Airframe
Ihr Anrufsprotokoll kopiert.«
»Mein Anrufsprotokoll? Wozu soll denn das gut sein?«
»Keine Ahnung«, sagte Norma. »Rein rechtlich sind das öffentliche Dokumente. Also keine große Sache. Aber da ist noch mehr. Ich habe auch seinen Paß gefunden. Er war in den letzten zwei Monaten fünfmal in Korea.«
»In Korea?« wiederholte Casey.
»Genau, Seoul. Fast jede Woche einmal. Immer nur kurze Aufenthalte. Nur ein, zwei Tage. Nie länger.«
»Aber… «
»Geht noch weiter«, sagte Norma. »Die Koreaner markieren jedes Einreisevisum mit einer Flugnummer. Aber die Nummern in Richmans Paß waren keine Flugnummern einer Liniengesellschaft. Das waren Heck-Kennzeichen.«
»Er ist mit einer Privatmaschine geflogen?«
»So sieht’s aus.«
»Ein Norton-Jet?«
Norma schüttelte den Kopf. »Nein. Ich habe mit Alice von der Flugverwaltung gesprochen. Keiner der Firmenjets war im letzten Jahr in Korea. Seit Monaten fliegen die dauernd zwischen hier und Peking hin und her. Aber keiner nach Korea.«
Casey runzelte die Stirn.
»Es kommt noch besser«, sagte Norma. »Ich habe mit dem Fi-zer in Seoul gesprochen. Wissen Sie noch, als Marder letzten Monat diese Zahngeschichte hatte und drei Tage freigenommen hat?«
»Ja… «
»Er und Richman waren zusammen in Seoul. Der Fizer hat es erst erfahren, als sie schon wieder weg waren, und war verärgert, daß man ihn außen vor gelassen hat. War zu keiner der Besprechungen eingeladen, die sie dort hatten. Hat das als persönliche Beleidigung aufgefaßt.«
»Was für Besprechungen?« fragte Casey.
»Das weiß niemand.« Norma sah sie an. Aber seien Sie vorsichtig mit diesem Jungen.«
Casey saß in ihrem Büro und ging den neuesten Fax-Stapel durch, als Richman den Kopf zur Tür hereinsteckte. »Was jetzt?« fragte er fröhlich.
»Es hat sich was ergeben«, sagte Casey. »Sie müssen für mich ins FSDO. Gehen Sie zu Dan Greene und lassen Sie sich Kopien des Flugplans und der Mannschaftsliste für TPA 545 geben.«
»Haben wir die nicht bereits?«
»Nein, wir haben nur die vorläufigen. Inzwischen dürfte Dan die endgültigen haben. Ich brauche sie rechtzeitig für die Besprechung morgen. Sein Büro ist in El Segundo.«
»El Segundo? Dazu brauche ich den ganzen Rest des Tages.«
»Ich weiß, aber es ist wichtig.«
Er zögerte. »Ich glaube, ich könnte Ihnen mehr helfen, wenn ich hierbleibe… «
»Machen Sie sich auf die Socken«, sagte sie. »Und rufen Sie mich an, wenn Sie die Kopien haben.«
10 Uhr 30
Video Imaging Systems
Das Hinterzimmer der Firma Video Imaging Systems in Glendale war vollgepackt mit summenden Computern, den gedrungenen, lila gestreiften Kästen der Indigo-Maschinen von Silicon Graphics. Scott Harmon humpelte, ein Bein in Gips, über die Kabel, die sich über den Boden schlängelten.
»Okay«, sagte er, »jetzt müßte es gleich kommen.«
Er führte Casey in einen der Schneideräume. Es war ein mittelgroßer Raum mit einem bequemen Sofa an der Rückwand, darüber hingen Filmposter. Die Bearbeitungskonsole nahm die übrigen drei Wände des Raums ein: drei Monitore, zwei Oszilloskope und diverse Tastaturen. Scott begann, die Tasten zu bearbeiten. Er winkte Casey auf einen Stuhl neben sich.
»Was ist das für Material?« fragte er.
»Amateurvideo.«
»Normales Hi-8?« Er sah beim Reden eins der Oszilloskope an. »So sieht’s aus. Dolby-kodiert. Standardzeugs.«
»Glaub schon …«
»Okay. Nach dieser Anzeige haben wir neunvierzig auf einer Sechzig-Minuten-Kassette.«
»Fangen Sie einfach an.«
Der Bildschirm flimmerte, und sie sah nebelverhüllte Berggipfel. Die Kamera schwenkte zu einem jungen, amerikanisch aussehenden Mann Anfang Dreißig, der mit einem Baby auf der Schulter eine Straße entlangging. Der Mann lächelte und winkte in die Kamera. Im Hintergrund war ein Dorf zu sehen, ockerfarbene Dächer. Bambus zu beiden Seiten der Straße.
»Wo ist das?« fragte Harmon.
Casey zuckte die Achseln. »Sieht aus wie China. Können Sie es schnell vorlaufen lassen?«
»Klar.«
Die Bilder flackerten, von Störungsstreifen durchzogen, über den Bildschirm. Casey erkannte ein kleines Haus mit geöffneter Vordertür; eine Küche, schwarze Töpfe und Pfannen; einen offenen Koffer auf einem Bett; einen Bahnhof, eine Frau, die in einen Zug einstieg; hektischer Verkehr in einer Stadt, die aussah wie Hongkong; der Wartesaal eines Flughafens bei Nacht, der Mann hielt das Baby auf den Knien, das Baby wand sich und weinte. Dann eine Sperre, eine
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