Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Airport-Klinik

Airport-Klinik

Titel: Airport-Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Ihnen erkläre, daß ich vielleicht genauso viel Angst habe wie Sie? Aber sehen Sie … ich habe auch Angst um Sie. Hier stehen nämlich im Kreis lauter Männer, die zwar keine Pistolen, dafür aber Maschinenwaffen haben. Und wenn wir beide oder einer von uns, Sie oder ich, jetzt nur den kleinsten Fehler machen, dann geht's los. Dann schießen die. Die schießen nicht nur den Wagen, die schießen auch Sie zusammen wie ein Sieb.«
    Namdi Sokoto nickte wie jemand, der ganz genau die Antwort erhalten hat, die er erwartete.
    »Dann sollen sie es tun«, sagte er.
    »Nein, das sollen sie nicht. Es liegt an Ihnen.«
    »Es sind Feiglinge«, sagte Namdi. »Feiglinge und Lügner … Sie sich Mühe gemacht, mein Herr … Ich danke Ihnen … Recht herzlichen Dank.«
    Und dann ging alles sehr schnell. Zu schnell, als daß Brunner reagieren konnte. Namdi Sokoto spreizte die Beine, hob das linke Knie an, drückte den Lauf der Waffe gegen seinen Oberschenkel, schloß die Augen und zog den Abzug durch.
    Die Wucht des Geschosses riß ihn von seiner Kiste. Die Pistole flog klirrend auf den Wagenboden und schlitterte Brunner entgegen. Namdi Sokoto aber lag und hielt stöhnend die Wunde umklammert, während im Licht der Lampe die Blutlache größer und größer wurde.
    »Verdammter, elender Mist!« fluchte Brunner und schwang sich in den Wagen. »Eine schöne Bescherung, Herr Sokoto! Tut's sehr weh?«
    Welch dämliche Frage, dachte er im selben Augenblick.
    Er drehte sich um und brüllte: »Stau-Binde! Hat einer von euch 'ne Stau-Binde dabei?!«
    Die Infusion lief von der Minute an, als der junge Arzt Fred Wicke mit dem Notarztwagen am Flugsteig B-42 eingetroffen war.
    Und verdammt notwendig war's auch: Der arme Hund hier hatte literweise Blut verloren.
    Dr. Hansen entfernte die Kompressen, die Wicke angelegt hatte: Da haben wir's also. Der Nigerianer muß die Pistole direkt aufs Fleisch gesetzt haben. Das ganze Wundgebiet ist verschmaucht.
    »Schußwunde auf der Innenseite des Oberschenkels, etwa zehn Zentimeter oberhalb des Kniegelenks«, sagte er, als diktiere er ein Protokoll. »Transversaler Kanal. Ausschuß – ja, hier. Nicht mal so wild!« Hansen hatte viel größere Ausschußwunden erlebt, faustgroße sogar, häßliche Krater. Zum Beispiel bei diesem Polizisten, den die Hannover-Gangster angeschossen hatten …
    Eine 9-mm-Dienstpistole, hatte Brunner ihm erklärt. Ein Geschoß aus dieser Waffe entwickelt eine, gewaltige kinetische Energie. Ob es bei dem Mann hier den Knochen mit erwischt hatte, werden wir auf der Aufnahme sehen …
    »Gib mir mal die Kopfsonde, Britte. – Gut. Und jetzt die Pinzette.«
    Er begann mit der Untersuchung und spürte die leichte, unwillkürliche Muskelspannung des Verletzten, als er die Pinzette in die Ausschußöffnung einführte, weil sich dort irgendetwas Helles zeigte. Ein Knochen? Ein Splitter vielleicht …
    Er richtete sich auf und betrachtete den dunklen, langgestreckten, im Licht schimmernden Körper des Patienten auf dem OP-Tisch. Trotz der Beatmer-Maske konnte er sehen, daß der rechte Mundwinkel leicht nach oben gezogen war und dem Gesicht des Afrikaners den Ausdruck eines leichten, fast ironischen Lächelns verlieh. Es war ein gutgeschnittenes Gesicht, bei Gott. Es hatte Hansen von Anfang an beeindruckt, dieses lange, fast edle Gesicht, auf dem eine steinerne Ruhe lag, obwohl der Mann doch nicht nur die Angst des gehetzten Wildes, sondern auch üble Schmerzen empfinden mußte.
    Er berührte leicht den Rippenbogen: »Hören Sie mich?«
    »Kann er doch nicht«, meldete sich Dr. Maier-Blobel, die Anästhesistin. »Ich habe ihm genügend gegeben.«
    »Ist ja gut, Berta. Was macht der Druck?«
    »Fast wieder normal.«
    »Ich glaube, wir sollten ihn ein wenig senken. Es muß bei ihm die Femoralis erwischt haben; die Hauptarterie, die das Bein versorgt. Ich werde sie jetzt schließen. Und dann muß er ab in die Klinik. Dort sollen sie ihn weiter versorgen. Sind die Röntgenbilder gemacht?«
    »Ja.«
    »Das Wichtigste ist, daß es schnell geht. Wenn er dort ist, müssen sie ihm als erstes die Femoralis flicken und die Durchblutung wieder freigeben. Mehr als eineinhalb Stunden sind da nicht drin. Also, los! Britte, das Skalpell …«
    Hansen schnitt das von den Hitzegasen der Waffe blau und schwärzlich verbrannte Gewebe heraus und ging tiefer, bis er, bläulich schimmernd und blaß, den von der Kugel durchschlagenen Gefäß-Stumpf erkennen konnte. Er blutete noch immer. Auch die Druckmanschette

Weitere Kostenlose Bücher