Airborn 02 - Wolkenpiraten
Jangbu.
»Dann von einem anderen Schiff.«
»Von unserem Schiff«, sagte Jangbu.
Hal sagte nichts.
»Es ist kein anderes Schiff in Sicht«, fuhr Jangbu fort. »Die Signale sind sehr stark. Sie können nur von unserem Schiff kommen.«
Einen Augenblick lang stand Hal vollkommen regungslos da, mit maskenhaftem Gesicht. Dann drückte er sorgfältig die Zigarre aus. Er wandte sich an Nadira. Seine Stimme war beängstigend ruhig.
»Wo ist der Sender?«
»Was meinst du damit?«, fragte sie erschrocken.
»Wo zum Teufel ist er?«, schrie er.
»Du glaubst, sie hat ihn an Bord gebracht?«, fragte ich und verstand erst jetzt Hals blitzschnelle Folgerung.
»Natürlich hat sie das«, sagte Hal. »Damit John Rah uns folgen kann.«
»Hab ich nicht!«, schrie Nadira.
»Hätte ich dich nur nie an Bord meines Schiffs kommen lassen! Sag mir, wo er ist!«
Nadiras Augen waren groß vor Angst. »Ich weiß nichts davon. Ich schwöre.«
»Du verlogene Zigeunerin!« Er packte sie grob am Arm.
»Hal!«, sagte ich und stand auf. »Das kannst du doch nicht so genau wissen!«
»Natürlich kann ich das. Die verbindet mehr mit diesen Schurken, als sie rauslässt.« Er zerrte Nadira zur Tür. »Du kommst mit mir. Wenn du uns nicht sagst, wo er ist, durchsuchen wir deine Kabine und alles, was du mit an Bord gebracht hast.«
»Das geht so nicht, Hal«, sagte ich.
»Geh aus dem Weg!«, rief er und stieß mich zur Seite, als er mit Nadira aus dem Salon marschierte.
Ich stand da wie erstarrt. Ein Teil von mir wusste, dass Hal Recht haben könnte. Ich hatte Nadira aus einem guten Gefühl heraus vertraut, aber wir wussten sehr wenig über sie. Ganz offensichtlich hatte sie Geheimnisse, und einige davon möglicherweise der dunkleren Art. Aber mit den Piraten unter einer Decke stecken? Das schien mir allzu ruchlos. Aber wer sonst konnte den Signalsender an Bord gebracht haben?
Sie waren in meinem Zimmer.
In Paris, als ich im Innenhof stand, da hatte ich eine Bewegung hinter meinem Fenster gesehen. Das hatte ich mir nicht nur eingebildet.
Ich rannte aus dem Salon, den Korridor entlang, riss die Tür zu meiner Kabine auf, zerrte den Seesack unter meiner Koje hervor und löste die Kordel, mit der er zugebunden war. Ich ließ den ganzen Inhalt auf den Boden fallen und nahm alles in die Hand, schlug die Bücher auf und klopfte die Kleidungsstücke nach verdächtigen Beulen ab.
Dann hob ich den Seesack hoch, um zu prüfen, ob ich irgendetwas übersehen hatte, aber er war leer. Trotzdem wirkte er schwer. Und dann fiel mir ein, wie eigenartig schwer er mir vorgekommen war, als ich ihn zum ersten Mal in Paris über die Schulter geworfen hatte. Mir war schlecht, als ich mein Taschenmesser hervorholte und den verstärkten Boden aufschlitzte. Ich schob meine Hand zwischen die beiden Segeltuchlagen und ertastete eine dünne Raute aus Metall. Ich zerrte sie heraus. Trotz ihrer geringen Größe wog sie schwer in meiner Hand. Aus dem einen Ende führte eine lange, sehr dünne Antenne, deren Ende noch immer im Seesack steckte. Ich zog immer mehr davon heraus und noch mehr, denn sie war sehr lang und raffiniert in das Gewebe meines Seesacks eingewoben, was ihn zu einem enormen Sender machte und seinen teuflischen Signalen genug Kraft verlieh, meilenweit durch den Himmel gesendet zu werden. Das Ende der Antenne war tief in dem Stoff verhakt und ich konnte es nicht herausreißen. Also ließ ich alles auf dem Boden liegen, rannte aus der Kabine und den Korridor hinunter.
Ich platzte in Nadiras Kabine. Hal und Jangbu waren dabei, ihren Seesack zu durchwühlen.
»Was ist das denn?«, fragte Hal und hielt ein Silberetui hoch.
»Gib das her«, sagte Nadira. »Das ist was Persönliches.«
»Da bin ich ganz sicher«, schnaubte er.
»Hal, warte«, sagte ich.
Hal öffnete das Etui. Es war ein Bilderrahmen mit Scharnier und ich erhaschte einen Blick auf ein Foto von einer Frau und einem Mann im Hochzeitsstaat.
»Ich hab ihn gefunden«, sagte ich. »Den Sender. Er war in meinem Seesack.«
»Bist du sicher?«
Nadira versuchte, Hal das Bildetui aus der Hand zu winden, aber in ihrer Hast stieß sie es zu Boden. Ich bückte mich schnell, um es für sie aufzuheben. Wieder fiel mein Blick auf das Bild. Die Frau war eindeutig Nadiras Mutter, und in dem Moment, als mir das Foto aus der Hand gerissen wurde, erkannte ich den Mann. Nadiras Vater. Es war Vikram Szpirglas.
11. Kapitel
Das Ende der Welt
»Du kannst sie nicht einfach einsperren«, sagte ich zu
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