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Ahnentanz

Ahnentanz

Titel: Ahnentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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nennen.“ Er bemerkte, dass sich ein einzelnes Grübchen auf ihrer linken Wange zeigte, wenn sie lächelte. „Tatsächlich hatte ich einen Lehrer, der sich weigerte, den Krieg anders zu nennen. Der Besitzer der Plantage, ein Mann namens Sloan Flynn, landete in Lees Armee. Er war Captain in der Bürgerwehr von Louisiana gewesen, doch nach dem ersten Jahr und in der Mitte des Krieges wurden mehr und mehr Truppen abgestellt, um Lee zu helfen. Die Wahrheit ist, dass der Norden mehr Männer hatte. Der Süden besaß einige der fähigsten Generäle, doch wenn ein Mann fiel, war er schwer zu ersetzen. Wohingegen der Norden die Immigranten aufstellte, die täglich landeten, dazu kamen die Wehrdienstleistenden und so weiter. Wie auch immer, Sloan befand sich in der Armee, als New Orleans und die nähere Umgebung 1862 in die Hände der Union fielen. Vermutlich wollte Sloans Cousin – der sich der Union angeschlossenhatte – die Plantage im Auge behalten und auch Sloans Frau Fiona. Sie hatten wegen des Krieges und weil Sloan ein Konföderierter war, heimlich geheiratet. Wie auch immer, Sloan unternahm einen Abstecher zur alten Heimstätte, wo sich zufällig auch gerade sein Cousin mit anderen Soldaten der Union aufhielt. Die Cousins erschossen einander, und laut den offiziellen Berichten stürzte sich Fiona in ihrer Verzweiflung vom Balkon. Und deshalb kann man eine schöne Frau in einem weißen Kleid schreiend über den oberen Balkon rennen sehen, während unten die Soldaten der Union und der Konföderierten stehen. Natürlich werden sie nur von jenen gesehen, die nach Geistern suchen.“
    „Natürlich“, echote er und starrte sie an.
    Er verspürte ein merkwürdiges Unbehagen. Hatte er nicht geglaubt, auf dem oberen Balkon eine Frau in Weiß gesehen zu haben?
    Aber das war Kendall Montgomery gewesen. Musste es gewesen sein.
    Immerhin hatte er keine Soldaten gesehen.
    „Was gibt es noch – Historisches?“, fragte er.
    Sie überlegte einen Moment. „Nun, da ist noch die Geschichte, die später passierte. Ich erzählte Ihnen im Haus davon. Von dem schönen Dienstmädchen, das vermutlich eine Affäre mit ihrem Herrn hatte. Sie wurde gehängt, und die Ehefrau fiel die Treppe hinunter. Wissen Sie, ich habe eine Freundin, die Mitglied der Historischen Gesellschaft ist. Im Moment ist sie im Urlaub, doch am Wochenende soll sie zurückkommen. Ich kann Sie mit ihr bekannt machen. Sie erzählt Ihnen nur zu gerne alles, was sie weiß.“
    „Das wäre großartig, danke“, sagte er. Er nahm ein Stück Lachsrolle und musterte Kendall. Sie sah jede Minute großartiger aus, ihr Parfum verströmte einen wirklich betörenden Duft, und sie schien ganz auf ihn konzentriert zu sein.
    Doch das war sie nicht. Dessen war er sich sicher. Sie warabgelenkt. Irgendetwas beschäftigte sie.
    Nun, auch ihn beschäftigte etwas.
    „Darf ich Sie etwas Persönliches fragen?“, fragte er.
    Sie blickte ihn an, wobei der Sarkasmus in ihren Zügen unverkennbar war.
    „Kann ich Sie davon abhalten?“
    „Sie können die Antwort verweigern. Ich versuche mir nur zu erklären, wie es kam, dass Sie und Amelia sich so nahestanden.“
    „Tatsächlich? Und ich versuche mir zu erklären, wie es kam, dass Sie von ihrer Existenz nichts wussten.“
    „Das ist leicht zu erklären. Mein Vater war ein Einzelkind. Sein Vater war im Zweiten Weltkrieg getötet worden. Ich glaube, dass mein Urgroßvater der Erste war, der sich in der Gegend um Gainesville ansiedelte. Das ist so ziemlich alles, was wir über unsere Familie wissen. Meine Mutter war irischer Abstammung, und ihre Familie starb, als ich jung war. Und das war’s.“
    Sie griff hinüber, um ein Stück Lachsrolle zu probieren, und sagte beiläufig: „Ich frage mich, woher Amelia dann von Ihnen allen wusste. Ich meine, ich könnte es verstehen, wenn der Besitz an Ihren Vater gegangen wäre. Doch in ihrem Testament waren Ihre drei Namen aufgelistet.“ Sie blickte ihn lächelnd an. „Wissen Sie, der Rechtsanwalt sagte, dass sie das Testament kurz vor ihrem Ende verfasst hat.“
    „Hätte sie den Besitz denn Ihnen vermachen sollen?“ „Wohl kaum. Ich hätte die Versicherung und die Steuern nicht bezahlen können.“
    Er verfügte über eine gute Menschenkenntnis, und ihre Antwort schien aufrichtig und ohne Groll.
    „Amelia dachte vielleicht, dass sie mir nur eine riesige Last hinterlassen würde, die wie ein Mühlstein um meinen Hals hängt“, fuhr sie fort. „Vielleicht fürchtete sie, dass ich sie zu

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