Akt der Liebe - Lansdale, J: Akt der Liebe - Act of Love
erst einmal gegessen, würde er unter Verdauungsstörungen und Sodbrennen leiden. Das ist der Preis des Älterwerdens, dachte er. Aber scheiß drauf. Ich werde statt einfach nur ins Gras zu beißen mit einem Stück Salamipizza zwischen den Zähnen in die Grube fahren.
Während Hanson so über den Zustand seines Magens nachdachte, tauchte James Milo von der Spurensicherung vor seinem Schreibtisch auf.
»Milo«, begrüßte Hanson ihn.
Milo legte ein Blatt Papier auf Hansons Schreibtisch. »Eine Nachricht von Warren. Er bat mich, sie vorbeizubringen, weil er am Nachmittag nicht mehr im Hause ist. Ich hätte sie dir schon früher geben sollen, hab’s aber vergessen.«
»Macht nichts. Ich bin sowieso noch nicht so lange hier. Hatte zu tun.«
»Na gut, bis dann. Ich geh jetzt essen.«
»Sieht so aus, als müsste ich heute darauf verzichten.«
Nachdem Milo gegangen war, nahm Hanson den Notizzettel und las:
Hanson,
habe Evelyn DeMarkas Leiche untersucht. Autopsiebericht steht jederzeit zur Verfügung. Natürlich die Arbeit desselben Mannes. Eine Sache noch - eine mögliche Spur: Fand in ihrem aufgeschnittenen Darm einen Knopf. Aus Vinyl. Er scheint von einem Regenmantel zu stammen. Da sich noch einige Fasern am Knopf befinden, nehme ich an, dass er während der Vergewaltigung der bereits zerstückelten Leiche abgerissen wurde. Vielleicht wurde er aber auch absichtlich dort platziert. Ist bei einem Verbrechen wie diesem nicht genau zu bestimmen. Ich habe den Knopf den Kollegen der Spurensicherung übergeben. Ach ja, der Mistkerl hat ihr Herz mitgenommen. Steht aber alles im Bericht. Ich dachte nur, das mit dem Knopf könnte Sie interessieren, ohne dass Sie durch den ganzen technischen Scheiß waten müssen. Warren.
Hanson faltete den Zettel zusammen und schob ihn unter seine Schreibmaschine. Ein Knopf also, ein Knopf von einem Regenmantel, dachte er. Er ließ dem Gedanken freien Lauf, und langsam nahm eine Theorie in seinem Kopf Gestalt an.
MITTWOCH ♦ 13.00 Uhr
Sergeant James Milo hatte eine Stunde Zeit für seinen Lunch. Er hatte jedoch nicht die Absicht, etwas zu essen. Er war auch nicht auf Diät. Er wollte absahnen. Fünfzig Dollar schienen ihm attraktiver zu sein als ein Thunfischsandwich. Essen konnte er später.
Jetzt war es wichtiger, Barlowe zu treffen.
Das Treffen sollte in einer gut besuchten Buchhandlung in der Galleria Mall ablaufen. Jede Verabredung fand an einem anderen Ort statt. Um Risiken zu vermeiden, bestand Milo darauf.
Er stöberte zwischen Büchern, nahm das erstbeste vom Regal und tat so, als läse er darin. Das Buch war ein großformatiges Paperback mit dem Titel Vampire . Das Titelbild zeigte einen schlanken, leichenblassen Mann in Schwarz, die Blässe des Gesichts wurde durch das grelle Rot der Lippen noch unterstrichen. Blut rann aus einem Mundwinkel, und die blutunterlaufenen Augen glänzten und waren vor Lust geweitet. Das Cover traf einen wie ein Schlag. Milo registrierte das nicht einmal. Gedankenverloren überflog er die Seiten.
Seit zehn Jahren war James Milo bei der Houston Police Force. Wenn ihm früher jemand gesagt hätte, er wäre bestechlich, hätte er denjenigen kurzerhand verprügelt.
Das war einmal.
Vor zwei Jahren hatte er angefangen, Schmiergelder einzustecken. Er tat es für sich selbst mit der Begründung ab, dass sein Junge krank sei. Kinderlähmung war eine Krankheit, die ständiger medizinischer Betreuung bedurfte und ständig Geld kostete.
An Letzterem fehlte es ganz beträchtlich.
Angefangen hatte es mit den Prostituierten. Ein paar Dollar hier und da, um die Huren nicht zu nerven. Und was war falsch daran? Sie boten einen Service für jedermann, oder etwa nicht? Abgesehen davon waren sie nach einer Festnahme innerhalb von vierundzwanzig Stunden wieder auf der Straße, was machte es also aus?
Dann kam das Glücksspiel. Nur ein paar Dollar dafür, die Läden nicht auffliegen zu lassen, die Läden, die am meisten zahlten. Glücksspiel war nichts Besonderes. Es spielte sich mitten im Herzen der Stadt ab. Einige der prominentesten Gesichter Houstons hatten ihren Stammplatz an den Tischen. Zur Hölle! Es sollte sowieso jemand dafür sorgen, dass es legalisiert wurde.
Und dann war da Barlowe. Für den Reporter musste er nichts weiter tun, als ihm von Zeit zu Zeit ein paar Informationen aus der Spurensicherung zuzuschanzen. Nichts wirklich Großartiges, nur Zeug, das sowieso kaum der Rede wert war. Außerdem zahlten Barlowe und seine Zeitung gutes Geld.
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