Ahnentanz
dankbar sein“, erwiderte sie stirnrunzelnd. „Er war immer da, wenn ich ihn gebraucht habe, und ich bin da, wenn er mich braucht.“
Ihr Tonfall deutete an, dass sie spürte, dass Vinnie irgendwie angegriffen wurde – und sie es nicht zulassen würde.
„Es ist vermutlich schön, dass Mason und Vinnie auch so gute Freunde sind.“
„Natürlich ist das schön.“ Sie blickte ihn verwirrt, aber argwöhnisch an. „Vinnie ist nicht wirklich angestellt, doch er hilftim Laden, wenn ich ihn brauche und er Zeit hat. Wenn ich nicht da bin, sind sie oft zu zweit. Natürlich bin ich froh, dass sie sich gut verstehen.“
Aidans Gesicht blieb ausdruckslos. Unwillkürlich musste er an einige Fälle von Serienkillern denken, die zu zweit gemordet hatten. Nicht dass er plötzlich überzeugt war, dass Mason und Vinnie ein blutrünstiges symbiotisches Duo bildeten, doch er durfte die Möglichkeit nicht außer Acht lassen. Offen gestanden hatte er keinerlei Beweis, dass überhaupt jemand ein Mörder war, doch irgendwo musste er anfangen. Und Jenny Trents letzte Kreditkartenbelastungen stammten aus Kendalls Laden und der Bar, in der Vinnie spielte und Mason Stammgast war.
„Worauf wollen Sie hinaus?“, fragte sie.
Er zögerte, um dann Jenny Trents Foto aus der Brusttasche zu ziehen und es vor ihr auf den Tisch zu legen.
Ihre Reaktion war viel heftiger als erwartet. Sie wurde kreideweiß. Erschrocken blickte sie ihn an.
„Warum zeigen Sie mir das?“, wollte sie wissen.
„Sie ist in New Orleans verschwunden. Sie sollte eigentlich …“ „Eine Reise nach Südamerika antreten, ich weiß. Was ist mir ihr passiert?“, fragte Kendall. Sie starrte ihn ängstlich an.
„Niemand weiß, was ihr zugestoßen ist“, sagte er. Er beugte sich vor. „Sagen Sie es mir. Ich weiß, dass sie in Ihrem Laden war. Offenbar ist dort etwas vorgefallen.“
„Nichts ist in meinem Laden vorgefallen“, protestierte sie. „Warum sind Sie dann weißer geworden als der Schnee zu Weihnachten?“
„Sie kam wegen einer Hellsehersitzung“, sagte Kendall. „Und sagte sie, dass ein Fremder sie verfolgte? War sie irgendwie nervös?“, hakte er nach.
„Ich erinnere mich an sie, weil sie voller Lebensfreude und sehr nett war. Das ist alles“, entgegnete Kendall.
„Sie lügen, Kendall“, stellte er ebenso gleichmütig wie ruhig fest. „Und ich frage mich, warum.“
„Wollten Sie deshalb mit mir essen gehen?“, fragte sie entrüstet. „Um mich zu beschuldigen?“
„Nein. Bis heute wusste ich nichts über diese Frau.“ „Okay. Sie wollten etwas über das Haus wissen, über Amelia. Nun, ich habe Ihnen gesagt, was ich weiß. Und was spielt die Vergangenheit überhaupt für eine Rolle? Das Haus gehört jetzt Ihnen.“
Sie war nervös und voller Abwehr. Er verstand nicht, was an dem Bild von Jenny Trent sie so aus dem Gleichgewicht gebracht hatte.
„Was ist in Ihrem Laden geschehen?“, fragte er erneut.
„Sie war wie jeder andere Tourist. Sie kam rein“, antwortete Kendall in patzigem Ton. „Sie wollte, dass ich ihr die Karten lese. Das habe ich getan. Sie war sympathisch. Sie erzählte mir, dass sie Lehrerin sei und jahrelang für ihren Urlaub gespart habe. Sie war ganz aufgeregt, dass ein solches Abenteuer vor ihr lag.“
Er wusste, dass alles, was sie sagte, der Wahrheit entsprach. Doch sie sagte nicht alles.
„Das war’s?“, fragte er.
„Das war’s“, entgegnete sie kühl.
„Warum sehen Sie dann aus, als ob Ihnen ein Geist begegnet wäre?“, wollte er wissen.
Sie schüttelte den Kopf und starrte ihn nur an. Dann sagte sie: „Ich weiß, warum die Cops Sie hassen.“
„Hass ist vielleicht ein zu hartes Wort.“ Oder war es tatsächlich so?
„Sie werden es hier nie schaffen. Sie sind kein Insider. Sie kennen die Gegend nicht. Sie kommen hierher, als wären Sie der Retter, während wir hier seit Langem versuchen, die Lage wieder zu normalisieren. Was glauben Sie denn, wer Sie sind?“
Merkwürdig, dachte er. Sie ist ernsthaft aufgebracht.
Und ernsthaft verängstigt.
„So ein Außenseiter bin ich nun auch wieder nicht – ich binoft hier gewesen“, erwiderte er kurz. „Mein Bruder hat mit einem der wichtigsten Benefizprojekte für die Kinder dieser Gegend zu tun. Und Sie denken, ich sei ein aufdringlicher Querulant? Nun, ich bin ziemlich sicher, dass dieses Mädchen tot ist“, sagte er. „Und ich glaube, dass ich ein Stück von ihren Überresten gefunden habe.“
Kendall starrte ihn an. Er war
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