Akt der Liebe - Lansdale, J: Akt der Liebe - Act of Love
ausgehobenes Grab, an den langanhaltenden Gestank eines Leichentuches.
Hanson stand auf dem Rasen seines Vorgartens und gab sich der Nacht hin, betrachtete die dunklen, sich vor dem Mond zusammenballenden Wolken. Dann ging er zu seinem Wagen und winkte dem VW-Bus zu, der auf der anderen Straßenseite stand. Mitchel konnte er im Wagen nicht entdecken, aber er wusste, dass Mitchel da war, wusste, dass Walkie-Talkies rauschten und dieser mit Martinez drinnen in Verbindung stand.
Ihm war klar, dass Martinez den anderen die Sache mit dem Bier erzählte. Hanson war häufig auf Beobachtungsposten gewesen, jedoch trank er nie bei der Arbeit, nicht einmal ein Bier. Geschweige denn, dass er es geduldet hätte, dass einer seiner Mitarbeiter während dem Dienst trank.
Im Augenblick aber war er froh über diese menschliche Schwäche und das Ergebnis seiner kleinen List. Wenn ihnen auffiel, dass er zu lange brauchte, um Zigarren und Bier ranzuschaffen oder in Zeitschriften zu blättern, würde es zu spät sein.
Jemanden umzubringen dauerte nicht lange.
Mit dem unter den Arm geklemmten Regenmantel kam Joe Clark aus seinem Apartment und steuerte direkt auf seinen Wagen zu. Er blieb kurz stehen, studierte die Wolken und atmete die Luft tief ein. Der Geruch der Stadt mischte sich mit dem von bevorstehendem Regen. Über ihm rissen am Nachthimmel kurz die Wolken auseinander und gaben die zarte, kurzlebige Gabel eines gelbweißen Blitzes frei.
Ja, er würde den Regenmantel benötigen. Er warf ihn auf den Beifahrersitz und stieg ein.
Kurz darauf war er auf dem Weg zu Hansons Haus. Kleine Regenperlen klatschten gegen die Windschutzscheibe.
Barlowe wartete eine Weile in dem Raum mit einer der Leichen, ging dann hinaus und verbarg sich im Schutz des Gebüsches. Er warf einen Blick auf seine Uhr und dachte, dass es nun nicht mehr lange dauern werde.
Rachel konnte nicht schlafen, nicht einmal ruhen. Es war, als fühlte sie den nahenden Weltuntergang. Mit Sicherheit war ihre eigene Welt zusammengebrochen.
Sie sah nach JoAnna. Die befand sich immer noch in anderen Sphären.
Rachel kletterte aus dem Bett und schlüpfte in die Hausschuhe. Sie ging zum Fenster, nahm den Vorhang ein wenig beiseite und sah hinaus. Es regnete. Keinesfalls heftig, doch stetig. Im Licht der Straßenlaternen glitzerten der Rasen und auch die Dächer der Nachbarhäuser. Als wäre überall im Garten Glitter verstreut worden.
Rachel ließ den Vorhang los. Würde es jemals Morgen werden?
Zur gleichen Zeit informierte Captain Fredricks Sergeant Mitchel über Funk, dass Joe Clark auf dem Weg sei und es sich bei ihm um den zweiten Mann im Haus handele. Dann erkundigte er sich, wie es Hanson und seiner Familie gehe.
»Sie schlafen. Sie schlafen alle«, log Mitchel.
»Gut, das werde ich auch, sobald ich zu Hause bin.«
Fredricks verabschiedete sich, stellte das Funkgerät in seinem Wagen ab und ging zurück ins Haus. Nun konnte er ruhig schlafen. Alles lief gut.
Über Walkie-Talkie rief Mitchel Martinez an. »Wo zum Teufel steckt Hanson?«
»Hab ich dir doch gesagt. Er ist Bier holen.«
»Er lässt sich verdammt viel Zeit. Eben hat der Captain angerufen. Ich habe gelogen und ihm gesagt, Hanson würde schlafen. Wenn er dahinterkommt, bin ich am Arsch und du auch, dafür werde ich sorgen.«
»Dann sind wir alle am Arsch. Aber keine Panik. Er kommt zurück. Er hat gesagt, dass es’ne Weile dauern kann.«
»Du hättest ihn gar nicht aus dem Haus lassen dürfen.«
»Bleib ruhig«, sagte Martinez, aber seiner Stimme fehlte es an Überzeugungskraft. »Es geht schon alles seinen geregelten Gang.«
»Dann hör mal schön zu: Fredricks schickt Joe Clark als zweiten Mann rüber.«
»Was? Jetzt?«
»Jetzt. Ich kenne ihn nicht, aber man sagt, er ist ein guter Cop und hält sich hübsch an die Regeln.«
»Ich hab ihn mal kennengelernt. Aber wenn er Hansons Partner ist, wird er dichthalten. So wie der Vater, so der Sohn. So wie Partner, so der Partner.«
»Ja, schon, aber vergiss nicht, dein Partner ist auch weg vom Fenster. Nach dieser kleinen Schmiergeldgeschichte.«
»Ach, fahr doch zur Hölle, Mitchel.«
»Die Hölle wäre für uns alle der beste Ort, wenn Fredricks Wind von der Sache kriegt«, Mitchel schaltete sich ab.
Scheiße, dachte Martinez. Mitchel gerät in Panik. Läuft doch aber alles bestens. Hanson wird gleich zurück sein, und Clark ist einer von uns. Genau wie wir wird er ein Bier haben wollen.
Klar doch, denn er ist einer von
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