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Airborn 01 - Wolkenpanther

Airborn 01 - Wolkenpanther

Titel: Airborn 01 - Wolkenpanther Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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der unsichtbaren Insel am nächsten sein.
    Beim Abendessen versteckte ich in Kates Serviette eine entsprechende Nachricht. Baz ertappte mich dabei, wie ich den Zettel zusammenfaltete. Er sagte nichts, sondern warf mir nur einen bedeutungsvollen Blick zu – wie eine Katze, die einen Kanarienvogel im Maul hat und nun ganz ruhig dasitzt und hofft, der Besitzer des Vogels würde nichts bemerken. Dann zwinkerte er mir zu und spazierte davon. Ich wurde rot.
    Als ich hier oben im Krähennest daran dachte, stieg mir erneut die Röte ins Gesicht. Ich unterhielt mich gerne mit Kate, und manchmal spürte ich, dass sie auch mich beobachtete. In solchen Momenten war mir immer schmerzhaft bewusst, wie holprig meine Worte klangen und dass meine Gliedmaßen wie ein schlottriger Anzug an mir herabhingen. Auf einmal wusste ich nicht mehr, wie ich stehen sollte und was mein Arm dort tat oder ob nicht ein Spuckefaden an meiner Oberlippe hing.
    Ich fragte mich, ob sie schon wach war und vor den Fenstern ihrer Suite auf das erste Tageslicht wartete, die Kamera im Anschlag. Mitternacht war schon lange vorbei, die Passagiere schliefen, und nur die Mannschaft und die Aurora waren noch wach und arbeiteten und flogen durch die Lüfte.
    Bei Nacht, wenn es bewölkt war und der Mond sich versteckte, musste man sich bei der Suche nach Flugobjekten am Himmel ganz auf seinen Instinkt verlassen. Es war, als würde man zwischen Schatten nach Schatten suchen.
    Ich starrte an der Backbordseite nach hinten zum Heck, als ich eine dieser kleinen typischen Veränderungen am Himmel spürte. Aus dem Augenwinkel meinte ich zu sehen, dass auf einmal einige der Sterne verschwunden waren. Ich schaute noch einmal hin, konnte aber nichts erkennen. Dennoch war ich auf einmal hellwach. Nach Kates Geschichte und dem Logbuch ihres Großvaters schlug meine Phantasie nun Purzelbäume.
    Dann verschwanden plötzlich noch mehr Sterne und ein langer, dunkler Streifen legte sich über den Himmel. Ich blinzelte. Zuerst war es unmöglich zu erkennen, wie groß er war oder wie nah. Ich kniff die Augen zusammen und drückte das Gesicht so dicht an die Glaskuppel, dass sie beschlug. Da glitt der Mond wieder hinter den Wolken hervor, und ich zuckte überrascht zurück, als ein riesiges Paar Flügel über mich hinwegstrich. Fast wäre ich mit dem Kopf gegen das Glas geprallt, so schnell wirbelte ich auf meinem Stuhl herum, doch der Mond war schon wieder hinter einer Wolke verschwunden und nur ein paar wenige Sterne schenkten mir ein schwaches Licht.
    Etwas war auf der Aurora gelandet.
    Es kauerte im Schatten, keine zwanzig Meter von meinem Beobachtungsposten entfernt, die riesigen Flügel halb gefaltet wie einer dieser gruseligen Wasserspeier auf Kathedralen und alten Gebäuden. Ein Auge blitzte auf, als sich der Kopf leicht zur Seite drehte, und es kam auf mich zu. Albtraumhafte Bilder jagten mir durch den Kopf und fast hätte ich die Nerven verloren. Ich musste die Brücke benachrichtigen, ich musste Kate benachrichtigen, ich musste schneller als ein Feuerwehrmann die Leiter runterrutschen und Alarm schlagen! Es war eine Sache, über geheimnisvolle Geschöpfte nachzudenken, eine andere war es jedoch, einem von ihnen in wenigen Metern Entfernung gegenüberzustehen.
    Das Untier tat noch einen Schritt nach vorne.
    Der Mond kam hervor und tauchte den weißen, gefiederten Körper des Geschöpfs in ein fahles Licht. Sogleich bemerkte ich den langen, gebogenen Schnabel und die Schwimmhäute an den Füßen.
    Es war kein Untier, es war ein Albatros. Der Vogel faltete seine Flügel dicht am Körper zusammen und watschelte noch ein paar Schritte näher an meinen Posten heran.
    Ich war unglaublich erleichtert, dass ich die Brücke nicht alarmiert hatte. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, was passiert wäre, wenn ich mit halb erstickter Stimme eine Monstermöwe gemeldet hätte. Die Witze hätten noch jahrelang die Runde gemacht. Der kleine Matt Cruse hat sich ein bisschen erschrocken, als eine Möwe an ihm vorbeiflog. Ich habe gehört, es sei ein Wellensittich gewesen. Aber du weißt ja, dass bei Nacht alles viel größer aussieht! Vielleicht sollten wir ihm erlauben, das nächste Mal seinen Teddy mit auf die Wache zu nehmen.
    Ich betrachtete den Albatros, ein beeindruckender Vogel, allein schon wegen der Größe seines gefiederten Körpers. Bei seinem Anblick wurde mir klar, wie leicht man diese Vögel für etwas anderes halten konnte, für geheimnisvolle geflügelte Säugetiere oder sogar

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