Ahnentanz
getrunken.
„Ich kannte Sie bislang gar nicht als Trinkerin“, lachte Hal. „Ich war wohl durstig.“
„Vermutlich wollte sie die Stimmen in ihrem Kopf ertränken, wo sie jetzt doch entschieden hat, dass sie ein echtes Medium ist“, sagte Mason neckend.
„Ach ja?“, hakte Hal nach.
„Hören Sie nicht auf Mason“, warnte Kendall. „Er will mich nur schikanieren.“
„Sie geht mit der alten Ady Murphy am Donnerstag zum Arzt. Sie ist überzeugt, dass die Frau Krebs hat.“
„Du bekommst ein Gefühl für diese Dinge, wenn du dich lange um einen kranken Menschen gekümmert hast“, sagte Kendall und versuchte, völlig ruhig und vernünftig zu klingen – und nur leicht gereizt.
Hal sah sie an und nickte. „Ich vermute, Sie haben die meiste Zeit da oben auf der Flynn-Plantage verbracht, nicht?“
„Ziemlich viel Zeit, ja“, erwiderte sie.
Zu Kendalls Überraschung sagte Hal nachdenklich: „Vielleicht hat dieser Ort tatsächlich eine irgendwie merkwürdige Atmosphäre.“
„Was?“, fragte Kendall verblüfft.
„Ich habe den Kerl kennengelernt, der die Plantage übernimmt“, sagte Hal.
„Es sind drei Kerle, die sie übernehmen“, verbesserte sie. „Ich spreche von dem ältesten Bruder“, sagte Hal. „Ich bekam einen Anruf, dass ich ihn am Fluss treffen sollte und dannspäter noch mal am Haus. Der Typ scheint ein Händchen dafür zu haben, menschliche Knochen zu finden. Er findet sie nicht nur, er ist auch besessen davon.“
„Nun“, sagte Kendall, die zu ihrer eigenen Überraschung Aidan Flynn verteidigen wollte, „Sie müssen zugeben, dass die meisten Menschen betroffen wären, wenn sie nur einen menschlichen Knochen finden, geschweige denn zwei.“
Hal nahm einen großen Schluck Bier. „Nicht hier in der Gegend“, sagte er bedrückt. „Nicht hier. Herrje, wir hatten überall Leichen …“ Er schüttelte den Kopf. „Alle haben uns im Stich gelassen – die Stadt, die Gemeinde, der Staat, das Land.“
Kendall berührte ihn sanft am Arm. „Ich weiß, aber das heißt nicht, dass wir den Kampf gegen das Verbrechen nun einfach aufgeben dürfen.“
Hal straffte die Schultern. „Natürlich nicht. Ich bin ein guter Cop, das wissen Sie.“
„Und ob ich das weiß“, stimmte Kendall zu. „Sie sind einer der besten, Hal.“
„Na ja, ich hoffe, dieser Kerl begreift, dass ich im Moment zu viel zu tun habe, um mich wegen ein paar Knochen verrückt zu machen.“
„Er ist hartnäckig“, gab Kendall zu.
Sie leerte ihr zweites Bier und nahm einen Schluck von dem dritten.
„Also, Hal“, schaltete sich Mason ein, „wollen Sie mitkommen, um mit uns Vinnie spielen zu sehen?“
„Ich komme später nach“, sagte Hal und wandte sich dann an Kendall. „Ich möchte nicht, dass es wie eine Massenflucht aussieht. Könnte Brads Gefühle verletzen.“
„Gut mitgedacht“, lobte sie.
Überrascht bemerkte sie, dass sie auch das letzte ihrer Dreizum-Preis-von-einem-Biere geleert hatte. Der Alkohol schien heute lindernd zu wirken.
Sie ließ sich von ihrem Stuhl gleiten und stellte fest, dass dieWelt ein bisschen zu schwanken schien. Verdammt, sie war tatsächlich beschwipst.
Sofort versuchte sie, ihren Rausch zu verbergen. Sie hielt sich sehr gerade, perfekt ausbalanciert. „Okay, Mason. Lass uns einen Tisch besetzen, solange es noch früh ist, falls es in der Bar später voll werden sollte. Hal, wir sehen Sie dann dort.“
Allerdings war sie nicht sicher, ob Hal wirklich kommen würde, denn Brad hatte die weise Entscheidung getroffen, die Musik in der Bar nicht allzu laut aufzudrehen. Vielleicht war dies der einzige Ort in der Bourbon Street, wo man sich tatsächlich unterhalten konnte.
Im Hideaway waren eine Menge Menschen, die Vinnie heute Abend spielen hören wollten, dennoch erspähte Mason ziemlich weit vorn einen leeren Tisch. Als sie sich durch die Tänzer und die anderen Tische schlängelten, sah sie kurz auf und bemerkte, dass Vinnie sie beobachtete. Er strahlte bis über beide Ohren, und sie war froh, dass Mason sie gedrängt hatte, mitzukommen. Trotz der merkwürdigen Ereignisse des Tages.
Aber vermutlich bildete sie sich die Sachen nur ein. Sie war übermüdet und hatte Sinnestäuschungen erlebt.
Genau so war es gewesen, entschied sie.
Sie winkte Vinnie lächelnd zu und setzte sich dann an den Tisch, um die Band zu genießen. Einen Moment später kam Mason – mit drei weiteren Bieren. Am frühen Abend schienen alle Kneipen dieses Angebot zu haben.
„Ich kann nicht
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