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Airport-Klinik

Airport-Klinik

Titel: Airport-Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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vor, damit wir bei der Arbeit die größten Fehler vermeiden. Er lautet: Man kann nicht jedes Leiden mitleiden, jeden Tod mit sterben … Ist ja auch völlig in Ordnung. Nur könnte man noch dazusetzen, Brunner: Man kann nicht jedes Schicksal miterleben wollen. – Richtig. Auch in Ordnung. Aber ein bißchen Mitgefühl und persönliche Anteilnahme sollte man sich doch noch erhalten, finden Sie nicht?«
    Brunner sagte keinen Ton. Er saß nur da und starrte den Arzt an. Selbst seine Augen waren grau. Hansen stellte es zum ersten Mal fest.
    »Versuchen sollte man es wenigstens, Herr Brunner. Das jedenfalls ist meine Meinung. Wenn wir es nur versuchen würden, ab und zu wenigstens, sähe es hier ganz anders aus.«
    Brunner schwieg weiter, und Hansen griff schon wieder nach einem dieser verdammten Glimmstengel.
    »Geben Sie mir auch eine?« fragte Brunner. »Übrigens, ich komme wegen etwas anderem. Ich hätte jetzt doch ganz gerne meinen Finger geschient. Der tut nämlich ganz verdammt weh.«
    »Na, dann lassen Sie mal sehen …«
    »Hübsche Augen hast du … Wie sagt man: Kornblumenblau? Was nehmen wir zuerst? Das linke Auge – oder das rechte? Eine deiner Kornblumen wirst du verlieren. Es ist nichts als ein kurzer Stich.«
    Sie fuhr hoch. Die Stimme war wieder bei ihr: die Stimme des fremden Monsters, des Mafia-Verbindungsmannes Radonic. Manchmal flüsterte sie ihr sogar bei der Arbeit zu, dann drang sie erneut in die Träume ein. Leise, heiser, drohend.
    Als am Abend das Gewitter nochmal über Frankfurt hereingebrochen war, hatte Britte Happel die Jalousien ihrer Wohnung heruntergelassen und Tabletten genommen, um schlafen zu können. Es war ihr freier Tag nach einer Woche Nachtdienst. Doch die Mistpillen halfen nichts. Sie nahm immer mehr davon, immer stärkere. Und am Tag brauchte sie all ihre Kraft und all ihren Willen, um durchzuhalten. Selbst dann zitterten die Hände manchmal bei der Arbeit. Hansen hatte es vielleicht bemerkt, die anderen nicht; die sagten nie etwas.
    Britte setzte sich auf, schwang die Beine über die Bettkante und preßte die Handballen gegen die schmerzenden Schläfen.
    »Nur ein Stich?!« hatte das Schwein gesagt. Sie hatte das Gefühl, als habe sie Dutzende, Hunderte von Stichen empfangen.
    Mühsam stand sie auf, versuchte mit zwei, drei taumelnden Schritten ihr Gleichgewicht zurückzugewinnen, ging zum Fenster, zog die Jalousie hoch: Regen. Nicht mehr so stark wie zuvor, doch noch immer das gleiche nasse, trostlose Grau. Die Autos fuhren mit angeschalteten Scheinwerfern. Britte blickte auf ihre Uhr: Sieben.
    Sie ging in die Küche, um sich ein Mineralwasser zu holen. Im Korridor kam sie am Spiegel vorbei und sah sich an: War sie das tatsächlich selbst? Geschwollene Augen, das Haar stumpf und strähnig, der Mund schlaff.
    Sie holte die Flasche aus dem Kühlschrank und trank wie eine Verdurstende. Auf den Kacheln, neben dem Eisschrank, standen weitere Flaschen. Leere Weinflaschen. Es war immer so: Hatte sie Nachtdienst, ließ Elli in der gemeinsamen Wohnung die Puppen tanzen. Und Ewald, dieses ›einzigartige, unvergleichliche Miststück von Mann‹, verbrachte dann jede Nacht mit ihr, denn nicht wahr, in seiner Dachbude ist es halt so eng, und nicht mal 'nen Hifi hat er da! … Ewald begann mit Tschaikowsky und endete stets mit Soul. Einmal hatte Britte es erlebt. Und konnte nicht mehr schlafen von dem Krach, den sie machten.
    Jetzt zitterte ihre Hand schon wieder. Nein, sie würde keine Tablette nehmen. Das Mineralwasser half wenigstens etwas. Zum Teufel mit Ewald. Elli mit eingeschlossen. Zum Teufel auch mit Rolf Gräfe. Und Hubert Lawinsky? Wie hatte Radonic gesagt: »Da kann er hundertmal Purser sein und durch die Welt gondeln – vor uns kann sich keiner verstecken …« Hubert hatte der Teufel schon geholt.
    Ja, zum Teufel mit allen Männern …
    Es läutete. Wieso? Der Uhr nach müßte es Elli sein. Vielleicht hatte sie den Schlüssel vergessen.
    Sie ging zur Tür, trug nur ihren Slip und ein T-Shirt. Irgendeiner Eingebung folgend drückte sie das runde Metallblättchen am Spion zurück und sah hinaus. Was sie sah, war ein vom Regen schwarz gefärbter Trench-Coat und darüber der Teil eines männlichen Gesichtes. Und dieser Mund – das war doch … das konnte ja gar nicht sein?
    Im Bad riß sie sich ihren blauen Frotteemantel vom Haken und schlüpfte hastig hinein. Hansen? Der Chef? Was suchte der hier? Wenn er es ist und sieht mich so, in dieser Verfassung …
    Sie zog trotzdem

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