Aina - Herzorgasmus
Duft wahr. Ihr Parfum, ihr Haar,… ihre Angst. Sie verdeckte den süßen Duft an ihrem Dekolleté, doch sie war bei weitem nicht so groß, wie er es erwartet hatte. Menschen erstarrten in seiner Gegenwart vor Angst. Selbst dann noch, wenn er sie nichts von seiner Aura spüren ließ. Doch Aina war viel zu gelassen. Viel zu ruhig. Sie wirkte zwar ängstlich, doch in gleichem Maße erleichtert. Er spürte genau, was in ihr vorging, konnte die Verwirrung fühlen und hören, wie sie darum flehte, nicht den Verstand zu verlieren. So, wie ihre Mutter. Ihre verzweifelten Monologe waren fast theatralisch.
»Ich will nur eins wissen«, sagte Aina auf einmal. Ihr Herz schlug so schnell, dass man es in ihrer Stimme pulsieren hörte. Und er spürte es sogar in seinem eigenen Kopf hämmern. Es pumpte ihr süßes Blut heiß und rhythmisch durch ihren Körper. Der Duft, der ihm dabei entgegen wehte, war betörend. Er verstand jedoch nicht den Grund für ihre Aufregung. Siefürchtete sich kaum vor ihm. Im Gegenteil. Sie fühlte sich zu ihm hingezogen, was ihn mindestens genauso verwirrte, wie sie selbst.
»Nein, ich habe dich nicht manipuliert«, antwortete er auf ihre nicht gestellte Frage, ohne sie dabei anzusehen. Er starrte immer noch ins Feuer.
Ihr Herz polterte jetzt noch schneller. »K… können Sie meine Gedanken lesen?«
Warum sprach er mit ihr? Warum zögerte er? Sie war hier. Er hätte es längst hinter sich bringen können. Doch stattdessen ging er auf sie zu und nickte, woraufhin sie erschrocken die Augen aufriss. Sie hatte die Augen ihrer Mutter. Warme, ehrliche Augen. Er biss vor Wut die Zähne zusammen und sah sie hasserfüllt an.
»Wa… was ist in der Nacht passiert, als… ich…« In ihren Gedanken spielte sich eine Szene ab, in der sie von einem seiner Untertanen beschützt worden war. Vor ihrer eigenen Tollpatschigkeit. Sie hob den Arm und deutete mit einem schmalen, zitternden Finger auf die Stelle, die von der Glasscherbe aufgeschlitzt worden war.
Wieso stellte sie so viele Fragen? Konnte sie nicht einfach still sein? So, wie jeder normale Mensch, der ihm begegnete? Vor Angst und Ehrfurcht erstarrt? Er sagte nichts. Er starrte sie nur an. Und er spürte, wie sein Blick in ihrem Bauch ein wildes Kribbeln auslöste, das sie nur noch mehr zu ihm hin zog. Ein Kribbeln, das er ebenso in seinem Bauch spürte und das ihn noch rasender machte. Er spürte ihre Emotionen viel zu deutlich. Er konnte sie kaum noch von seinen eigenen unterscheiden.
»Ich… will nur wissen, ob… ich verrückt bin oder ob das wirklich passiert ist. Und da Sie gesagt haben, dass Sie alles über mich wissen…«
Doch er blieb stumm und überlegte, wie er sie am schnellstentöten konnte. Ohne, dass sie etwas merkte. Warum dachte er überhaupt darüber nach? In seinen Gedanken blitzte Rebecka auf, die er ebenfalls auf sanfte Weise getötet hatte. Er wusste selbst nicht, wieso. Vielleicht, weil sie von Aina gerettet worden war. Weil Aina sie hatte beschützen wollen. Vor Schmerzen, vor Leid, vor allem Bösen. Hatte er sie deshalb auch davor bewahren wollen? Hatte er ihr die Schmerzen genommen und ihr einen solch schönen Tod geschenkt, weil es Aina gab, die nicht gewollt hätte, dass Rebecka litt? Dass überhaupt jemand litt? Seine Wut auf sich selbst wurde immer stärker. »Was spielt das für eine Rolle, Aina?«, fragte er, bebend vor Zorn. »Gefällt dir die Vision nicht viel besser, dass alles nur ein böser Traum gewesen ist? So lebt es sich doch viel leichter. Mit dem Glauben, nur im Traum von dunklen Wesen heimgesucht zu werden und nicht wirklich jemanden erstochen zu haben«, sagte er zynisch und kam bedrohlich auf sie zu.
Aina sah ihn wütend an und wich nicht einen einzigen Schritt zurück. »Ich habe ihn nicht erstochen. Er ist wieder aufgestanden. Ich habe ihn nur verletzt.«
Rece lachte. Er konnte nicht anders. »Nicht einmal im Traum gestehst du dir etwas Böses zu. Das ist bemerkenswert, Aina«, sagte er amüsiert. »Doch so engelhaft gut, wie du sein willst, bist du nicht.« Damit hatte er einen äußerst wunden Punkt getroffen. Er spürte, wie in ihr etwas aufriss, das sie zutiefst verabscheute. Wut. Hass. Und der bohrende Drang ihm ins Gesicht zu schlagen und ihm die giftige Zunge herauszureißen. Er konnte nicht verleugnen, dass er wirklich gern gesehen hätte, wie sie das versuchte, was sie jetzt am liebsten getan hätte. Doch sie verbot es sich. Weil sie ein guter Mensch war. Er lachte wieder. »Worauf wartest
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