Airborn 02 - Wolkenpiraten
und Hal wirkten einigermaßen gelassen und meinten, dass da irgendjemand drin sein müsste. Sie sagten, ich solle hingehen und den armen Kerl rauslassen. Das wollte ich nicht, doch ohne auch nur wissentlich einen Fuß zu bewegen, stand ich plötzlich aufrecht und näherte mich dem Sarg. Das Kreischen erklang immer öfter und drängender wie von einer riesigen, verrückten Gans. Ich wusste, was ich vorfinden würde.
Ich hievte den Deckel hoch, und da war sie wieder, dieselbe missgestaltete Kreatur, die ich hinter der Tür gesehen hatte. Sie war halb von Eis umschlossen und versuchte zu sprechen, doch Kehle und Mund waren gefroren, und sie bekam kein Wort heraus. Ich riss mich selbst aus dem Schlaf und wachte mit einem Schrei in der Kehle auf.
Kate starrte mich an. »Du hast ein ziemlich beunruhigendes Geräusch gemacht«, sagte sie. »Ein Albtraum?«
Ich nickte, wollte ihn aber nicht erzählen, denn er waberte noch mit erschreckender Klarheit durch meinen Kopf. Ich blickte hinüber zu dem Sarg. Der Deckel war geschlossen. Das Licht brannte noch und die Heizer arbeiteten. Die Maschine blinkte und Wasser gurgelte.
»Der Wind hat sich gelegt und wir steigen«, sagte ich. Schiffsbewegungen habe ich immer gespürt. Ich wusste, ob wir stiegen, fielen oder eine Wendung machten, egal, wie langsam die Bewegung war.
»Ich hab das gar nicht bemerkt«, meinte Kate.
»Nur sehr sanft.« Ich wollte sie nicht erschrecken. Doch ich fragte mich, wie lange das schon ging. Nur hundert Fuß höher, und die Luft wurde immer dünner. Ich sah zu Nadira, die noch unter ihrer Sauerstoffmaske schlief. Ihr Atem ging schnell und flach.
»Hal hat gesagt, ich soll ihr den Sauerstoff um halb vier abdrehen, aber ich hab es nicht über mich gebracht.«
Ich nickte, rechnete aber nach, wie viel Sauerstoff wir noch hatten. Je länger wir in dieser Höhe blieben, desto mehr würden wir von zusätzlichem Sauerstoff abhängig werden. Ich konnte nicht verstehen, warum ich mich nicht benommener fühlte. Ich brauchte länger, um etwas zu tun, jeder Schritt war eine Anstrengung, aber ich hatte noch keine Schwierigkeiten. Kate sah sehr müde aus und die Haut unter ihren Augen war gerötet.
»Wie geht es dir?«, fragte ich.
»Ich wünschte, ich wüsste mehr über Chemie.«
Ich musste lachen. »Das muss sehr quälend sein.«
»Ich versuche einfach dahinterzukommen, wie sie das machen. Die Aerozoen.« Ich sah, dass sie eines ihrer kleinen Notizbücher vor sich hatte. In diesem Moment empfand ich eine richtige Zuneigung zu ihnen. Die Notizbücher waren ebenso ein Teil von ihr wie ihr Haar oder die herrischen Nasenflügel.
»Sie scheinen so wenig zu sich zu nehmen. Ein bisschen Essen, ein bisschen Wasser. Doch das liefert offenbar ausreichend Energie, um sie am Leben zu erhalten. Sie produzieren Hydrium und eine erhebliche Menge Elektrizität, vermutlich um Angreifer abzuwehren. Ich frage mich, ob sie nicht irgendwie aus dem Sonnenlicht Energie gewinnen. Im Grunde genommen stellen sie perfekte kleine Maschinen dar.«
Hätte sie nicht das Wort Maschine gebraucht, hätte ich die Verbindung vielleicht nicht herstellen können. Aber jetzt verstand ich.
»Die haben ihn auf die Idee gebracht«, sagte ich und zeigte auf das Aerozoon, das Grunel verdrahtet hatte. »Deshalb hat er sie gehalten. Er hat sie studiert, um herauszufinden, wie sie so viel Elektrizität produzieren können. Und er hat sie kopiert!«
»Was ist los?«, fragte Hal und sah blinzelnd zu uns her.
»Matt hatte einen Geistesblitz«, sagte Kate.
»Die Maschine«, erklärte ich aufgeregt. »Ich bin dahintergekommen, was sie macht.«
Ich hatte erwartet, Hal würde sich umdrehen und weiterschlafen, doch er seufzte und setzte sich auf.
»Er nützt die Sonne. Mit dem großen Teleskop sammelt er Licht, wie die Aerozoen die Sonnenenergie sammeln müssen. Irgendwas passiert dann da drin. Das ist wie ein riesiger Generator, aber er braucht nur Wasser und Luft, um eine elektrische Ladung zu erzeugen. Ich hab keine Ahnung, wie. Und dann, als ein Nebenprodukt, erzeugt er Wärme, noch mehr Wasser und Hydrium.«
»Hydrium?«, fragte Kate.
»Auf der Rückseite gibt es eine Leitung, durch die Hydrium abgelassen wird. Und das Wasser zirkuliert, um den Prozess in Gang zu halten.«
»Dann ist dies also eine große Batterie.« Hal zuckte mit den Schultern.
»Nein, nicht einfach eine Batterie«, sagte ich. »Die Maschine liefert Kraft aus nichts. Also nicht genau aus nichts, aber nur aus Luft und
Weitere Kostenlose Bücher