Akte Atlantis
ran, wie ich es riskieren kann, ohne Verdacht zu erregen. Trotzdem sind es noch etwa fünfzehn Kilometer bis zur Landezone unmittelbar vor dem Sperrzaun.«
»Der Wind kommt von See her, das erleichtert euch die Sache«, warf Brannon ein.
»Die Wolkendecke kommt uns ebenfalls zugute«, sagte Cleary bedächtig. »Und selbst wenn sie eine Radaranlage haben, kriegen sie nicht mit, wie wir abspringen. Die entdecken uns allenfalls, wenn wir die Schirme öffnen.«
Stafford korrigierte den Kurs leicht. »Ich beneide Sie nicht darum, Major«, sagte er dann. »Ein Sprung aus einem warmen Flugzeug in eine über siebzig Grad kalte Eishölle.«
Cleary lächelte. »Wenigstens fragen Sie nicht, weshalb wir aus einer völlig flugtüchtigen Maschine abspringen. Ich weiß das zu schätzen.«
Alle lachten einen Moment lang über den alten Pilotenwitz.
Seit Jahrzehnten schon mussten sich Fallschirmspringer die Frage gefallen lassen, weshalb sie aus völlig flugtüchtigen Maschinen absprangen.
Für gewöhnlich antwortete Cleary darauf nur: »Wenn es eine völlig flugtüchtige Maschine gibt, springe ich nicht mehr ab.«
»Was die Kälte angeht«, fuhr Cleary fort, »so sind wir dagegen mit unseren elektrisch beheizten Thermalanzügen ganz gut geschützt, bis wir in wärmere Luftschichten geraten.«
»Die Wolkendecke hängt bis auf dreihundert Meter über dem Boden runter, das heißt, dass ihr den Großteil der Strecke blind zurücklegen müsst, weil euch eure Kompasse und GPS-Geräte hier überhaupt nichts nützen«, sagte Brannon.
»Die Männer sind dafür entsprechend ausgebildet. Bei einem solchen Einsatz, einem Absprung aus großer Höhe mit möglichst tiefem Anschweben, kommt es darauf an, dass beim Aussteigen alle den gleichen Abwind erwischen und möglichst in gleicher Höhe ihre Schirme öffnen.«
»Wir setzen Sie punktgenau ab. Aber ein Spaziergang wird das nicht.«
»Nein«, sagte Cleary ernst. »Ich weiß genau, dass wir uns in den ersten Minuten nach dem Absprung sämtliche Höllenfeuer herbeiwünschen werden.«
Stafford warf einen weiteren Blick auf die Instrumente.
»Wenn Sie und Ihre Männer mit den Atemübungen fertig sind, nehme ich den Kabinendruck weg. Kurz darauf gebe ich Ihnen und meiner Besatzung die Dreißig-Minuten-Vorwarnung durch.
Wenn wir sechs Minuten vom Absetzpunkt entfernt sind, sage ich Ihnen über die Bordsprechanlage Bescheid. Zwei Minuten vorher lasse ich die Rampe runter.«
»Verstanden.«
»Eine Minute vorher«, fuhr Stafford fort, »lasse ich einmal die Alarmglocke schellen. Und wenn wir direkt über dem Absetzpunkt sind, gebe ich grünes Licht. Bei der Geschwindigkeit, mit der wir fliegen, solltet ihr schnell aussteigen, damit ihr beisammen bleibt.«
»Genau das haben wir vor.«
»Na dann viel Glück«, sagte Stafford, drehte sich auf dem Pilotensitz herum und schüttelte dem Major die Hand.
Cleary rang sich ein knappes Lächeln ab. »Danke fürs Mitnehmen.«
»War uns ein Vergnügen«, erwiderte Stafford. »Aber ich hoffe, es kommt so schnell nicht wieder vor.«
»Ich auch.«
Cleary stand auf und reckte sich, verließ das Cockpit und begab sich nach hinten in den riesigen Frachtraum. Die fünfundsechzig Männer, die dort saßen, waren ein ernster, entschlossener Haufen, ruhig und gefasst, in Gedanken bereits mit den Gefahren beschäftigt, die sie erwarteten. Sie waren jung, zwischen zwanzig und vierundzwanzig.
Keiner lachte oder laberte dummes Zeug, niemand meckerte oder maulte. Alle waren damit beschäftigt, ihre Ausrüstung zu überprüfen und letzte Vorbereitungen zu treffen. Die Truppe bestand aus den besten Elitesoldaten der Vereinigten Staaten, die in Antarktisnähe verfügbar gewesen waren. Man hatte sie in aller Eile aus Spezialeinheiten zusammengezogen, die zur Drogenbekämpfung in ganz Südamerika eingesetzt waren. Ein Trupp Navy-SEALs, Mitglieder der Delta Force der Army und ein Aufklärungsteam der Marineinfanterie… ein gemischter Verband von Einzelkämpfern in einem geheimen Einsatz, wie er noch nie zuvor geplant worden war.
Als das Pentagon vom Weißen Haus alarmiert worden war, durfte man keine Zeit mehr verlieren. Eine starke Special-Forces-Einheit war von den Vereinigten Staaten aus in Marsch gesetzt worden, doch die traf frühestens in drei Stunden an der Okuma Bay ein, und bis dahin konnte es bereits zu spät sein.
Admiral Sandeckers Warnung war bei den Beratern des Präsidenten und dem Generalstab der Streitkräfte nicht gerade auf begeisterte
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