Airframe
Aber alle asiatischen Fluggesellschaften expandierten sehr schnell und ließen wegen der zusätzlichen Trainingsstunden im allgemeinen größere Crews fliegen.
Casey blätterte weiter. Das nächste Fax war vom FSR in Vancouver.
Von: S. Nieto, FSR Vanc.
An: C. Singleton, QA/IRT
FYI Flug Crew TPA 545 Freiflug auf TPA 832 von LAX nach Vancouver, Erster Offizier Lu Zan Ping von Notdienst Vancouver wegen zuvor nicht erkannter Schädelverletzung von Bord genommen. OFZ komatös in Vanc Gen Hosp, Details folgen. Restliche Crew von TPA 545 heute Transit nach Hongkong.
Der Erste Offizier hatte also doch ernsthafte Verletzungen davongetragen. Er mußte das Crewmitglied gewesen sein, das sich zur Zeit des Vorfalls im Heck aufhielt. Der Mann, dessen Mütze sie gefunden hatte.
Casey diktierte ein Fax an den FSR in Vancouver mit der Bitte, den Ersten Offizier so bald wie möglich zu befragen. Sie diktierte ein zweites an den FSR in Hongkong und regte ein Gespräch mit Captain Chang gleich nach dessen Rückkehr an.
Norma piepste sie an. »Fehlanzeige mit dem Jungen«, sagte sie.
»Warum?«
»Ich habe mit Maria von der Reiseabteilung gesprochen. Die hatten mit Richmans Reisen nichts zu tun. Seine Reisen wurden auf einem speziellen Firmenkonto verbucht, anscheinend ein Sonderkonto für Sachen im Ausland außerhalb des Budgets. Aber Maria hat gehört, daß der Junge einen ziemlich großen Batzen verbraucht haben soll.«
»Wie groß?«
»Das wußte sie nicht«, seufzte Norma. »Aber ich treffe mich morgen mit Evelyn von der Buchhaltung zum Mittagessen. Die sagt mir alles, was ich wissen will.«
»Okay. Danke, Norma.«
Casey wandte sich wieder den Faxen auf ihrem Schreibtisch zu. Sie betrafen alle andere Angelegenheiten: Eine Anfrage von Steve Young von der FAA bezüglich der Ergebnisse einer Feuerbeständigkeitsprüfung von Sitzkissen vom vergangenen Dezember.
Eine Anfrage von Mitsubishi bezüglich durchgebrannter Fünf-Zoll-Monitore in der ersten Klasse amerikanischer N-22-Großraumjets.
Eine Liste von Änderungen im N-20-Wartungshandbuch (MP. 06-62-02).
Eine Revision der Prototypen der Wartungs-Virtual-Display-Einheiten, die in den nächsten beiden Tagen geliefert werden sollten.
Ein Memo von Honeywell mit dem dringenden Rat, die D2-Stromschienen aller FDAU-Einheiten mit den Seriennummern A-505/9 bis A-609/8 zu ersetzen.
Casey seufzte und machte sich an die Arbeit.
19 Uhr 40
Glendale
Sie war müde, als sie nach Hause kam. Ohne Alisons munteres Geplapper wirkte die Wohnung leer. Da sie zu müde war zum Kochen, ging Casey nur in die Küche und aß einen Becher Joghurt. Alisons kunterbunte Zeichnungen klebten an der Kühlschranktür. Casey dachte daran, sie anzurufen, aber es war genau ihre Zeit zum Schlafengehen, und sie wollte nicht stören, wenn Jim sie zu Bett brachte.
Außerdem wollte sie nicht, daß Jim dachte, sie kontrolliere ihn, denn das war ein wunder Punkt zwischen ihnen. Er hatte immer das Gefühl, sie wolle ihn kontrollieren.
Casey ging ins Bad und stellte die Dusche an. Sie hörte das Telefon klingeln und ging noch einmal in die Küche, um abzunehmen. Es war vermutlich Jim. Sie griff zum Hörer. »Hallo, Jim … «
»Stell dich nicht blöd, du Schlampe«, sagte eine Stimme. »Wenn du Schwierigkeiten haben willst, kriegst du sie. Unfälle passieren. Wir beobachten dich jetzt im Augenblick.«
Klick.
Mit dem Telefonhörer in der Hand stand sie in der Küche. Eigentlich hielt sie sich für einen vernünftigen, nüchtern denkenden Menschen, aber jetzt hämmerte ihr Herz. Als sie den Hörer auflegte, zwang sie sich, tief durchzuatmen. Sie wußte, daß solche Anrufe gelegentlich vorkamen. Sie hatte gehört, daß auch andere Vizedirektorin abends Drohanrufe erhielten. Aber ihr war es noch nie passiert, und es überraschte sie, wie sehr sie erschrocken war. Sie atmete noch einmal tief durch und versuchte, die ganze Sache abzutun. Sie nahm den Joghurtbecher, starrte ihn an, stellte ihn wieder ab. Plötzlich wurde ihr bewußt, daß sie allein im Haus war und alle Jalousien hochgezogen waren.
Sie ging durchs Wohnzimmer und ließ die Jalousien herunter. Am vorderen Fenster blickte sie auf die Straße hinaus. Im Licht der Straßenlaternen sah sie eine blaue Limousine, die wenige Meter von ihrem Haus entfernt stand.
Zwei Männer saßen in dem Auto.
Ihre Gesichter konnte sie durch die Windschutzscheibe deutlich erkennen. Die Männer starrten sie an, als sie am Fenster stand.
Scheiße.
Sie ging zur Haustür,
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