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Airborn 02 - Wolkenpiraten

Titel: Airborn 02 - Wolkenpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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Scharf und spitz.«
    Hal wusste das nur, weil ich es ihm erzählt hatte. Er hatte sich nicht unter dem stinkenden Schlund befunden, kurz davor, aufgespießt zu werden. Aber ich verstand, dass das seine Show war, und mir war nicht danach, um die beiden herumzuschwänzeln und zu versuchen mitzumischen. Daher ging ich in die Küche und fragte Mrs Ram, ob ich etwas zu essen haben könnten. Den Teller trug ich in die Messe und machte mich über mein einsames Mahl her. Ich fühlte mich erbärmlich. Durch die Tür konnte ich Hal und Kate sehen, die sich immer noch angeregt unterhielten.
    »Es muss einen Namen bekommen«, sagte sie.
    »Natürlich«, sagte Hal. »Such einen aus. Diese Ehre gebührt dir!«
    »Nein, eigentlich dir, denn du hast sie zuerst gesehen.«
    »Ich bestehe darauf.«
    »Das ist sehr zuvorkommend von dir. Danke sehr.« Sie überlegte einen Moment. »Aerozoon. Kreatur des Himmels.«
    »Wunderbar«, kommentierte Hal.
    Ich wünschte, ich wäre gar nicht in den Salon gekommen. Natürlich waren Hal und Kate während der zwei Tage, an denen ich so hart an Bord gearbeitet hatte, viel zusammen gewesen. Jeder Blick, den sie ihm zuwarf, jedes freundliche Wort war Gift für mich. Ich konnte das nicht ertragen.
    Nadira kam aus dem Salon herein und setzte sich mir gegenüber an den Esstisch.
    »Was dagegen, wenn ich mich zu dir setze?«, fragte sie.
    »Überhaupt nicht«, sagte ich, obwohl ich merkte, wie mein Mund trocken wurde.
    Es waren die ersten Worte, die wir seit dem Vorfall im Krähennest miteinander wechselten. Ich dachte lieber an einen Vorfall als an einen Kuss. So fühlte ich mich weniger schuldig.
    »Ich hab mich gefragt«, sagte sie mit gedämpfter Stimme, »ob du etwas Mathematik mit mir üben willst.«
    Als ich sah, dass sie eines meiner Lehrbücher aus dem Salon geschmuggelt hatte, musste ich lächeln.
    »Das ist sehr nett von dir. Willst du das wirklich?«
    Sie tippte auf den Einband. »Ich hab neulich schon mal reingesehen und die Seite gefunden, an der du bist.«
    »Schreckliches Zeug.«
    »Wirklich schrecklich. Aber ich glaub, ich hab den Durchblick.«
    »Ehrlich?«
    »Ich hab zwei Stunden gebraucht, bis ich’s hatte, aber was soll ich auch sonst hier machen?«
    Ich brachte Teller und Besteck zurück zur Durchreiche und bedankte mich bei Mrs Ram, dann setzte ich mich neben Nadira. Von hier aus konnte ich Kate und Hal nicht sehen, worüber ich froh war, denn ich hatte genug von ihrem Gesülze, und außerdem wollte ich lieber nicht, dass sie mitbekamen, wie Nadira mir beim Lernen half. Miss Simpkins konnte uns allerdings deutlich durch die offene Tür sehen und warf gelegentlich einen Blick auf uns. Zweifellos würde sie Kate erzählen, dass ich jetzt die Gesellschaft von Zigeunerinnen bevorzugte.
    Nadira zog ihren Stuhl heran und wir beugten uns über das Buch. Unsere Gesichter waren nahe beieinander. Sie roch angenehm. Ich musste mich auf die Aufgabe konzentrieren.
    Sie hatte nicht gelogen, sie war gut in Mathe. Und sie war eine gute Lehrerin, klar und geduldig. Es war, als würde sie mit den Zahlen eine Geschichte erzählen, mit einem Anfang, einem Mittelteil und einem Ende. Und plötzlich ergab das alles für mich einen Sinn.
    »Mein Professor hat das nicht gekonnt«, sagte ich dankbar zu ihr. »So gut zu erklären. Das war großartig.«
    Sie zuckte mit den Schultern, aber es war deutlich, dass sie sich freute. »Jederzeit wieder.«
    Wir saßen immer noch über das Buch gebeugt und einen Moment lang blickten wir uns schweigend an. Der Drang, sie zu berühren, war so groß, dass ich mich am Hals kratzte und zurücklehnte. Ich überlegte, was ich sagen könnte.
    »Du hast bestimmt Pläne, für später, wenn das hier vorbei ist«, sagte ich.
    Sie blickte auf den Tisch. »Ich weiß noch nicht. Das kam alles so schnell, weg von zu Hause, um dich zu finden. Ich weiß nicht, ob ich schon einen Plan habe.« Sie deutete mit dem Kinn Richtung Salon. »Ich hab all die Zeitungen und Zeitschriften durchgesehen, ich hab alles über die Welt gelesen und versucht mir vorzustellen, wie ich da reinpasse.«
    »Ich denke, du kannst alles schaffen, was du nur anfasst.«
    Sie lächelte, und zum ersten Mal sah ich, dass sie Angst hatte. Wenn man jemanden im Hagel der Pistolenkugeln über Dächer hat springen sehen, kann man sich nur schwer vorstellen, dass dieser Jemand Angst vor etwas haben könnte. Vielleicht war ihr Zuhause nicht besonders gut gewesen, aber es war eines, und sie hatte es verlassen und sich in ein

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