Airframe
Flugschreibers - aber es gibt da ein Problem.«
Sie seufzte. »Sagen Sie bloß das nicht.«
»Doch. Da ist eins.«
Es überraschte Casey nicht wirklich. Flugschreiber funktionierten nur selten ganz korrekt. In der Presse wurden diese Ausfälle immer als Absturzfolgen interpretiert. Wenn ein Flugzeug mit fünfhundert Meilen pro Stunde am Boden aufprallte, schien es nur logisch anzunehmen, daß ein Kassettenrekorder nicht mehr funktionierte.
Aber innerhalb der Luftfahrtindustrie sah man das anders. Jeder wußte, daß Flugschreiber sehr häufig versagten, auch wenn das Flugzeug nicht abstürzte. Der Grund dafür war, daß die FAA nicht verlangte, daß die Flugschreiber vor jedem Flug kontrolliert wurden. In der Praxis wurden sie gewöhnlich etwa einmal im Jahr einem Funktionstest unterzogen. Die Folge davon war vorhersehbar: Die Flugschreiber funktionierten eher selten.
Jeder kannte das Problem. Und mit Sicherheit auch die FAA. Das NTSB wußte es. Die Fluggesellschaften wußten es. Die Hersteller wußten es. Und niemand machte sich Gedanken darüber. Norton hatte vor wenigen Jahren eine Studie durchgeführt, eine Stichprobenuntersuchung von DFDRs im Flugbetrieb. Casey hatte im Untersuchungskomitee gesessen. Sie hatten festgestellt, daß nur einer von sechs Flugschreibern richtig funktionierte.
Warum die FAA zwar die Installation von Flugschreibern, nicht aber deren Kontrolle vor jedem Flug zwingend vorschrieb, war häufig Thema spätabendlicher Diskussionen in Luftfahrt-Bars von Seattle bis Long Beach. Zyniker behaupteten, daß schlecht funktionierende Flugschreiber im Interesse aller seien. In einer Nation, die von tollwütigen Anwälten und einer sensationsgierigen Presse belagert wurde, könne die Industrie doch kaum einen Vorteil darin sehen, objektive, verläß-liche Daten über das zu liefern, was schiefgelaufen war.
»Wir tun, was wir können, Casey«, sagte Rob Wong. »Aber die Flugschreiberdaten sind anomal.«
»Und das heißt?«
»Wir wissen es nicht so recht«, erwiderte Wong. »Sieht so aus, als sei die dritte Sammelschiene zwanzig Stunden vor dem Vorfall durchgebrannt, und das heißt, daß es für die nachfolgenden Daten keine Rahmensynchronisation mehr gibt.«
»Rahmensynchronisation?«
»Ja. Sehen Sie, der FDR zeichnet in regelmäßigen Abständen alle Daten auf, in Datenblöcken, die wir Rahmen nennen. Man hat also eine Angabe für, sagen wir, Fluggeschwindigkeit, und dann hat man eine Angabe vier Blocks später. Fluggeschwindigkeitsangaben sollten von einem Rahmen zum anderen kontinuierlich vorhanden sein. Wenn sie das nicht sind, sind die Rahmen nicht mehr synchron, und wir können den Flug nicht rekonstruieren. Ich zeig’s Ihnen.«
Er wandte sich dem Bildschirm zu und tippte. »Normalerweise können wir den DFDR nehmen und ein dreidimensionales Bild der Maschine erzeugen. Da ist das Flugzeug, startbereit.«
Ein Drahtmodellbild des Norton N-22-Großraumjets erschien auf dem Bildschirm. Casey konnte zusehen, wie das Gittermodell aufgefüllt wurde, bis es aussah wie eine echte Maschine im Flug.
»Okay, jetzt geben wir die Flugschreiberdaten ein… «
Das Flugzeug schien sich aufzulösen. Es verschwand vom Bildschirm, tauchte wieder auf. Es verschwand noch einmal, und als es wieder auftauchte, war der linke Flügel vom Rumpf getrennt. Der Flügel drehte sich um neunzig Grad, während der Rumpf nach rechts kippte. Dann verschwand das Heck. Das ganze Flugzeug verschwand, tauchte wieder auf, verschwand erneut.
»Sehen Sie, der Großrechner versucht, die Maschine zu zeichnen«, sagte Rob, »aber er stößt immer wieder auf Diskontinuitäten. Die Flügeldaten passen nicht zu den Rumpfdaten, und die passen nicht zu den Heckdaten. Deshalb bricht er ab.«
»Und was tun wir dagegen?«
»Die Rahmensynchronisation wiederherstellen, aber das dauert seine Zeit.«
»Wie lange? Marder sitzt mir im Nacken.«
»Es könnte schon eine Weile dauern, Casey. Die Daten sind ziemlich schlecht. Was ist mit dem QAR?«
»Gibt’s keinen.«
»Also, wenn Sie wirklich in der Klemme sitzen, bringe ich die Daten zur Flugsimulation. Die haben da ein paar ziemlich raffinierte Programme. Vielleicht können sie die Leerstellen schneller auffüllen und Ihnen sagen, was passiert ist.«
»Aber Rob … «
»Ich kann nichts versprechen, Casey«, sagte er. »Nicht bei diesen Daten. Tut mir leid.«
6 Uhr 50
Gebäude 64
Casey traf Richman vor dem Gebäude 64. Richman gähnte,
während sie durch das frühe Morgenlicht
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