Airframe
Vorrichtungen gehen nach Atlanta, und zwar aus einem guten Grund. Wir produzieren die Flügel in Atlanta, damit der Senator von Georgia uns nicht mehr jedesmal, wenn wir bei der Ex-Im-Bank einen größeren Kredit beantragen, die Hölle heiß macht. Das ist ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für den Senator von Georgia. Verstanden?«
»Dann sollte man ihnen das aber auch sagen«, erwiderte Ca-sey.
»Mein Gott«, sagte Marder. »Die wissen das doch. Die Gewerkschaftsvertreter sind doch bei allen Managementsitzungen mit dabei. Normalerweise sogar Brull selber.«
»Aber bei den China-Verhandlungen war er nicht dabei.«
»Ich werde mit ihm reden«, sagte Marder.
»Ich würde gern die Auslagerungsvereinbarung sehen«, sagte Casey.
»Werden Sie auch, sobald sie endgültig fertig ist.«
»Was geben wir ihnen denn?«
»Einen Teil der Nase und das Leitwerk«, antwortete Marder. »Das gleiche wie den Franzosen. Verdammt, was anderes können wir ihnen gar nicht geben, die sind doch nicht in der Lage, es zu bauen.«
»Brull hat etwas von einer Störung des IRT angedeutet. Um das China-Geschäft zu verhindern.«
»Eine Störung inwiefern?« fragte Marder und sah sie stirnrunzelnd an. »Hat er Ihnen gedroht?«
Casey zuckte die Achseln.
»Was hat er gesagt?«
»Er hat mir eine Woche Urlaub vorgeschlagen.«
»Ach du lieber Himmel«, sagte Marder und warf die Hände in die Höhe. »Das ist ja lächerlich. Ich werde gleich heute abend mit ihm reden und ihm den Kopf zurechtrücken. Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Konzentrieren Sie sich einfach auf Ihre Arbeit. Okay?«
»Okay.«
»Danke für die Warnung. Ich kümmere mich darum.«
16 Uhr 53
Norton QA Casey fuhr im Aufzug vom neunten Stock in ihre eigene Abteilung im vierten. In Gedanken ging sie das Gespräch mit Marder noch einmal durch und kam zu dem Entschluß, daß er wohl nicht gelogen hatte. Seine Entrüstung war echt gewesen. Und es stimmte, was Marder gesagt hatte - Gerüchte gab es in der Firma die ganze Zeit. Vor ein paar Jahren hatte es eine Woche gegeben, in der alle Gewerkschaftler zu ihr gekommen waren und sie besorgt gefragt hatten: »Wie geht es Ihnen?« Erst nach Tagen erfuhr sie, daß das Gerücht umging, sie hätte Krebs.
Nur ein Gerücht. Noch ein Gerücht.
Sie ging den Korridor entlang, vorbei an den Fotos berühmter Norton-Flugzeuge der Vergangenheit mit diversen Prominenten, die vor den Maschinen posierten: Franklin Delano Roose-velt neben der B-22, die ihn nach Jalta gebracht hatte; Errol Flynn mit lächelnden Mädchen in den Tropen vor einer N-5; Henry Kissinger vor der N-12, die ihn 1972 nach China geflogen hatte. Die Fotos waren in Sepiatönen gehalten, um den Eindruck von Altehrwürdigkeit und Stabilität zu vermitteln.
Casey öffnete die Tür zu ihrer Abteilung: Rauchglas mit dem erhabenen Schriftzug Abteilung Qualitätssicherung. Sie betrat einen großen Saal. Die Sekretärinnen arbeiteten alle in diesem Großraumbüro, und von dort gingen die Büros der leitenden Angestellten ab.
Norma saß an der Tür, eine kräftige Frau unbestimmbaren Alters mit bläulich schimmernden Haaren und einer Zigarette im Mundwinkel. Es war zwar verboten, in dem Gebäude zu rauchen, aber Norma tat, was sie wollte. Sie war schon länger in der Firma, als irgend jemand zurückdenken konnte; angeblich war sie eine der Mädchen auf dem Foto mit Errol Flynn und hatte in den Fünfzigern eine heiße Affäre mit Charley Norton gehabt. Ob irgend etwas davon stimmte oder nicht - sie wußte auf jeden Fall über alles Bescheid, auch über die Leichen im Keller. In der Firma wurde sie mit einer Ehrerbietung behandelt, die schon fast an Angst grenzte. Sogar Marder war in ihrer Nähe auf der Hut.
»Was liegt an, Norma?« fragte Casey.
»Die übliche Panik«, sagte Norma. »Es schneit Faxe.« Sie gab Casey einen Stapel. »Der Fizer in Hongkong hat dreimal für Sie angerufen, aber er ist jetzt nach Hause gegangen. Den Fizer aus Vancouver hatte ich vor ‘ner halben Stunde an der Strippe. Den können Sie wahrscheinlich noch erreichen.«
Casey nickte. Es war nicht ungewöhnlich, daß sich die Flight Service Representatives in den Metropolen meldeten. Diese FSRs, oder Fizers, wie sie von Insidern genannt wurden, waren Angestellte von Norton, die den Fluggesellschaften als Ansprechpartner zugewiesen waren, und natürlich machten die Fluggesellschaften sich Sorgen wegen des Vorfalls.
»Geht noch weiter«, sagte Norma. »Das Büro in Washington ist ganz aus dem
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