Ahnentanz
Silhouette zu erkennen war.
War sie verrückt? Oder war der Schatten, den sie bei der Gasse gesehen zu haben glaubte, einfach verschwunden?
Als Aidan Flynn sie kurz darauf erreichte, schlug ihr Herz noch immer zu schnell. „Haben Sie zuvor schon meinen Namen gerufen?“, fragte sie ihn.
„Nein, erst jetzt. Warum?“, entgegnete er neugierig.
„Dann muss es jemand anders gewesen sein“, sagte sie. Ihr Kopf schmerzte, und sie wollte sich nicht eingestehen, dass er ihre Gefühle verletzt hatte, indem er vor dem Auftritt rausgegangen war.
„Was wollen Sie?“, fragte sie.
„Sie haben mir keine Antwort gegeben“, erwiderte er.
„Worauf?“
„Wegen des Essens.“
„Was?“
„Essen gehen. Was immer Sie mögen, wo immer Sie hingehen wollen.“
„Raus aus dem French Quarter“, sagte sie, ohne nachzudenken.
Was zum Teufel wäre falsch gewesen an einem „Nein, danke“, dachte sie gleich darauf.
„Sicher. Wenn Sie mögen, raus aus der Stadt.“
„Wissen Sie, ich kann Ihnen nichts Hilfreiches erzählen“,
sagte sie und war bestürzt, dass ihre Stimme klang, als ob sie ihnum etwas bitten würde.
„Mag sein. Mag auch nicht sein.“
„Sie könnten wenigstens versuchen, höflich zu mir zu sein, wissen Sie.“
Er atmete tief ein und blickte zur Seite. „Ich fürchte, ich bin nicht gerade für meinen Charme bekannt“, sagte er reumütig. „Aber ich schwöre, ich kann zuvorkommend sein.“
„Sie wissen, dass ich mich selbst ernähren kann. Ich komme gut zurecht, auch wenn Sie mich für eine Quacksalberin halten.“
„Glauben Sie, dass Sie die Zukunft vorhersagen können?“, fragte er.
„Nein“, erwiderte sie tonlos.
Dann lächelte er. Sie hasste dieses Lächeln. Es machte ihn nicht nur menschlich. Es machte ihn irgendwie anziehend. Sexy und sogar charmant.
Sie trat einen Schritt zurück. Sie würde seinem Charme nicht erliegen.
Er ist ein ehemaliger FBI-Agent, erinnerte sie sich. Ohne Zweifel hatte man ihm beigebracht, in manchen Situationen charmant zu sein, als Verhörtechnik.
„Sie sind verrückt, und Sie machen alle anderen verrückt“, sagte sie.
Sein Lächeln wurde plötzlich breiter. „Ich werde Sie den restlichen Weg nach Hause begleiten.“
„Ich wohne nur einen Block weiter.“
„Ich weiß.“
Sie gingen los, und Kendall erinnerte sich an seine letzten Worte in der Bar.
„Sie sagten, Sie hätten Blut gefunden?“, fragte sie.
„Auf einem der Grabsteine“, nickte er. „Altes Blut“, fügte er hinzu, als sie anhielt und ihn anstarrte.
„Wie alt?“
„Ich weiß nicht. Ich habe etwas abgekratzt und die Probe zu Jonas gebracht.“
„Ist Jonas der Typ vom FBI, der heute Abend im Club war?“
„Genau. Wir sind alte Freunde“, sagte er.
Sie waren an ihrer Haustür angelangt. Sie zögerte, steckte dann den Schüssel ins Schloss und sah ihn an in der Hoffnung, dass er sich verabschieden würde.
Er lachte. „Keine Sorge. Ich bringe Sie bis zur Wohnungstür.“
„Ich wohne hier schon ziemlich lange“, erwiderte sie. „Ich habe nette Nachbarn.“
„Da bin ich sicher. Aber dennoch bringe ich Sie zur Wohnungstür.“
Sie trat in den Hausflur und schloss die Tür zu ihrem Apartment auf. Erleichtert stellte sie fest, dass er ihr nicht zu folgen versuchte.
Doch bevor sie eintreten konnte, hielt er sie am Arm fest. „Dinner? Morgen Abend?“, fragte er.
„Ja, ja, ich schätze schon. Aber gehen Sie jetzt, in Ordnung?“
„Sicher“, erwiderte er lächelnd, gab ihren Arm frei und wandte sich um.
Sie sah ihm nach, wie er das Haus verließ, und hörte die Tür ins Schloss fallen.
Die Welt drehte sich noch immer, und ihre Kopfschmerzen wurden stärker. Dennoch plagte sie nur ein Gedanke, als sie sich von innen gegen ihre Wohnungstür lehnte.
Verdammt, sie hasste es, wenn er lächelte.
Voller Ungeduld mit sich selbst bemerkte sie, dass es trotz des frühen Beginns spät geworden war. Nun, zumindest später, denn „spät“ hatte in New Orleans eine völlig andere Bedeutung als in der restlichen Welt. Es war zehn Uhr, und immerhin hatte sie nicht so viele Biere getrunken wie befürchtet.
Im Badezimmerschrank fand sie Aspirin. Sie nahm ein paar, als ihr einfiel, dass sie auch noch nichts gegessen hatte. Sie entschied,dass ein Sandwich helfen könnte, einen schmerzhaften Morgen zu vermeiden, und bereitete sich daher rasch ein gegrilltes Käsesandwich zu, schenkte sich einen riesigen Eistee ein und setzte sich vor den Fernseher.
Ein bisschen von dem
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