Akt der Liebe - Lansdale, J: Akt der Liebe - Act of Love
Samstagabend immer Karten.«
Martinez verzog das Gesicht. »Um diese Zeit? Frühmorgens?«
»Harry achtet nicht auf die Uhrzeit. Er spielt eben gern. Die ganze Bagage ist bei ihm, und jetzt ist er knapp bei Kasse. Er möchte, dass ich ihm was leihe. Es kümmert ihn einen Scheiß, ob ich spielen will oder nicht. Wenn’s ums Geld geht, schert er sich einen Dreck, ob einer schläft oder nicht.«
Martinez zeigte ein breites Grinsen. »Mein Cousin ist genauso.«
»Dann wissen Sie ja, wie so was läuft.«
Plötzlich war Hanson klar, wie er sich verhalten musste. Er konnte Martinez nicht die Wahrheit sagen, sonst würde der argwöhnisch werden. Sicher, er konnte schon die Wahrheit sagen, dann würde man einen Polizisten zu dieser Adresse schicken, um herauszufinden, was es mit Barlowes Knüller auf sich hatte. Aber das wollte Hanson nicht. Wenn Barlowe wusste, wer der Hacker war, wollte Hanson sichergehen, dass er als Erster Bescheid wusste. Mehr denn je wünschte sich Hanson eine Waffe.
»Wissen Sie«, sagte Martinez plötzlich, »eigentlich müsste der Captain das Telefon abhören lassen.«
»Ja, das denke ich auch. Aber er war skeptisch, ob er jedem in der Abteilung trauen kann. Er wollte nur die beim Einsatz, bei denen völlig ausgeschlossen ist, dass sie als Hacker infrage kommen.«
»Ja, das trifft auf uns zu. Haben alle wasserdichte Alibis. Übrigens, es ist kein Cop.«
»Sie klingen verdammt überzeugt«, sagte Hanson.
»Ich glaube einfach nicht, dass es einer ist.«
»Der Kerl scheint jedenfalls eine Menge über unser Vorgehen zu wissen, sieht so aus, als wäre er uns immer einen Schritt voraus.« Hanson fiel auf, dass er hin und her lief. Er ging zurück zu seinem Stuhl und gab sich gelassen, ohne es allerdings zu übertreiben.
»Dazu gehört nur gesunder Menschenverstand«, sagte Martinez. »Geht es um einen Verrückten, fällt den Leuten immer als Erstes ein, dass es ein Cop sein muss. Erinnern Sie sich an Son of Sam? Da hat man das auch gesagt.«
»Wer weiß«, erwiderte Hanson. Dann sah er auf seine Uhr und gab sich alle Mühe, gelangweilt zu wirken. »Ich fahr mal zum Seven-Eleven. Der hat die ganze Nacht auf. Will mir ein paar Zigarren holen … und vielleicht ein Bier. Da ich offiziell mit dem Fall nichts mehr zu tun habe, kann ich mir eins gönnen. Vor allem nach der letzten Nacht. Wollen Sie auch was?«
Martinez fuhr sich über die Lippen. »Ein Bier wär nicht schlecht, vorausgesetzt, Ihnen fällt nicht auf, dass ich es trinke.«
»Ich würde Sie nicht einmal wahrnehmen. Was wollen Sie für eins?«
»Schlitz.«
»Kuhpisse.«
»Seh ich anders«, sagte Martinez.
»Kann sein, dass ich eine Weile brauche«, sagte Hanson. »Alle Jubeljahre macht der Laden um elf zu, wie der Name schon sagt. Wenn dem so ist, dann fahre ich weiter nach Southmore, da kenn ich noch einen anderen Laden. Vielleicht bleib ich ein bisschen. Schau mir nämlich ganz gern mal ein paar Zeitschriften an.«
»Lassen Sie sich Zeit, Mann.«
»Sie kriegen dadurch keine Schwierigkeiten?«
»Nein. Ich soll aus Ihnen ja keinen Gefangenen machen, ich bin wegen des Hackers hier. Und der wär blöd, hier aufzutauchen.«
Hanson wusste, dass das nur die halbe Wahrheit war. Martinez wollte ein Bier, und Hanson wollte ganz schnell verschwinden, bevor Martinez auf die Idee kam, es sich selbst zu besorgen.
»Stimmt«, sagte Hanson. »Er wäre blöd, hier aufzutauchen.« Er stand auf. »Ich bin bald wieder zurück.«
»Kein Grund zur Eile.«
»Schließen Sie die Tür hinter mir ab.«
»Klar.«
Hanson war dabei, das Haus zu verlassen, als Martinez ihm nachrief. »Ich werde Mitchel draußen per Funk verständigen. Er wird auch Durst haben.«
Hanson grinste: »Ich besorg’n Sixpack, besser noch zwei.« Hanson machte sich auf den Weg zum Auto.
Martinez verschloss die Tür, ging zurück zum Tisch, griff sich das Walkie-Talkie und nahm Kontakt mit Mitchel auf. Dem gefiel die Idee. Er war durstig, und er war sicher, sein Partner auch.
Als Martinez das Walkie-Talkie beiseitelegte, dachte er an den Hacker. Unmöglich, dass dieser Bastard hier auftaucht.
Doch die weitere Möglichkeit, die es noch gab, hätte er nicht einmal in Erwägung ziehen können.
KAPITEL 8
SONNTAG · 3.25 Uhr und später
Weich wie der Busen einer Frau, so war die Nacht. Die Luft roch nach Regen, ein Duft, der Hanson eigentlich immer an die Farm seines Großvaters auf dem Land erinnert hatte. Aber heute Nacht erinnerte der Geruch ihn eher an ein frisch
Weitere Kostenlose Bücher