Airborn 02 - Wolkenpiraten
Stunden an Bord der Hyperion und die Nacht zog herauf. Als die Außentemperatur kräftig sank, schafften es die Heizer nur mit Mühe, das Ingenierium gerade noch frostfrei zu halten. Wir waren alle erschöpft.
Ein paar Stunden zuvor hatte Kate Hal gefragt, ob sie zum toten Zoo gehen könne, um Grunels Sammlung aufzulisten. Widerstrebend hatte er ihr eine halbe Stunde eingeräumt. Ich hatte sie begleitet und die Lampe gehalten, während sie hastig Einzelheiten über die Kreaturen in den Schaukästen aufschrieb. Es zeigte sich, dass ihre tragbare Kamera bei der großen Kälte nicht funktionierte. Als sie den Yeti fotografieren wollte, öffnete sich nicht einmal der Verschluss. Obwohl sich Kate bitter darüber beschwerte, dass sie nicht annähernd genügend Zeit hätte, zitterten wir beide heftig, und Kate konnte kaum noch ihren Bleistift halten, als die halbe Stunde vorbei war, und wir zogen uns in das vergleichsweise warme Ingenierium zurück.
Nachdem wir wieder unter die Decken gekuschelt saßen, fiel mir auf, dass Kate und Nadira häufiger Züge aus den Sauerstoffbehältern nahmen. Hal und ich hatten unseren Sauerstoffvorrat nicht angerührt. Ich machte mir Sorgen, ob er bis zu unserer Rettung reichen würde. Inzwischen hatten wir alle einen trockenen Husten, Nadiras war aber am schlimmsten …
Wir brauchten dringend Schlaf. Ich übernahm freiwillig die ersten zwei Stunden Wache. Kate und Nadira setzten ihre Masken auf und legten sich schlafen. Hal schlief auch, ohne Sauerstoff, hustete aber und murmelte im Traum vor sich hin. Alle halbe Stunde schalteten sich die Sprinkler im Vivarium ein und ließen den Frost an den Scheiben schmelzen, der sich aber immer wieder neu bildete. Ich hatte einen freien Blick auf die Aerozoen, die teilnahmslos umhertrieben. Der Sturm hatte etwas nachgelassen, aber noch immer ächzte und stöhnte das Schiff.
Jetzt hätte ich gerne Grunels Tagebuch dabeigehabt und mir die Skizzen von seiner fliegenden Stadt angesehen. Die große Maschine gab ein seltsames Knarren von sich, und ich blickte misstrauisch zu ihr hinüber, immer noch in Sorge, sie würde sich aus ihrer Verankerung reißen und uns im Schlaf zerschmettern.
Wenn Hal diese Pläne nicht so schnell zurück in die Röhre gesteckt hätte, wüssten wir jetzt vielleicht, wie die Maschine tatsächlich arbeitete. Ich stand auf und besah mir ihre Lichter und Instrumente und horchte auf das beständige Wassergurgeln in den Röhren. Offensichtlich zirkulierte das Wasser in und aus dem großen Tank oben an der Wand. Der Generator gab wie ein Bullerofen Wärme ab.
Der Geruch nach Hydrium, den ich schon vorher bemerkt hatte, war nun stärker geworden. Ich glaubte nicht, dass er vom Vivarium kam. Schnüffelnd verfolgte ich ihn zur Rückseite der Maschine, wo ein dicker Schlauch von der Maschine zu einer Öffnung in der Schiffswand führte. An der Verbindungsstelle war etwas Wasser gefroren, das Gummi war eingerissen. Ich hörte das Zischen von entweichendem Gas und ging mit der Nase dichter heran. Der Geruch nach reifen Mangos wurde immer intensiver. Der Riss war klein, und ich hielt es eigentlich für wenig wahrscheinlich, dass das Hydrium den ganzen Raum ausfüllen und uns ersticken könnte. Doch wir hatten sowieso nur wenig Luft und ich wollte nichts riskieren. So wühlte ich auf den Werkbänken herum, bis ich Isolierband fand und es dann dreimal um den Riss wickelte. Das Zischen hörte auf und der Geruch verflüchtigte sich.
Diese Maschine produziert Hydrium, machte ich mir erstaunt klar.
Von so etwas hatte ich noch nie gehört. Hydrium kam aus tiefen Spalten in der Erde und musste verfeinert werden, bevor es als Auftriebsgas verwandt wurde. Irgendwie hatte Grunel herausgefunden, wie man es selbst herstellen konnte. Was diese Anlage sonst noch alles konnte, vermochte ich mir nicht vorzustellen.
Als ich Hal später für seine Wache weckte, erzählte ich ihm von meiner Entdeckung.
»Ich wäre glücklicher«, sagte er, »wenn der Apparat Gold produzieren würde. Schlaf jetzt.«
Ich legte mich hin und spürte die dünne Luft intensiver als zuvor. Ich war versucht, etwas von meinem Sauerstoff zu nehmen, aber ich wollte ihn dann doch lieber für Kate und Nadira aufheben, falls sie ihn bräuchten. Es dauerte eine Weile, bis ich einschlafen konnte.
Ich träumte, wir schliefen alle im Ingenierium und würden von einem furchtbar kreischenden Geräusch geweckt. Es kam aus dem großen Sarg. Ich war vor Schreck wie erstarrt, doch Kate, Nadira
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