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Airport-Klinik

Airport-Klinik

Titel: Airport-Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ausruhen. Und dort sind Sie allein.«
    »Keine Chance?«
    »Nein.«
    »Und wenn ich Sie zu Ihrem Wagen begleite?«
    »Dr. Gräfe fährt mich nach Hause. Er wartet am Tor 32.«
    »Bringt Dr. Gräfe Sie immer nach Hause?«
    »Nur ab und zu.«
    »Dann morgen?«
    »Sie haben keinen Dienst?«
    »Ich komme gerade aus Australien und habe jetzt zwei Tage frei.«
    »Australien?« Britte zog die Augenbrauen hoch. »Da möchte ich mal hin. Und nach Neuseeland … es muß wunderbar dort sein.«
    »Ein Land wie Samt und Seide. Wenn Sie Hubert Lawinsky – das ist mein Name – nicht vor das Schienbein treten, könnten solche Träume wahr werden. Kann ich Sie nicht wiedersehen? Sie haben doch eine Telefon-Nummer.«
    »Vielleicht …«
    Vielleicht ist ein halber Sieg. Lawinsky wußte es und bekam diese Erfahrung wieder einmal bestätigt. Britte Happel kritzelte ihm ihre Nummer auf den Rezept-Block.
    Unbeirrt und mit sanft schnurrendem Motor glitt ein schwarzer BMW auf der Autobahn A-43 nach Norden. Mochte auch der gewaltige Airport Frankfurt am Main, die zentrale Verkehrsdrehscheibe Europas, alle anderen Fahrzeuge wie ein mächtig hämmerndes Herz in die Stadt pumpen – der Fahrer des BMWs ließ sie an sich vorüberziehen.
    Dr. Fritz Hansen fuhr nach Hause. Langsam, wie immer nach dem Dienst. Für ihn fast ein Ritual: War die Schlacht geschlagen, ließ er in Gedanken noch einmal die Ereignisse des Tages an sich vorüberziehen – eine wirkungsvolle Methode, sich gegen den tempogeladenen und knochenbrechenden Strudel der Ereignisse zu behaupten, in den die Klinik-Arbeit ihn Tag um Tag zu zerren versuchte. Kopf hochhalten, nicht untergehen – das war seine Richtschnur.
    Heute zum Beispiel hatte er bereits um acht Uhr an seinem Schreibtisch gesessen, um wenigstens den notwendigsten Verwaltungskrempel aufzuarbeiten, und doch nur die Hälfte geschafft. Denn schon bald war es losgegangen. Allein sechsmal hatte er im OP die akutesten Notfälle versorgen müssen: eine Bronchial-Spülung bei einem alten Herrn, der anscheinend aus lauter Flug-Angst erbrechen mußte und dem ein Teil des Mageninhalts in die Luftröhre geriet; dann die üblichen Kreislaufzusammenbrüche, Wundversorgungen, Magen- und Nierenkoliken. Und am Ende noch, als krönender Abschluß, diese Selbstmörderin, der er eine Predigt über den Sinn des Lebens gehalten hatte.
    »Sie hätten Priester werden können …«, hatte sie gesagt, und es war die reine Ironie gewesen. Doch später hatte sie sich bei ihm bedankt. Woher nur, fragte er sich jetzt selbst, hast du diese Worte genommen? Etwas pathetisch zwar, sicher – aber er hatte damit wohl genau den Punkt in ihr getroffen, der wieder zum Schwingen gebracht werden mußte. Und so war es der gute Abschluß eines bösen Tages geworden. Na also! Und obendrauf gab es noch eine Belohnung: Evi, die rothaarige junge Stewardeß.
    Er warf einen Blick auf die Uhr am Armaturenbrett und trat wie im Reflex den Gashebel durch, um auszuscheren. Verdammt, womöglich steht sie schon vor der Wohnungstür? Sie hat ja keinen Schlüssel, denn Schlüssel zu verteilen, das wäre ja nun doch zu gefährlich!
    LH-Flug 637, Karatschi – Teheran – Ankara – Frankfurt. Mehr als viertausend Kilometer sind es. Über sieben Stunden Flugdauer, in zehntausend Meter Höhe über zwei Kontinente, über Wüsten, Berge, Städte, Länder. Auf der einen Route der Zeit vorauseilen, auf der nächsten gegen sie ankämpfen – einmal wirst du jünger, das nächste Mal älter. Die Zeitzonen-Karten zeigen es dir. Das Weltzeiten-System unterliegt genauen Gesetzen. Man hat an alles gedacht und alles berechnet – doch der Körper kennt seine eigene Uhr und hat seine eigenen Regeln. Im ersten Jahr merkst du nichts, nur manchmal ein wenig Übelkeit, und dann die Schläfrigkeit, die in den Fingerspitzen prickelt oder gegen die Schläfen drückt. Im zweiten, dritten Jahr aber kann es problematisch werden. Manche schaffen's nicht länger und scheiden aus. Und die anderen? Nun, sie sagen, sie hätten sich daran gewöhnt. Doch was wirklich in dir geschieht – wer weiß es? Irgendwann und irgendwo zeigt dir dein Körper die Grenzen.
    Zerschlagen und todmüde fühlte sich Evi Borges, als sie ihren Koffer vom Förderband nahm und auf den Gepäckkarren setzte.
    Dabei war die Maschine nur zur Hälfte besetzt gewesen und damit wieder mal weit unter ihrer Rentabilitätsgrenze geflogen. Nun, der Gesellschaft tat das weh; für die Kabinen-Crew jedoch, für den Purser und seine elf

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