heranzog.
„Das haben wir vor“, erwiderte Jeremy.
„Ich bin so froh, dass ihr hier wohnen werdet“, sagte Matty.
„Diese Gegend braucht Menschen, die hier sein wollen, die arbeiten wollen, die wieder eine Gemeinde aufbauen. Und es gibt hier eine Menge privater Sicherheitsarbeit“, fügte sie hinzu, wobei sie Aidan etwas unsicher ansah. Er begriff, dass sie sich wegen Serena unbehaglich fühlte. Während seiner FBI-Zeit waren sie oft zu viert ausgegangen, und sie wusste, dass Serenas Tod der Grund für sein Ausscheiden war.
Hier wohnen?
Eigentlich hatte er daran nicht gedacht. Auf der anderen Seite war er nirgendwo lange geblieben, nicht einmal an dem Ort, den er jahrelang sein Zuhause genannt hatte. Er war immer weitergezogen. Hatte nach all den Fällen gegriffen, die ihm die Gelegenheit gaben, in einer anderen Stadt zu sein.
Wegzulaufen.
Nun, er war frei und über einundzwanzig. Weglaufen war in Ordnung, wenn er sich dafür entschied.
Seltsam. Trotz allem, was sie an ihrem Äußeren verändert hatte, war Matty in ihrem Herzen echt und unverfälscht geblieben. Sie nahm Anteil.
Er lächelte. „Hey, wer weiß? Wir werden sehen.“
„Sieh mal. Ist das nicht das Mädchen vom Haus?“, fragte Zach plötzlich und deutete mit seiner Bierflasche in Richtung Bühne.
Aidan blickte in die angezeigte Richtung. Der Bassist kündigte gerade ein eigenes Lied der Band an, während der Gitarrist – der zu seinen Stiefeln ein an Vampirfilme erinnerndes schwarzes Cape trug – sich vorbeugte, um von Kendall Montgomery einen Drink
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