Airborn 01 - Wolkenpanther
Wahrscheinlich würde heute Abend ein Fest stattfinden. Das konnte mir nur recht sein. Betrunkene Piraten im Tiefschlaf würden uns die Flucht immens erleichtern. In diesem Moment kehrte Szpirglas zurück und marschierte inmitten des allgemeinen Jubels ins Dorf.
»Wieder hat die Luftwacht eine Mission erfolgreich durchgeführt, meine Damen und Herren!«, rief er lautstark unter noch mehr Beifall. »Und seht nur, wir haben Besuch von diesen beiden Schiffbrüchigen hier bekommen, die sich mit großer Tapferkeit bis an Land durchgeschlagen haben, nachdem ihr Schiff gesunken ist.«
Er sprang die Treppen zu uns herauf, als hätte er bereits mit größter Freude auf dieses Treffen gewartet.
»Da sind Sie ja«, sagte er und setzte sich. »Mr Crumlin, haben Sie den beiden eine Erfrischung angeboten?«
Crumlin zwang sich zu einem schiefen Grinsen. »Wo sind nur meine Manieren?«, murmelte er. »Was kann ich euch bringen?«
»Ich würde frischen Mangosaft vorschlagen«, sagte Szpirglas. »Für ihre ausgedörrten Zungen«, fügte er hinzu.
Ich meinte zu sehen, dass Crumlin ein Grinsen unterdrückte.
»Sehr wohl, Sir«, sagte er und ging ins Haus.
»Also, erzählen Sie mir alles ganz genau«, sagte Szpirglas.
»Wir hatten die Hoffnung schon völlig aufgegeben, nicht wahr«, sagte ich zu Kate. »Und dann stoßen wir hier auf der Insel auf eine Station der Luftwacht!«
Szpirglas lächelte, aber nur mit den Lippen. Seine Augen blickten kalt und konzentriert. Mir war klar, dass mein Talent fürs Geschichtenerzählen nun gründlich geprüft werden würde.
»Wie hieß denn Ihr Schiff?«, fragte er.
»Pegasus, Sir. Fünfundzwanzig Meter lang, Zwillingsmotor, G-Klasse. Sie diente hauptsächlich als Frachtschiff und für private Charterfahrten. Acht Mann Besatzung unter Kapitän Blackrock und nur zwei Passagiere. Wir waren zwei Tage zuvor aus Van-Diemens-Land ausgelaufen und befanden uns auf dem Weg nach Nordwesten Richtung Honolulu.«
Ich hatte keine Ahnung, wie genau diese Piraten den Luftverkehr über Ozeanika überwachten – es mochte durchaus sein, dass sie die Flugpläne aller Schiffe in einem Radius von tausendfünfhundert Kilometern besaßen. Wie sonst konnten sie ihre Beute so exakt lokalisieren? Ein kleines Schiff konnte jedoch leicht übersehen werden, deswegen hoffte ich, dass diese Geschichte ihn nicht misstrauisch machte. Meine Antwort schien ihn zufrieden zu stellen.
»Und dann sind Sie in einen Taifun geraten und abgestürzt?«
Ich schaute ihn beim Sprechen an und achtete auf jede Bewegung seines Gesichts, jedes Augenblinzeln, jedes Heben seiner Brauen und jedes Zucken seines Mundes. Der Taifun stand außer Frage – ihn hatte es wirklich gegeben und er hätte für jedes kleine Luftschiff eine ernste Bedrohung dargestellt.
»Der Sturm muss einen unserer Propeller beschädigt haben. Wir hatten Probleme mit dem Motor, Sir, und verloren rapide an Höhe. Erst auf neunzig Fuß konnten wir unseren Sinkflug bremsen, und es wäre uns auch nichts passiert, wenn diese Welle nicht gewesen wäre. Einer dieser Einzelgänger, Sir, ein riesiger Steilhang aus Wasser, der wie aus dem Nichts vor uns auftauchte. Hat uns voll erwischt. Er hat unsere Motoren und unsere Ruderflossen abgerissen und uns dann nach unten gezogen.«
»Gott im Himmel«, rief Szpirglas voller Erstaunen und Mitgefühl. »Das ist gewiss der schlimmste Albtraum eines jeden Luftschiffmanns. Ich bin überrascht, dass überhaupt jemand überlebt hat. War noch Zeit, um Hilfe zu funken?«
»Ich war nicht auf der Brücke, Sir, ich weiß es nicht. Aber ich bezweifle es. Es geschah alles so schnell.«
Ich wusste, was er herausfinden wollte: Wenn wir ein Notsignal gesendet hätten, konnte es von jemandem aufgefangen worden sein und dann war vielleicht schon eine Suche im Gange. Und eine solche Suche konnte seinem Inselreich gefährlich werden. Ich wollte auf jeden Fall verhindern, dass er uns als Gefahr für seine Kolonie betrachtete.
Crumlin kehrte zurück und stellte zwei Becher mit Mangosaft vor uns. Szpirglas bekam ein Kristallglas mit rubinrotem Wein. Ich trank, denn ich war schrecklich durstig. Das Getränk war sehr süß, aber kühl und erfrischend, und ich leerte den Becher in einem Zug, ehe ich ihn wieder absetzte. Dabei keuchte ich lauter als notwendig.
»Was für ein Durst«, sagte Szpirglas. »Armer Kerl.«
Er hatte uns nicht erkannt, da war ich mir sicher. Ich hatte ihn heimlich beobachtet, während er mich gemustert hatte, und kein Zucken in
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