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Akte Mosel

Akte Mosel

Titel: Akte Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Fall, dann stelle ich fest, daß der Vorschlag einstimmig angenommen worden ist.«
    Erst bei den letzten Worten hat Jo wieder zugehört. Ihm bleibt nur noch übrig, es den anderen gleichzutun und auf die Tischplatte zu klopfen.
    »Also, es geht um die Ausstellung im September.« Doris blickt in die Runde, »Einladungen und Vernissagebetreuung sind geregelt. Wir brauchen noch jemanden, der beim Aufbau hilft.«
    »Warum gucken jetzt alle mich an?« fragt Jo.
    *
    Zuhause streift sich Walde vorsichtig sein verschwitztes Hemd über den Kopf. Dabei klappen die Ohren nach vorne. Der Lauscher unter den Schnüfflern, so hatte ihn Harry mal in Anspielung auf seine manchmal aus den Haaren ragenden Ohren genannt. Harry ist nicht nur Kollege, sondern auch ein Freund. Er ist der einzige, der ihm von Anfang an bei der Arbeit loyal zur Seite stand, als er als knapp 30-jähriger das Dezernat übernahm.
    Nach dem Duschen, bei dem er den Kopf ausgespart hat, legt Walde STEELY DAN ein und greift zum Telefon: »Hallo, Anna, warum hast du nach der Fahrt nicht angerufen?«
    »Sollte ich dich mitten in der Nacht wecken?«
    »Und der Anrufbeantworter …?«
    »Da hätte ich wohl besser eine E-Mail geschickt, mein Lieber.«
    »Ach, bin ich wieder dein Lieber? Gestern war ich noch dein Spatz!« Walde dreht die Musik leiser.
    »Soviel ich weiß, magst du auch den Spatz nicht besonders«, sagt Anna.
    »So hießen ja bisher wohl alle deine … Freunde.«
    »Plagt dich die Eifersucht?«
    »Bitte, wir wollen doch jetzt nicht mit …«
    »Oh, entschuldige, ich habe vergessen, daß Donnerstagabend ist und gleich deine geliebte Probe beginnt. Warum rufst du an, wenn du keine Zeit hast?«
    »Anna, wir müssen uns doch jetzt nicht streiten.«
    »Wer macht denn hier Vorwürfe?«
    »So war das nicht gemeint.« Walde ist aufgestanden und schaut auf die Straße, wo ein Krankenwagen mit Blaulicht vorbeirast.
    »Was hast du gestern noch gemacht?« fragt Anna.
    »Ich war im Neils Park.«
    »Hab’ ich mir gedacht, daß du noch eines deiner Reviere aufsuchen mußtest.«
    »Was heißt Reviere, ich bin kein Förster.«
    »Aber einer, den das Jagdfieber nicht mehr losläßt.«
    »Sag’ doch gleich, Verfolgungswahn oder Phantomsuche … ich wollte dich nicht damit aufregen, aber es haben sich in den letzten Tagen Dinge ereignet, die mir Angst machen. Ich weiß, wir haben schon tausendmal darüber … deshalb habe ich auch nichts gesagt, als du hier warst.« Anna schweigt. Walde befürchtet, daß sie fragt, ob er noch ausgegangen ist. Dann muß er haarklein von der Geburtstagsfeier berichten. Wer da war, besonders welche Frauen. Wann er gegangen ist, und ob er allein gegangen ist. Ob er vielleicht Verabredungen getroffen oder Telefonnummern ausgetauscht hat.
    »Rufst du das nächste Mal an?« fragt Walde.
    »Mal sehen, mach’s gut.«
    Es klickt in der Leitung.
     
    Walde verstaut seine Baßgitarre im Koffer und bricht zur Probe auf. Seit einem Jahr trifft er sich alle zwei Wochen mit Uli und Karl in der ehemaligen Tuchfabrik, die heute als Kulturzentrum dient, um Musik zu machen.
    Heute läuft es wie gewohnt. Uli stellt einen Rhythmus ein, irgendetwas zwischen Rock und Funk, und Walde probiert zwei, drei Takte lang einen Baßlauf, bis er paßt. Karl und Uli lassen es ruhig angehen und wechseln zwischen betonten Akkorden und Akzentuierungen des Baßlaufes ab.
    Walde liebt endlose Wiederholungen eines Grundthemas mit nur ganz leichten Variationen. So haben Gitarre und Orgel genügend Zeit, sich Melodien einfallen zu lassen.
    Walde hat sich warmgespielt. Er wippt im Takt, hin und wieder erscheinen auf seinem Gesicht leichte Mundbewegungen, die sich bis zu Grimassen steigern. Sein Enthusiasmus wird immer wieder von der schmerzenden Kopfhaut gebremst.
    Die drei haben sich in das Thema gefunden und variieren es durch behutsame Rhythmusänderungen und Auf und Abs in der Klangdichte. Am Ende dauert ihr erstes Stück eine dreiviertel Stunde.
    »Ich brauche eine kleine Pause, meine Finger tun schon weh.« Karl schnallt seine Fender ab und lehnt sie an die Box. »Ich hab’ seit dem letzten Mal keine Gitarre in den Händen gehalten, bin gleich wieder zurück. Soll ich euch was mitbringen?«
    »Ein Pils«, bestellt Uli.
    »Mir auch eins«, ruft Walde hinter Karl her, der schon halb aus der Tür ist.
    Uli zeichnet jedes Mal die komplette Session auf Band auf. Zu Hause mixt er in seinem Minitonstudio die ein oder andere Passage neu ab.
    Als Karl zurückkommt, hat er zwei

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