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Airborn 01 - Wolkenpanther

Airborn 01 - Wolkenpanther

Titel: Airborn 01 - Wolkenpanther Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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bin, ob Ihr Großvater wirklich wusste, was er sah.«
    »Wie können Sie das nur sagen? Er hat sie zwei Tage lang beobachtet und sich Notizen gemacht wie ein Wissenschaftler. Er kann all diese Dinge nicht erfunden haben. Nicht so ausführlich!«
    Auch ich fand, dass das Buch zu viele Informationen enthielt, um nur seiner Phantasie entsprungen zu sein, selbst wenn er im Delirium gewesen sein sollte. Ich dachte an die Zeichnungen; eine schwache, zitternde Hand hätte unmöglich diese klaren Linien ziehen können.
    »Er hat sie nur aus der Ferne gesehen«, wandte ich dennoch ein.
    »Das stimmt, aber denken Sie doch nur, was er alles beobachtet hat! Wie sie fressen, wie sie ihre Jungen gebären!«
    »Aber diese Bilder ganz am Schluss.« Ich hatte schon die Lüfte über dem Atlantikus und dem Pazifikus durchkreuzt und noch nie solche Tiere gesehen. Wie konnte ich ihr nur begreiflich machen, dass ihr Großvater krank gewesen war und seine erblindenden Augen lediglich die Trugbilder gesehen hatten, die sein fiebriger Verstand in die dünne Luft projizierte. Ich dachte an ihre Kameraausrüstung, an die Flaschen mit Chemikalien, und brachte es nicht übers Herz, die Wahrheit auszusprechen.
    »Sie denken wie alle anderen«, sagte sie und es lag eine neue Härte in ihrer Stimme.
    »Ich glaube, dass es Ihrem Großvater nicht gut ging und dass er gewisse Dinge gesehen hat. Möglicherweise«, fügte ich hinzu. Das freundliche Leuchten in ihren Augen war merklich abgekühlt, wie ich voller Unbehagen feststellte.
    »Nein. Er hat sie gesehen. Er hat sie tagelang beobachtet.«
    Sie hielt das Logbuch mit beiden Händen so fest umklammert, dass ihre Knöchel weiß wurden. »Mag sein, dass er am Ende krank war«, sagte sie. »Aber vielleicht wollte er ja auch gar nicht, dass wir diese letzten Zeichnungen für bare Münze nehmen. Er phantasierte einfach.«
    »Ihr Großvater ist nicht der Erste, der solche Dinge gesehen hat. Man bezeichnet sie auch als Luftgeister. Man sieht sie ab und an, meistens handelt es sich um Wasserspiegelungen. Alle möglichen merkwürdigen atmosphärischen Erscheinungen. Luftschiffmänner haben früher ständig davon berichtet. Wie die Matrosen früher, die glaubten, sie hätten Meerjungfrauen gesehen. Dabei waren es nur Tümmler und Narwale und so.«
    Ich merkte, dass ihr meine Worte nicht gefielen. Ich beleidigte sie. Aber was sollte ich sonst sagen? Ich klärte sie nur über die Tatsachen auf.
    »Vielleicht sollten Sie mit dem Kapitän darüber sprechen«, schlug ich vor. »Ich bin mir sicher, dass er sich gerne mit Ihnen unterhält, Miss.«
    Kapitän Walken hatte das Logbuch bestimmt letztes Jahr gelesen, nachdem wir die Gondel an Bord geholt hatten. Ich fragte mich, warum er die seltsamen Dinge, die darin standen, nie erwähnt hatte. Dann wurde mir klar, warum: Niemals hätte er mit jemand anderen als den zuständigen Offizieren und Behörden über das Logbuch eines anderen Kapitäns gesprochen. Es handelte sich um ein vertrauliches Dokument. Der Mannschaft und dem Kabinenpersonal hätte er gewiss nichts davon erzählt.
    »Ich brauche nicht mit dem Kapitän darüber zu reden. Er wird das Gleiche sagen wie Sie.«
    »Es ist ja nicht so, dass ich nicht danach gesucht hätte«, platzte es aus mir heraus, als sie sich schon zum Gehen wandte. »Ich habe Ausschau gehalten, nach allen möglichen Dingen. Ich gebe Ihnen mein Wort darauf. Jedes Flimmern am Himmel.« Ich schüttelte den Kopf. »Aber ich habe nie etwas gesehen. Dabei würde ich es liebend gerne. Was Ihr Großvater da beschrieben hat, ist wirklich erstaunlich. Mir ist es heiß und kalt geworden beim Lesen.«
    »Mir auch!«, erwiderte sie und nickte stirnrunzelnd. »Dieses Kribbeln. Ich spüre es jedes Mal, wenn ich sein Logbuch lese, und das habe ich mittlerweile schon hundert Mal getan.«
    Sämtliche Passagiere im Salon, darunter auch Miss Simpkins, drängten sich immer noch an den Fenstern, gefesselt vom Anblick des Vulkanausbruchs. Der Berg bot ein ziemlich beeindruckendes Spektakel. Mittlerweile brannte die halbe Insel und die Lava ergoss sich knisternd und dampfend ins Meer.
    »Haben Sie das Logbuch noch anderen Leuten gezeigt?«, fragte ich. »Bestimmt wissen Ihre Eltern davon.«
    Ihre Nasenflügel verengten sich, während sie wütend Luft holte. »Denen ist die ganze Sache einfach nur peinlich. Mutter hat ihn schon immer für sonderbar gehalten. Das Reisen, die Ballons – mein Großvater war für sie immer schon ein wenig verrückt.

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