Airborn 02 - Wolkenpiraten
kleinen Knopf und schob dann das ganze Paneel zur Seite.
Im Licht der Lampe erkannte ich Trossen und die großen Ketten, mit denen von der Führergondel aus Höhen- und Seitenruder gestellt wurden, und darüber die Unterseite des Ingenieriumbodens aus Titan. In regelmäßigen Abständen waren daran Bündel von Dynamitstäben befestigt, die durch ein Geflecht aus dünnen Drähten miteinander verbunden waren.
Nadira hatte Recht gehabt: Das gesamte Ingenierium war eine Sprengfalle. Wenn irgendjemand versuchte, durch Fenster, Wände, Türen oder Decke einzudringen, gäbe es eine gewaltige Explosion.
Als ich meine Lampe zurückzog, blitzte etwas auf. Genau eingepasst zwischen die hölzernen Rippen des Schiffs waren Kisten aufgereiht. Der mir am nächsten stehenden fehlte der Deckel – und aus ihm schimmerten mir glänzende Goldbarren entgegen. Die oberen Lagen waren ungleich, als hätte sich bereits jemand bedient.
Ich blickte aufmerksam den Gang auf und ab, doch ich war noch immer allein.
Dann starrte ich wieder das Gold an. Hier war er nun, unser Schatz. Doch sein Anblick schenkte mir keine Befriedigung. Im Gegenteil.
Ich könnte zurücklaufen und es Hal erzählen. Der würde zumindest unsere Rucksäcke füllen und sie dann später an Bord der Saga bringen. Aber das würde mehr Zeit und Kraft kosten, als mir noch geblieben war.
Ich könnte auch reingreifen und ein paar schmale Barren für mich selbst nehmen, doch ich hatte keine Taschen, um sie zu transportieren. Und selbst wenn ich meinen Rucksack dabeigehabt hätte, würde ich nicht einen einzigen davon nehmen. Denn die Nahrung für die Verwirklichung meiner alten Träume wog zu schwer. Für das, was auf mich zukam, musste ich so leicht wie möglich sein.
Ich schob das Paneel wieder vor und ging mit völlig verkrampftem Magen weiter. Leise stieg ich die Treppe hoch, öffnete vorsichtig die Falltür und kletterte in den Sarg. Dann rutschte ich unter das Periskop, zog das Okular zu mir herunter und hielt mir das Hörrohr ans Ohr.
Die tragbaren Lampen erleuchteten noch immer den Raum. Grunels Prometheusmaschine war völlig zerstört worden. Ihre Innenteile lagen verstreut herum, der riesige Messingzylinder war umgestürzt und zerschlagen. Barton war zusammen mit Zwingli, dem Schlosser, eifrig dabei, die verschiedenen Trümmerteile zu sichten.
Rund fünfzehn Fuß vom Sarg entfernt saß Kate auf einem Stuhl. Die Sauerstoffmaske hatten sie ihr weggenommen, wohl um sie zu schwächen. Ich konnte sehen, wie schnell sich ihre Brust hob und senkte, während sie nach Luft rang. Neben ihr stand John Rath, beide Hände unbeholfen mit Bandagen umwickelt. Eine Pistole hatte er nicht.
Ich schwenkte das Periskop, um nach der übrigen Mannschaft zu sehen. Auf dem Boden sah ich zwei Tote liegen, von denen der eine völlig verschmort war. Der andere musste der sein, den Hal niedergeschossen hatte. Die restlichen drei Männer hatten sich rechts und links der Eingangstür zum Ingenierium postiert, die Pistolen bereit für jeden, der so dumm war hereinzukommen. Hal hatte Recht. Sie hatten keineswegs einen Austausch beabsichtigt. Sie hätten uns beim Eintreten sofort erschossen.
Zu meiner großen Erleichterung war das Vivarium immer noch zugefroren und unversehrt. Rath und seine Spießgesellen hatten sich nicht die Mühe gemacht, nachzuschauen, was sich hinter dem vereisten Glas befand. Von den Schlüpflingen war nichts zu sehen. Vielleicht hatten alle die Rohrpoströhren gefunden und segelten nun durch das Schiff. Die Hyperion schlingerte weiter höher in den Himmel. Von der Schiffswand gedämpft, dröhnte das Tuten eines Horns.
»Es kommt Sturm auf«, hörte ich Rath zu Barton sagen. »Das Schiff will uns zurückhaben. Es wird beschädigt, wenn wir mit der Hyperion verbunden bleiben. Wir müssen uns abkoppeln.«
»Nicht bevor wir die Pläne haben«, sagte Barton.
»Jungs, noch fünf Minuten«, informierte Rath seine Männer. »Dann geht’s zurück ins Schiff.«
»Das sind nicht meine Anweisungen«, sagte Barton scharf.
»Ich will nicht, dass mein Schiff zum Wrack wird.«
»Das ist nicht Ihr Schiff, solange unsere Unternehmung nicht abgeschlossen ist.«
»Wenn wir tollkühn werden, sterben alle«, sagte Rath drohend.
Das Schiff bockte wieder unbeholfen und alle hatten Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht.
»Deine Freunde scheinen sich ja keine großen Sorgen um dein Wohlbefinden zu machen«, sagte Barton zu Kate.
Klugerweise antwortete sie nicht.
Leise hob ich den
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