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Airport-Klinik

Airport-Klinik

Titel: Airport-Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hineingerätst, und das wäre nicht gerade sehr erfreulich – oder?«
    »Wirklich, ich weiß es nicht. Glauben Sie mir's doch. Als ich hierher ins Rotkreuz gebracht wurde, und als es dann wirklich auf Spitz und Knopf stand, da hockte er jeden Tag im Zimmer. Dort, genau wo Sie jetzt sitzen. Auf dem gleichen Stuhl. Da konnte er gar nicht genug kriegen vom Krankenhaus. Nicht nur einmal, manchmal ist er dreimal kurz hintereinander hier aufgekreuzt.«
    »Und jetzt?«
    »Das ist es ja eben! Funkstille. Seit sechs Tagen. Nichts gehört, nichts gesehen. Nicht mal ein Anruf. Nur einmal von meiner Mutter. Ich hab sie gar nicht nach ihm gefragt.«
    Göttner schmiß seine Zigarette in den Aschenbecher, drückte sie noch nicht mal aus, guckte hinüber zum Fenster, drehte wieder den Kopf: »Werner, die Adresse!«
    »Von mir zu Hause? Meine?«
    »Welche sonst?«
    Er sagte sie und mußte sie ihm auch noch aufschreiben. Na gut. Wenn er bloß endlich abzischt. Ein Attentat? Der Alte? – Ja, was denn noch?!
    »Ich meld mich wieder, Werner. Bald. Und falls es tatsächlich knallt, müssen wir noch über die Exklusiv-Rechte reden. Ich meine damit den Artikel, den ich schreibe. Aber das alles später … Ich bin ja nachher wieder zurück. Jetzt hab ich's eilig, verstehst du?«
    Werner verstand überhaupt nichts.
    Göttner aber war schon draußen.
    Und keine Minute, nein, keine dreißig Sekunden waren verstrichen, seit hinter dem Reporter die Tür zugeklappt war; nicht mehr Zeit, als er brauchte, den Koffer auf dem Bett wieder zurechtzurücken und den Deckel zu öffnen – da klingelte es.
    Telefon … Die Verwaltung vielleicht?
    Werner hob ab.
    Er hörte feines, metallisches Singen. Und dann ganz klar: »Werner?«
    Er brachte keinen Ton heraus, konnte kaum atmen und sein Herz schlug jäh schneller.
    »Werner, mein Junge … Wie geht's?«
    »Vater?«
    »Ich weiß schon, du hast dich gefragt, wo ich bin … ich … ich konnte nicht kommen. Ich mußte was erledigen. Glaub mir, es war wichtig. Aber ich hab immer an dich gedacht … Werner, Junge, sag, wie geht's heute? Schmerzen?«
    »Wie's mir geht? – Gut geht's mir!«
    »Wirklich? Im Ernst?«
    »Was heißt denn im Ernst? Und ob im Ernst! Ich bin am Packen hier. Hat's dir denn die Mutti nicht gesagt? Die hat doch vorgestern angerufen.«
    Schweigen. Eine lange, eine endlose Pause … Es war, als sei plötzlich die Leitung zerschnitten worden. Aber Werner hörte ihn doch atmen. Ganz deutlich. Er hatte nicht aufgelegt, nein.
    »He, Vater? Was ist denn?«
    Und immer noch dieses Atmen.
    Endlich: »Hab ich das richtig verstanden? Am Packen, hast du gesagt?«
    »Ja. Was denn sonst? Die haben mich entlassen. Als geheilt entlassen. Mir geht's ganz prima. Du, ich hab schon wieder ein bißchen Salz ins Essen gekriegt. Und pinkeln kann ich; ich piss' wie ein Weltmeister. Die Nieren funktionieren prima, alles okay jetzt. Hat ja schließlich auch lang genug gedauert, findest du nicht?«
    »Bitte? … Find ich … find ich was? Was hast du gesagt?«
    Was war mit ihm los? Hatte er gesoffen? Tat er nie. Könnte es womöglich stimmen, was der Reporter …? Schön: Er war schon lange nicht mehr so richtig auf dem Teppich, die ganzen letzten Monate eigentlich, hatte einfach abgehoben, marschierte wie eine Maschine stundenlang durch den Grüneburg-Park – und reden zu Hause? Null. Da schloß er sich immer in die Werkstatt ein.
    Aber was sollte er auch sonst? War ja kein Wunder bei dem Geschwätz und Gemeckere, das er in der Wohnung zu hören bekam. Aber es war nicht sie, es war nicht Mutti, oder sie war es nicht alleine. Daß keine Aufträge kamen, dies war's. Daß sie ihn am Flughafen nicht nur rausgebolzt, sondern auch noch hängengelassen hatten, daran lag's. Das hatte er nie verwunden.
    Und jetzt auch noch der Unfall von mir. Okay! – Aber Bomben? Der Alte montierte doch keine Bomben? Scheiß ist das. Bomben, da knallt's. Da fliegen die Fetzen. Da wird geschrien und gestorben. Da fließt Blut. Man kennt's doch aus der Glotze.
    Der Alte mag manchmal bescheuert sein, aber er ist ja dein Vater. Er ist kein Mörder. Sowas machten doch nur diese dämlichen RAF-Ärsche, und selbst die haben's gesteckt. Aber doch nicht einer wie er!
    »Bist du noch da, Vater? Was ist denn mit dir los, he? Und noch was: Da war gerade einer da. Deinetwegen. Und hör mal – ein Reporter! Der hat einen ganz verrückten Scheiß da an mich rangequasselt.«
    »Werner, mein Junge … Werner …«
    Die Stimme? Hat er doch 'ne Meise?

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