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Airborn 02 - Wolkenpiraten

Titel: Airborn 02 - Wolkenpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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seinem linken Auge ein großes Loch, wo eine Gewehrkugel in seinen Schädel eingedrungen war. Um das Loch herum war das Fell versengt. Das war allerdings nicht das einzige Loch. Zwei weitere sah ich in der breiten Brust in der Nähe seines Herzens.
    Selbst die toten, bewegungslosen Glieder vermittelten noch einen Eindruck seiner Kraft. Mit einer einzigen Handbewegung hätte er das Glas zertrümmern können. Er hätte einen Mann hochheben und zerquetschen können wie einen Maiskolben.
    »Das ist ein Yeti«, sagte Kate.
    »Nie im Leben.« Hal schnaubte verächtlich und sah zu Dorje.
    Der blickte die Kreatur schmerzerfüllt an. »Mein Vater hat bis zu seinem Todestag darauf bestanden, dass er einen gesehen hätte.«
    »Das ist bestimmt eine Fälschung«, meinte Hal. »Könnte einen guten Teppich abgeben, was, Cruse?«
    »Grunel hatte kein Interesse an Fälschungen für seine Sammlung«, sagte Kate. »Diese Dinge waren nur für ihn allein bestimmt. Wenn sich etwas in seiner persönlichen Sammlung befindet, ist es echt.«
    »Ich kann mir nicht denken, dass dies den Göttern des Himmels gefällt«, sagte Dorje ärgerlich. »Ein Wesen des Großen Berges ausgestopft und so zur Schau gestellt! Das raubt nicht nur dem Wesen jede Würde, sondern auch dem Menschen, der diese Aufgabe durchgeführt hat.« Dorje wandte sich ab. »Dieser Grunel ist ein Ungeheuer. Es hat einen Grund für die Tragödie gegeben, die dieses Schiff getroffen hat. Ich will lieber nicht darüber nachdenken, als was er sein nächstes Leben zu leben hat.«
    Das war sehr ernüchternd, und ich glaube, keiner von uns wusste so recht, was er sagen sollte. Ich jedenfalls mochte das Bild von Mr Grunel nicht, das langsam für mich Gestalt annahm. Ein reicher Mann, dem es an nichts auf der Welt mangelt, reist herum und erschießt seltene Tiere für seine Sammlung, die nicht einmal der Wissenschaft zugute kommt. Das war widerwärtig.
    »Ich habe den größten Respekt vor dem Yeti«, versicherte Kate, »aber ich möchte ihn mitnehmen.«
    »Du kriegst ihn gar nicht die Leiter hoch«, sagte Hal. »Er ist zu groß.«
    »Dann die Knochen.«
    »Du willst ihn sezieren?«, fragte ich.
    »Das hier ist eine sehr hochwertige Präparation«, sagte sie. »Vermutlich haben sie ihn erst gehäutet, dann von seinem Körper einen Gipsabdruck hergestellt, das Fell behandelt und über den Gipskörper gezogen. Das Einzige, was an diesem Burchen echt ist, dürften seine Haut und das Fell sein. Die Knochen sind vermutlich separat verwahrt. Ich hoffe nur, dass sie Fotos beim Sezieren gemacht haben. Die Organe, die Körperstruktur und so weiter. Vielleicht …«
    Unter den Schaukästen befanden sich jeweils tiefe Schubladen. Kate beugte sich hinunter und zog eine auf. Unter einer Glasscheibe waren sorgfältig beschriftete, in Schaumstoff gebettete Knochen.
    »Er war ein gut organisierter Mann«, bemerkte ich.
    »Du kannst doch nichts dagegen haben, wenn ich die mitnehme«, sagte Kate zu Hal.
    »Schreib sie auf deinen Wunschzettel«, antwortete der. »Wenn wir das Schiff durchsucht haben, kommen wir wieder her. Jetzt habe ich genug Zeit an diesen toten Zoo verschwendet.«
    Ich beobachtete ihr Gesicht und wartete auf eine Reaktion. Gerne hätte ich gesehen, dass sie Hal widersprach, obwohl ich ebenso ungeduldig war wie er. Ich wollte Gold in den Händen halten, keine Knochen.
    »Das ist eine fliegende Schatzkammer«, bemerkte Kate kühl.
    »Für dich vielleicht«, sagte Hal. »Aber ein überdimensionaler Schimpanse bringt uns anderen nichts.«
    »Oh, das ist auf keinen Fall ein Schimpanse«, erwiderte Kate scharf. »Möglich ist eine Verwandtschaft zum Gorilla oder vielleicht gleicht er auch mehr dir.«
    »Sehr witzig, Miss de Vries. Jetzt aber weiter!«
    Wir verließen den toten Zoo und gingen über den Kielsteg Richtung Heck. Nach wenigen Schritten erreichten wir die nächste gepanzerte Tür, diesmal steuerbords. Wieder zog Nadira den Schlüssel aus ihrem Etui und hin und her drehend und schiebend öffnete sie das Schloss. Diesmal waren wir auf das Ritual vorbereitet: das Ticken, das dumpfe Klacken, das Ausspucken des Schlüssels.
    Das ganze Schiff atmete für mich die schreckliche Erwartung aus, als wäre es nur vorübergehend eingefroren und die ganze Besatzung könnte jeden Moment auf schauerliche Weise wieder zum Leben erwachen. Besonders stark empfand ich das nun, als ich vor der Schwelle zu diesem Raum stand, kurz bevor die Tür aufglitt.
    Dort drinnen war etwas.
    Etwas, das

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